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Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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zu fühlen, dass mir die Situation äußerst unangenehm war, und hüllte sich einige Umläufe lang taktvoll in Schweigen.
    In dem Moment, in dem ich mittig über dem Stundengreis hing, erstarrte das Uhrwerk. Aus Lodewejks Körper wuchsen zehn schwarze Klauen, die wie eine Venusfliegenfalle zuschnappten. Sie bohrten sich in meine Oberschenkel, in meine Leisten, zwischen meine Rippen und in meine Schultern. Die Schmerzen waren unerträglich, aber ich wagte es nicht, laut aufzuschreien. Zu groß waren der Schock und das Entsetzen über die Metamorphose des Stundenzeigers.
    »Jene, die sich Khmer nannten, ehrten und verehrten uns« , raunte mir eine tiefe Flüsterstimme ins Ohr. »Jene, die sich Un San Giga nannten, ehrten und verehrten uns. Jene, die sich Akan , Denkira und Gomoa nannten, ehrten und verehrten uns. Es gab eine Zeit, in der Deinesgleichen wusste, woher es kam und wohin es zu gehen hatte. In der Deinesgleichen wusste, was Recht war und was Gesetz!«
    »Was bist du?«, presste ich mit schmerzerstickter Stimme hervor. »Warum tust du uns das an?«
    »Einst war ich, was du bist« , antwortete die Kreatur unter mir. »Einst wirst du sein, was ich bin. Bis dahin vergehen Augenblicke für mich und Äonen für dich. Mich erfüllt alles, was du je gedacht hast, und ich werde Zeuge sein von allem, was du je denken wirst – von Kontinuum zu Kontinuum.« Sie riss ihre Dornenbeine aus meinem Fleisch, die langsam zurück in den Körper des Stundenzeigers schlüpften. Augenblicke später begann das Uhrwerk sich wieder zu bewegen. Die Sekundenfrau lächelte mich an, während Lodewejk an meinem Hinterkopf schnüffelte und mir eine Kindermelodie ins Ohr summte. Es schien, als hätten die beiden überhaupt nichts davon mitbekommen, was Augenblicke zuvor geschehen war. Schließlich überstrahlte ein Lichtblitz ihre meterlangen Gesichter und ließ die Rhodeta -Welt verblassen.
*
    Ich fand mich wieder in den Tiefen des Doms, eingehüllt in stinkende Zigarrenschwaden, und benötigte einen Moment, um mich zu reorientieren.
    »Willkommen im Paradies«, begrüßte mich Naumann. »Das sah nach einem verheißungsvollen Trip aus.« Er wandte sich um, zog eine Schlange Endlospapier aus dem Drucker und hielt mir die Enzephalogramme vors Gesicht. »Deine Neuroamplituden haben fast die Skala gesprengt!«
    Ich nickte, ohne ihn wirklich zu verstehen. Alles um mich herum verformte sich, war in wellenartiger Bewegung, wobei Naumanns Mund den Mittelpunkt dieses Wirbels bildete. »Hätte ich die Sitzung nicht unterbrochen, hätte es womöglich deine Synapsen gekocht.« Er warf die Ausdrucke beiseite. »Womit bist du dort drüben in Kontakt gekommen? Mit einem Ākāsa-Deva? « Sein Blick klebte an meinen Lippen.
    »Dort drüben gibt es keine Ākāsas « , murmelte ich müde. »Und auch keine Asurās , nur Dunst und Knochen und wirre Zeiger von Uhren …«
    Naumann schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht »Reiß dich zusammen!«, fuhr er mich an. »Das Interface frisst stündlich den Tagesenergiebedarf einer Tausend-Seelen-Gemeinde, und jeder Misserfolg macht unsere Investoren nervöser. Wir haben keinen Dekadenvorrat an Goldeseln und eierlegenden Wollmilchsäuen in den Zellen sitzen.« Dann trat er zurück und putzte sich die Hand an seinem Kittel ab. »Hat … sie das gesehen?«
    Ich starrte auf seine neue Assistentin, dann ließ ich meinen Blick schweifen. Zu meiner Verwunderung konnte ich sie nicht in der Nähe entdecken. Erst nach kurzer Suche erspähte ich ihren Leib schließlich im Hallenzenit. Lediglich ihre vier Vorderbeine und ihr Kopf ragten – verborgen zwischen Absorberkeilen – aus der Gewölbedecke; reglos, geduldig, lauernd. Es war eigenartig, denn so weit hatte sie sich schon lange nicht mehr entfernt.
    »Keine Sorge, Naumann«, flüsterte ich. »Sie sind kein Weibchen.«
    Der Direktor folgte meinem Blick. »Ist sie dort oben?«
    Das Jucken an meiner Schläfe machte mich halb wahnsinnig. Ich wand mich im Sessel, zerrte an den Manschetten und begann meinen Kopf schließlich an den Sitzpolstern zu reiben.
    »Wie ist das denn passiert?«, wunderte sich Naumann, als er die betroffene Stelle sah. »Sieht aus wie ein Insektenstich.« Er wollte sie berühren, besann sich jedoch eines Besseren und ließ die Hand wieder sinken. »Vielleicht der Biss einer Nephila oder Gasteracantha« , murmelte er mit einem Blick ins Radom. »Hol ein Antiseptikum«, wies er seine Assistentin an. »Und Eisgel«, rief er ihr nach.
    »Wollen Sie mir

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