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Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Titel: Horror Factory 09 - Die Todesuhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert C. Marley
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sagen, dass er kein Opfer der Leberfische geworden ist. Das meinten Sie doch?«
    Poe nickte. »Ich habe ihn gesehen. Er war wahnsinnig vor Angst.«
    »Er starb in Frieden«, beharrte Taylor. »Glauben Sie mir.«
    »Er sah mir wie jemand aus, der große Qualen gelitten hat, ehe er Gelegenheit hatte, seinem Schöpfer gegenüberzutreten«, sagte Poe.
    »Das ließ sich nicht vermeiden. Aber er starb in Frieden. Und er verließ diese Welt aus freien Stücken.« Er sah Poe eindringlich an. »Das müssen Sie mir glauben.«
    »Was meinen Sie damit, er verließ sie aus freien Stücken?«, wollte Poe wissen. »Wollen Sie damit andeuten, er tötete sich selbst?«
    »Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen darüber reden sollte«, wich Taylor ihm aus. »Das ist schwierig zu erklären, wissen Sie?«
    »Ich will es aber wissen.«
    »Wenn wir in London sind, wird Ihnen Mr Night alles erklären.«
    »Das reicht mir nicht.« Poe verschränkte die Arme vor der Brust. Er kam sich vor wie ein Blinder, der sich durch ein Labyrinth voller versteckter Fallen tastete. Der Schrecken konnte hinter jeder Weggabelung lauern. »Ich bin mir nach wie vor nicht sicher, ob ich Ihnen vertrauen kann.«
    »Dessen bin ich mir bewusst«, gab Taylor zu. »Nur bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig. Die Antworten, die Sie suchen, werden Sie erst in London bekommen. Bis dahin müssen Sie einfach hoffen, dass ich Ihnen nichts Böses will.«
    »Sie sagten, Reynolds habe diese Welt aus freien Stücken verlassen«, sagte Poe. »Nahm er denn das Grauen, das ich auf seinen Zügen gelesen habe, als ich ihn in diesem Krankenzimmer besuchte, ebenfalls aus freien Stücken auf sich?«
    Taylor sah ihn eine Weile schweigend und nachdenklich an. Dann sagte er: »Ja, Mr Poe. Ob Sie es nun glauben oder nicht. Er nahm all das freiwillig auf sich.« Er streckte die rechte Hand aus und legte sie Poe auf die Schulter. »Und wissen Sie was? Er tat es für Sie.«
    Poe starrte ihn verblüfft an. »Für mich?«
    »Ganz recht. Er tat es, damit Ihnen genügend Zeit blieb, das Dampfboot zu erreichen und die Reise nach England anzutreten.«
    »Das würde ja bedeuten, er hätte gewusst …«
    »Was in der Zukunft geschehen wird«, beendete Taylor den Satz für ihn. »Und genau das ist auch der Fall. Reynolds nahm all die Strapazen, das Leiden und seinen Tod auf sich, um Sie zu retten. Er litt und nahm die erlösende Kapsel erst im allerletzten Augenblick. Nur damit Sie Amerika sicher verlassen konnten.«
    Der Zug hielt, und ihr Gespräch wurde von den lauten Pfiffen und Rufen des Stationsvorstehers unterbrochen, der verkündete, dass sie London erreicht hatten.
*
    Der Bahnhof war klein und finster.
    Eine gottverlassene Station irgendwo im Londoner Osten. Außer ihnen stieg niemand hier aus. Und Poe hätte es selbst auch am liebsten vermieden. Warum, fragte er sich, konnten sie nicht an einem etwas belebteren Ort den Zug verlassen? Nach allem, was sie auf der Fahrt hierher erlebt hatten, wäre ihm ein großer Bahnhof voller Menschen lieber gewesen. Doch Taylor schien sehr genau zu wissen, was er tat.
    Ein eisiger, feuchter Wind wehte ihnen entgegen, als sie ausstiegen, und Poe schlug den Kragen seines Übermantels hoch. Er fror. In der Ferne hörten sie Hundegebell.
    Die Gegend war gefährlich. Poe konnte die unbestimmte Bedrohung beinahe körperlich spüren. Er hoffte, dass auch Taylor sie wahrnahm.
    »Wohin gehen wir?«, fragte er.
    »Wir machen einen kleinen Umweg«, sagte Taylor. »Sagen Sie, haben Sie Hunger?«
    »Durst habe ich«, sagte Poe.
    »In einer Viertelstunde sind wir da. Dann bekommen Sie einen Tee. Kennen Sie das Old Cheshire Cheese?«
    »Nein. Was ist das?«
    »Ein Pub«, sagte Taylor. »Es wird Ihnen dort gefallen.«
    »Ich vertrage keinen Alkohol.«
    »Ich weiß. Sie bekommen eine Suppe zur Stärkung. Oder einen Tee, wenn Sie wollen.«
    Sie verließen den Bahnhof durch ein kleines schmiedeeisernes Tor und traten auf eine schmale, düstere Gasse hinaus, die ihm wenig anheimelnd vorkam.
    »Ich habe kein gutes Gefühl«, sagte Poe, als sie nebeneinander den finsteren Weg hinuntergingen.
    »Das wird sich gleich geben.«
    Worte, die nicht dazu angetan waren, Poe zu beruhigen. »Das Gleiche haben Sie mir vor der Zugfahrt ebenfalls versichert. Und sie endete mit einem toten Schaffner.«
    »Ich weiß«, sagte Taylor. »Ich war nicht darauf vorbereitet. Es kommt nicht wieder vor. Diesmal sind wir sicher.«
    »Wenn Sie es sagen.«
    Taylor klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken.

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