Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
gesamten Menschheit beinhaltet. Das Meer der Weisheit, um bei bildhaften Vergleichen zu bleiben. Betrachte Naraya als eine Art externen Cloud-Server, auf den zwar jahrzehntausendelang Daten geladen wurden, wir aber keinen Zugriff haben, weil wir weder Administratorrechte besitzen noch das Passwort kennen. Dabei sind es verdammt noch mal unsere ureigenen Informationen , die dort drüben verstauben! Jeder von uns bezahlt für ihre Übermittlung letztlich mit seinem Leben. Und während die Datenbank unaufhörlich wächst, erhalten wir nur einen zeitlosen überirdischen Arschtritt.
    Du willst wissen, was wir hier machen, Daniel? Wir legen eine Pipeline zu Gottes Nirvana-Server und holen uns unseren rechtmäßigen Besitz zurück! Wir sind Pioniere, Forschungsreisende, Schatzsucher, Wohltäter wider die Angst. Letztere trieb Priester wie Pöbel zu schaurigen Höllenmythen. Die Angst vor den sieben Plagen prägt die degenerierte Welt über uns. Niemand will dem Siechtum verfallen, in den Krieg ziehen oder Hunger leiden müssen, und jeder würde am liebsten ewig leben. Und siehe, ich werde Weisheit über sie bringen und die Krücken ihres Geistes brechen. Wir legen hier das Fundament für die größte Benefizveranstaltung der Menschheit, Daniel!«
    »Sie haben wirklich ein Ei am kreisen«, kommentierte ich seinen Monolog. »Das ist eine Hybris in Reinform.«
    »Was ist so verwerflich daran, auf die Weisheit und den Erfahrungsschatz früherer Hochkulturen zurückzugreifen? All das Wissen, das im Laufe von Jahrtausenden verloren ging, vernichtet oder in seiner Erlangung unterdrückt wurde. Wo wären wir heute, wenn es das finstere Mittelalter nicht gegeben hätte, den Dreißigjährigen Krieg, den Brand der Bibliothek von Alexandria oder den Ketzerwahn und Wissenschaftshass der römischen Kirche?«
    Er hielt seiner Assistentin das Antiseptikum hin. Diese wich erschrocken zurück und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Obwohl ich an den Sessel fixiert war, hatte sie Angst, mich zu berühren. Naumann verdrehte enerviert die Augen und murmelte etwas Unverständliches. »Mach keine Dummheiten«, warnte er mich, als er die Schelle an meinem linken Handgelenk öffnete, und reichte mir die Tube mit der Salbe. 
    Ich erschrak, als ich die Verletzung zum ersten Mal ertastete. Es handelte sich nicht nur um eine, sondern um zwei Schwellungen, beide fast so groß wie Kastanien. Während ich die Salbe auftrug, inspizierte Naumann das Innere des Radoms.
    »Nichts«, lautete seine Diagnose. »Nicht mal ein Mückenschiss. Die Resonanzkuppel ist absolut sauber.« Er setzte sich zurück auf seinen Stuhl und rollte so nah an mich heran, wie es ohne Hautkontakt möglich war. »Lass uns Geschichte schreiben, Daniel. Irgendwo dort drüben schlafen Götter!«
    »Woher wollen Sie wissen, dass sie schlafen?«
    Naumanns Mundwinkel zuckten. »Ich gebe dir eine weitere Stunde. Danach werde ich dein Herz in die Waagschale legen und gegen die Feder der Maat aufwiegen.«
*
    Die Düsternis der Naraya- Dimension war trübem, bromfarbenem Zwielicht gewichen. Ich vermochte nun eine kilometertief unter mir liegende Ebene zu überschauen, die sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schien. Ob es tatsächlich der Erdboden war oder nur die Oberfläche einer dichten Nebeldecke, war nicht zu erkennen. Als ich die Augen zusammenkniff und zum gegenüberliegenden Turm blickte, sah ich auch, woraus diese gigantischen Bauwerke errichtet waren: Sie bestanden aus Knochen.
    Jeder der Türme wurde von mindestens einem Rhodeta geschmückt. Es mussten Hunderte sein, die sich um mich herum in den Himmel reckten, Tausende. Jedes der Chronometer besaß drei zu Zeigern verzerrte menschliche Körper, und in ihrer Mitte … Mein Herz übersprang einen Schlag, als ich genauer hinsah. Entsetzt versuchte ich den Oberkörper aufzurichten, doch ein stechender Schmerz erstickte den Versuch im Keim. Also verdrehte ich nur die Augen, schielte in Richtung meiner Füße – und erblickte zum ersten Mal das Zentrum. Es mochte vielleicht vierzig Meter entfernt liegen und sah von meinem Blickwinkel aus wie ein Podest aus schwarzem Glas. Das Gebilde bestand aus drei übereinandergelagerten Segmenten, in die jeweils ein Zeiger mündete – und in der Mitte des Konus thronte sie!
    Mit ihren Beinen hielt sie die Weiserstange umfasst und blickte in meine Richtung. Als die Sekundenfrau über mich hinwegglitt, vernahm ich ihre Stimme und spürte ihre Wärme, doch war ich durch das neue

Weitere Kostenlose Bücher