Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
eigenen Leute finden. Und du auch.“
„Vielleicht sind sie schon vor uns angekommen.“
„Glaubst du?“
Lohan schaute hinüber zur weit entfernten Festung, die im Schneetreiben nur undeutlich zu erkennen war. Sie war direkt am Berg errichtet worden und von einer Mauer mit vier Türmen umgeben. Aus der Ferne wirkte sie klein, aber da sie zwei Kilometer weit weg war, wusste er, dass sie riesig sein musste. Vor der Mauer bewegten sich Personen – Wachen oder Soldaten, von denen einige irgendwelche Maschinen aufbauten. Das alles hatte Lohan beim Landeanflug gesehen. Aber vom Boden aus sah es plötzlich viel bedrohlicher, viel echter aus.
„Die Alten“, sagte er.
„Ja.“ Matt nickte.
„Wissen die, dass du hier bist?“
„Keine Ahnung. Vermutlich.“
„Ich finde immer noch, dass es ein Fehler war, herzukommen.“
„Du musst dir keine Gedanken mehr über das machen, was in Serra Morte passiert ist“, sagte Matt. „Das liegt hinter uns und wir brauchen nicht mehr darüber zu reden. Wichtig ist jetzt nur, dass wir angekommen sind und du mich hergebracht hast. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.“
Die beiden sahen sich an und ihr Atem bildete weiße Wölkchen.
„Da kommt jemand“, stellte Lohan fest.
Er hatte recht. Es war etwa ein halbes Dutzend, gekleidet in weiße Parkas, weiße Hosen, Sturmhauben und Schutzbrillen – und sie hatten Gewehre dabei. Ihre weißen Uniformen waren eine gute Tarnung in dieser Schneelandschaft. Sie bauten sich ein paar Meter entfernt auf und umzingelten sie. Die Waffen hingen zwar noch an ihren Schultern, aber sie waren angespannt und wachsam und jederzeit bereit, die Gewehre auf sie zu richten.
„Woher kommt ihr?“, rief einer von ihnen. Da er seinen Gesichtsschutz nicht abgenommen hatte, klang seine Stimme gedämpft. Er sprach Englisch mit amerikanischem Akzent.
„Aus Südamerika“, antwortete Lohan.
„Wieso seid ihr hier?“
„Um gegen die Alten zu kämpfen.“
Der Anführer musterte sie. Was er wohl über sie dachte – ein asiatischer Mann und ein weißer Teenager, die ganz allein mit einem brasilianischen Flugzeug aufgetaucht waren. „Könnt ihr euch ausweisen?“
Lohan starrte ihn verächtlich an. „Welchen Sinn haben Ausweise jetzt noch? Wir sind aus einem brasilianischen Gefangenenlager geflohen. Wir sind hier, um mit euch zu kämpfen. Vielleicht könntet ihr uns ein bisschen freundlicher empfangen.“
Der Mann nickte langsam und deutete dann auf ihr Flugzeug. „Habt ihr irgendwelche Vorräte an Bord? Lebensmittel? Waffen? Wie steht’s mit Treibstoff?“
„Wir haben das Flugzeug gestohlen“, sagte Lohan. „Der Tank ist noch etwa viertel voll, aber sonst war nicht viel an Bord. Wir haben einige Kleidungsstücke gefunden. Und ein paar Kisten Brandy. Das ist alles.“
„Der Treibstoff kommt uns sehr gelegen und den Brandy nehmen wir auch gern.“ Er traf eine Entscheidung. „Mein Name ist Greyson. Willkommen in Oblivion. Ihr müsst mit dem Commander sprechen. Ich bringe euch zu ihm.“
Ein Commander? Matt war nicht sicher, was er davon halten sollte, aber ihm blieb nichts anderes übrig, als der Gruppe zum Lager in der Nähe der Klippe zu folgen. Ihm wurde bewusst, dass er keine Ahnung hatte, wer diese Leute waren. Der Mann, der sich Greyson nannte, konnte ein Gestaltwechsler sein und die anderen wer weiß was. Womöglich waren sie direkt in eine Falle geflogen. Aber er konnte nichts dagegen tun, und wenn sie wirklich in Gefahr gerieten, waren sie zumindest nicht vollkommen hilflos. Lohan hatte seine Pistole und Matt spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten.
Sie gingen etwa fünfzig Meter weit, ließen die Legacy hinter sich zurück und folgten den Spuren, die die Männer im Schnee hinterlassen hatten. Ihre Eskorte steuerte das größte Zelt in der Mitte von etwas an, das fast aussah wie eine behelfsmäßige Stadt. Das Zelt erinnerte Matt an einen Zirkus, denn es war hoch und rund, ein stabiles Ding aus dicker weißer Leinwand, gesichert von rund vierzig straffen Seilen, deren Halterungen ins Eis geschlagen worden waren. Rundherum waren Dutzende kleinerer Zelte und Hütten errichtet worden, und als sie näher kamen, konnte Matt die vielen Gesichter nicht übersehen, die sie aus den Zelten heraus misstrauisch musterten. Auf dem Eis brannten ein paar Feuer und es standen Leute dabei, die Wasser erhitzten oder sich in Blechdosen ihr Essen kochten. Sie trugen die unterschiedlichsten Outfits. Ein paar hatten Pelzhandschuhe und
Weitere Kostenlose Bücher