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Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Bewusstsein zu paralysiert, um zu reagieren. Meine gesamte Wahrnehmung war beschränkt auf den mächtigen schwarzen Leib der Kreatur, die dort kauerte, wo sich normalerweise meine Füße hätten befinden müssen.
    »Dane’el!«, vernahm ich die Stimme der Sekundenfrau. »Bitte rede mit mir!«
    Als sie erkannte, dass ich sie wieder wahrnahm, hauchte sie mir einen Kuss auf die Lippen. Ihre Tränen benetzten mein Gesicht, als sie über mich hinwegzog. Ich genoss ihre Haut, als wäre die Berührung unsere letzte.
    »Yavoni«, sagte sie, als wir uns wieder trafen.
    »Yavoni?«
    »Mein Name – glaube ich zumindest. Gefällt er dir?«
    »Er ist wunderschön«, murmelte ich geistesabwesend. Eigenartig, dass sie bisher nichts unternommen hatte, um der offensichtlichen Zuneigung der Sekundenfrau mir gegenüber Einhalt zu gebieten – sofern sie von Beginn an auf der Chronometernabe gesessen hatte. Mit ihren Kieferklauen hätte sie lediglich Yavonis Beine von der Weiserstange schneiden müssen, und der Zeiger wäre in die Tiefe gestürzt.
    »Was ist das für eine Kreatur?«, flüsterte ich, als Yavoni dicht bei mir war, und vollführte mit den Augen eine Bewegung in Richtung Zentrum.
    »Ein Numen« , sagte sie. »Unser Fürsorger.« Es klang nicht wie die Antwort auf ein Übel, das sie mit Grauen ertrug, sondern eher, als spräche sie von etwas sehr Vertrautem, Liebgewonnenem. Im gleichen Tonfall hätte sie auch »ein Grasbüschel«, »ein Brot« oder »meine Katze« antworten können. »Ich kann mich nicht erinnern, dass es sich je bewegt hätte«, erklärte Yavoni. »Es war schon da, als ich …« Sie schien nach einem Wort zu suchen, das ihre Existenz in dieser Welt rechtfertigte. Ich musste auf ihr neuerliches Überrunden warten, ehe sie sich dazu durchgerungen hatte, den Satz zu vollenden. »Ich glaube, ich bin vor vielen Jahren gestorben«, sagte sie tonlos. Mit bebenden Lippen, den Blick starr nach vorne gerichtet, entfernte sie sich wieder. Ich wünschte, meine Arme lösen zu können, um sie festzuhalten.
    »Die Numen bestimmen die Paarungen«, fuhr sie fort, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte. »Sie selektieren und kombinieren die Ademas und balancieren die Harmonien.«
    »Was ist ein Adema? «
    »Unsere Inkarnation in dieser Welt. Ich bin ein Adema , ebenso du und der Stundenzeiger.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Lodewejk hat es mir erzählt, als ich hier angekommen bin. Aber das war vor einer Ewigkeit. Ich habe irgendwann aufgehört, ihm Fragen zu stellen, und mein Schicksal akzeptiert. Mit der Zeit hatte ich alles vergessen – bis ich von dir zu träumen begann. Du warst immer nur sehr kurz aufgetaucht, undeutlich und unendlich weit entfernt. Ich hatte gebetet, dass du näher kommen würdest. Es war, als hätte ich seit einer Ewigkeit zum ersten Mal wieder einen eigenen Gedanken gefasst.«
    »Und dieses Numen …«
    »Es hütet das Rhodeta und hält seine Balance aufrecht. Dabei studiert es unsere Träume und beobachtet unsere absurden Handlungen darin. Ebenso ist es fähig, unsere Gedanken zu lesen und uns seine Gedanken zu übermitteln. Es lässt uns Träume, an die wir uns gerne erinnern, noch einmal erleben – oder bestraft uns mit bösen Träumen.«
    Ich musste unweigerlich an meine Begegnung denken, als ich den Stundengreis überrundet hatte, beschloss jedoch, Yavoni vorläufig nichts davon zu erzählen.
    »Ich glaube, ich beginne die Struktur langsam zu verstehen«, sagte ich. »Dieses Numen ist übrigens eine Fürsorger in – und sie hat in meiner Welt unschuldige Menschen getötet.«
    Yavoni setzte zu einer Antwort an, doch ihr versagte die Stimme. Betroffen schweigend schwebte sie davon. »Für ein Numen hat Leben keinerlei Bedeutung«, bemühte sie sich anschließend um eine Rechtfertigung. »Es ist ein Seelenwächter und beschützt sein Rhodeta . Alles andere ist diesem Bestreben untergeordnet – selbst das Leben und die …« Sie stockte und sah mich für einen Moment verwirrt an, dann fragte sie: »Wie kommt ein Numen in deine Welt?«
    Ich erzählte ihr vom Epitaph und der Brücke, die Naumann in die Naraya- Dimension zu schlagen hoffte.
    »Du bist – noch am Leben? «
    Yavoni starrte mich wahrhaft entsetzt an, dann sagte sie lange Zeit nichts mehr. Wortlos zog sie Mal um Mal über mich hinweg, wobei sie vermied, dass unsere Blicke sich kreuzten. Hatte sie tatsächlich geglaubt – oder gar gehofft –, ich wäre tot und ebenfalls nur eine verlorene, vom Numen aus der

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