Horror-Horoskop
nur einer, der Mensch dagegen ist ein Winzling.«
»Das ist deine Überzeugung?«
»Ja.«
»Weshalb hast du dann diese Forschungen betrieben und dich mit Nostradamus und dessen Horror-Horoskop, wie du es nennst, beschäftigt. Weshalb?«
»Die Antwort ist einfach. Weil ich wissen wollte, weshalb seine Voraussagen nicht eingetroffen sind. Mehr war es nicht.«
Caroline strich ihre Haare zurück. »Und das ging so tief?«
»Sicher. Ich rüttelte an den Grenzen einer Magie oder denen eines Reiches, das den Menschen verschlossen bleiben soll. Den Weg hat mir mein Kollege und Freund Chandler gezeigt, und er warnte mich gleichzeitig. Nun, ich habe diese Warnungen zwar gehört, aber ignoriert. Ich fühlte mich erhaben und begann mit meinen Grabungen.«
»Hast du auch gefunden, wonach du suchtest?«
»Leider!«
»Das sagst du so?«
»Im nachhinein ja. Du bist die einzige bisher, die davon erfuhr. Ich wusste, wo Nostradamus gelebt hat. Ich bin die Stationen seines Lebens durchgegangen. Bevor dieser Mann an den Hof der Katharina von Medici ging, hat er etwas Unwahrscheinliches geleistet. Er stellte ein Horoskop-Bild zusammen, das es noch geben muss. In zahlreichen Schriften fand ich Hinweise darauf und entdeckte es, nachdem meine drei Mitarbeiter und ich über ein Jahr lang intensiv danach gesucht hatten. Leider missachtete ich die Warnung. Dieses Horoskop durfte keinem Menschen in die Hände fallen. Wir setzten uns darüber hinweg und müssen nun die Zeche bezahlen. Es tut mir leid für dich, Caroline, dass du gerade an einem solchen Tag wie heute zu deinem alten Vater zurückgekehrt bist.«
Die junge Frau hob die Schultern. »Ich sehe das anders, Vater. Vielleicht bin ich gerade deshalb gekommen. Chandler hatte mich ja zum Teil eingeweiht.«
»Dennoch würde ich dir raten, mich wieder zu verlassen.«
»Und dich allein lassen, Vater?« Caroline begann zu lachen. »Nein, das werde ich nicht. Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es folgendes. Man soll den Schwierigkeiten nicht aus dem Wege gehen, sondern sich ihnen stellen. Das habe ich in meinem Leben bisher immer so gehalten, und davon werde ich auch nicht abgehen.«
»Du kannst diese hier nicht mit deinem bisherigen Leben vergleichen, Caroline.«
»Ich will aber eine neue Herausforderung. Ich sehe nicht ein, dass wir, die modern denkenden Menschen, vor Dingen kuschen sollen, die lange zurückliegen.«
»Sei nicht so arrogant. Schon oft genug wurden die Erkenntnisse des Mittelalters unterschätzt. Nostradamus wusste genau, was er tat. Er war ein Suchender und wurde zu einem Wissenden.«
»Der du auch gerne sein willst.«
»Ja, Tochter. Ich gehöre ebenfalls zu dieser Sorte Mensch, wie auch Chandler in Österreich, und wir beide haben in gewisser Hinsicht auch Fortschritte gemacht.«
»Aus dem gleichen Holz bin ich ebenfalls geschnitzt.« Die Frau nahm in einem zweiten Sessel Platz und schlug die Beine übereinander. »Was ich gern von dir wissen möchte, Vater, ist folgendes. Du hast dich mit Nostradamus beschäftigt. Was war er eigentlich für ein Mensch?«
»Willst du das erfahren?«
»Ja.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Es würde viel zu lange dauern, dir alles zu erklären. Auch liegt vieles noch im dunklen. Es gibt verschiedene Bücher über diesen Mann, ein jeder schreibt anders. Da wird viel interpretiert, aber einige Tatsachen sind bekannt.«
»Die möchte ich wissen!«
»Gut, wie du willst. Nostradamus ist nicht der richtige Name des Mannes. Er wurde 1503 als Michel de Notre-Dame geboren, war Jude und ist zum Katholizismus übergetreten. Er war Mediziner, hat große Erfolge im Kampf gegen die Pest errungen, sagt man wenigstens. Aber auch die Zauberei beherrschte er, und er beschäftigte sich ebenfalls mit der Zukunftsdeutung. Er sagte viele Katastrophen voraus und hielt dies alles in einem Buch mit dem Titel ›Les Centuries‹ fest. Als dieses Werk erschien, war Katharina von Medici so begeistert von ihm, dass sie ihn an ihren Hof rief. Das Buch ist in zahlreichen Auflagen erschienen und hat in der Zeit sehr viele Deutungen erfahren. Angeblich sollen seine Voraussagen bis ins Jahr 3797 reichen.«
»Und wann starb der Mann?« fragte Caroline.
»Das war 1566.«
Sie lächelte. »Wie stehst du denn seinen Prophezeiungen gegenüber, Vater?«
»Positiv und trotzdem skeptisch.«
»Das heißt, du glaubst daran?«
»Jetzt ja.«
»Wieso erst jetzt?«
Er lächelte. »Du bist es gewohnt, nachzufragen. Ich will dir eine Antwort geben. Durch das
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