Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
seinen Augen. Seine Genugtuung, mich zurück in Gewahrsam zu wissen, war fast greifbar. ›Du kleiner Blödmann‹, verhöhnte er mich mit Blicken. ›Da haben wir dich wieder!‹
    Ich hatte gehofft, ihnen davonlaufen zu können – Liju, Naumann, seinen Schergen, doch vor allem ihr , die sich als lauernder Schatten zwischen den Welten verbarg. Ihrer Omnipräsenz und Widernatürlichkeit. Mit nicht mehr als der Kleidung, die ich am Leib trug, war ich vor dem Phantom geflohen, das Naumann aus der Naraya -Sphäre gelockt hatte; einer Entität, vor der mich die Mauern, Sperrschlösser und vergitterten Fenster des Instituts nicht zu schützen vermochten. Ich blickte empor zur Zellendecke. So gut ich mich versteckt hatte, so schnell ich auch gerannt war, es hatte nichts genutzt. Der Schatten ließ sich nicht abschütteln. Nirgendwo. Niemals.
*
    Offiziell besaß die Einrichtung den Status einer Sucht- und Entzugsklinik. Inoffiziell war es ein staatliches Sanatorium – oder besser gesagt: eine Umerziehungsanstalt. Unter der medien- und postkartentauglichen Scheinidylle aus gepflegter Parkanlage und Kolonialstil-Lofts, in die sich vorwiegend Besserbetuchte oder die Gewinner von Antidrogen-Wettbewerben und Entzugs-Realityshows einquartieren ließen, lag eine Schattenwelt, von der niemand etwas sah und aus der nie ein Ton nach oben drang.
    Mit dem subterranen Trakt des Instituts arbeiteten weitaus weniger Behörden zusammen als mit dem oberirdischen Vorzeigekomplex. In dieser hermetisch abgeriegelten Schattenwelt landeten Patienten, für deren Einlieferung Polizeibehörden und zwielichtige Ordnungsämter verantwortlich waren. Hochkriminelle und Individuen, an denen Exempel statuiert werden sollten, doch ebenso politische Querulanten, unbelehrbare Protestler und lästige Anwälte, Oppositionelle oder Medienvertreter.
    Dass unter dem Sanatorium noch sechs weitere Etagen mit Forschungsräumlichkeiten existierten, war nur einer Handvoll Militärs bekannt – und jenen verlorenen Seelen, die als Laborratten herhalten mussten. Seelen wie mir. Die Belegschaft nannte es das Purgatorium. Wahrscheinlich hatte Naumann oder einer seiner Vorgänger diesen Namen eingeführt, denn weder Buddhismus noch Hinduismus lehrten von einem solchen Ort.
    Aber es gab noch ein Darunter, eine dritte subterrane Ebene, die nur zwei Zugänge besaß: Einen Zwillingsfahrstuhl, der zwischen ihr und dem Purgatorium verkehrte, und einen fast einen Kilometer langen befahrbaren Stollen, der zum südlichen Rand des Plateaus führte. In ihn mündeten zahlreiche Schächte, durch die man über Felsleitern hinaufgelangte in ein Labyrinth aus jahrhundertealten, kaum mehr als mannsbreiten, stickigen Tunneln und Stollen, die den gesamten Bergrücken durchzogen.
    Rastlos war ich mit dem steten Luftzug gewandert, immer weiter nach oben, Stockwerk für Stockwerk, ohne zu wissen, in welche Himmelsrichtung ich mich bewegte. Das Tunnellabyrinth war nicht angelegt worden, um sich im Berg zu verirren, sondern um es den Khmer-Königen und Priestern zu ermöglichen, sich zu Zeiten der Siam-Okkupation ungesehen von Tempel zu Tempel zu bewegen oder vor Feinden fliehen zu können. Unter jedem Prasat führte ein sternförmiges Tunnelsystem in ein halbes Dutzend verschiedener Richtungen wie die Speichen eines Spinnennetzes. Einer der Stollen, dem ich gefolgt war, hatte zu einer mehrere Kilometer nordwestlich des Instituts gelegenen Turmruine geführt.
    Tagelang wanderte ich daraufhin durch den Wald, schlich über Wanderpfade und im Schutz der Nacht auch entlang der unbefestigten Straßen und verkroch mich bereits im Dickicht, wenn nur ein Rucksacktourist, ein Bauer mit seinen Ochsen oder ein Mönch auf seinem staubigen Moped meinen Weg kreuzte. Oft lag ich stundenlang reglos und zitternd zwischen Spinnen und Schlangen, sobald verdächtige Fahrzeuge auftauchten oder Helikopter über mir zu kreisen begannen. Während ich sie beobachtete, erspähte ich nicht selten ihren Körper zwischen den Baumkronen; still wachend und unheilvoll.
    Zum Vorteil gereichte mir, dass Naumann keine ausgedehnte Menschenjagd mit Hundestaffeln, Geländewagen oder Helikoptern anordnen konnte, da die gesamte Region touristisch erschlossen war und es in Angkor und den angrenzenden Nationalparks von Reisegruppen und Rucksacktouristen nur so wimmelte.
    Ungesehen gelangte ich vom Plateau hinab ins dreißig Kilometer entfernte Siem Reap und schlug mich von dort aus Richtung Nordwesten durch bis Sisophon, eine

Weitere Kostenlose Bücher