Horror-Trip im Luxusauto
sein Tagewerk sitzend hinterm Schreibtisch verrichtete und nicht
als Holzfäller oder radelnder Postbote. Das etwas fleischige Gesicht war
glattrasiert und ausgeprägt mit einer breiten Stirn und energischen Linien.
Dazu graue Augen und ein modisch kurzer Haarschnitt.
Was Max heute von seinem sonstigen Bild
unterschied, war zunächst mal die Gesichtsfarbe: graupengrau. Da hatte Katrin
recht. Außerdem waren die Augen tief eingesunken, und die dunklen Schatten
darunter reichten fast bis zum Mundwinkel. Max schwitzte. Daß er mit offenem
Mund atmete, war nicht gesund.
„Gaby, du wirst immer hübscher“, meinte
er, um sich von seiner netten Seite zu zeigen. „Ihr andern natürlich auch.“
„Aber ich bin der schönste“, grinste
Klößchen.
Dann ging’s los, ohne weitere Vorreden.
Max legte sein helles Jackett in den Kofferraum, der völlig leer war und
deshalb das Gepäck der TKKG-Bande mühelos aufnehmen konnte. Tim beanspruchte
den Beifahrersitz, seine Freunde plazierten sich im Fond.
Katrin rief: „Viel Spaß! Schöne Ferien!
Gutes Wetter! Erholung!“
Der Rolls schnurrte kaum hörbar. Die
Klimaanlage kühlte. Alles funktionierte elektrisch. Max war, Gott sei Dank,
Nichtraucher.
Als sie aus der Einfahrt rollten,
blickte Tim die Straße entlang — in beide Richtungen.
Es war eine Ahnung. War der graue Ford
wieder da mit dem üblen Typ am Steuer? Nein. Weit und breit nicht zu sehen.
Vielleicht hatte Jansen den Typ schon erreicht und klare Verhältnisse
geschaffen.
„Wir fahren erst mal bei Therne
vorbei“, sagte Max. „Ich meine: bei ihm zu Hause. Im Krankenhaus besuchen —
dazu bleibt jetzt keine Zeit. Außerdem darf noch niemand zu ihm, wie ich vorhin
per Anruf erfuhr. Er liegt auf der Intensivstation, aber es geht aufwärts mit
ihm. Er hat die Operation gut überstanden, der arme Kerl. Ist ja wirklich
ungeheuerlich, diese Sache mit dem angesägten Auto.“
Angefeilten Schrauben, dachte Tim.
Naja, er ist müde.
„Sie wollen das Gepäck abholen?“ fragte
Tim.
„So ist es. Meinen Koffer. Und die
Kiste mit den... äh... Geschäftspapieren.“
„Sie müssen arbeiten im Urlaub?“
„Wie das so ist: dieses und jenes
aufarbeiten.“
„Uns“, meinte Klößchen, „geht das
bisweilen auch so in den Ferien. Was man im Unterricht verpennt hat, muß dann
nachgelernt werden. Sonst werden die Lücken immer breiter. Eines Tages
beherrscht man die hohe Mathematik, kann aber das kleine Einmaleins nicht.“
„Deswegen“, lachte Tim, „schleppt Willi
acht Schulbücher mit. Wenigstens vier Stunden täglich will er lernen.“
„Verleumdung!“ rief sein dicker Freund.
„Diesmal habe ich nichts nachzuholen.“
Sie erreichten eine stille, saubere
Straße. Max hielt vor Nr. 49, einem dreistöckigen Haus.
Tim und Karl begleiteten den
Industriellen zur Tür. Eine kleine, ältliche Dame öffnete ihnen. Sie kannte
Wertheym und führte die drei in Thernes Wohnung, wo ein Lederkoffer und eine
Metallkiste standen.
Die Jungs faßten an, und beide
Behältnisse wurden auch noch im Kofferraum verstaut.
Max schloß ihn ab und überzeugte sich,
daß er auch wirklich versperrt war.
Als Tim wieder einstieg, fuhr ein
Motorrad-Vermummter an ihnen vorbei: schwere Maschine, dunkler Lederanzug,
weißer Helm. Das Visier war geschlossen, aber der Mann blickte zum Rolls. Das
Krad hatte mächtige Packtaschen und Stauraumkästen.
Auf der Fahrt durch die Stadt zur
Autobahn stellte Tim fest: Max sah nicht nur abgeschlafft aus. Er war’s auch.
Einmal fuhr er bei Rot über die Ampel. Zum Glück war niemand in der Nähe, und
die Ampel hatte keine Blitzlichtanlage. Vor der Autobahnauffahrt schnitt Max
einem Kombi die Vorfahrt. Wütendes Hupen gellte ihnen nach. Sicherlich
schimpfte der Kombifahrer über den arroganten Kerl im dicken Wagen.
Kann ja heiter werden, dachte Tim. Wie
verhindern wir, daß Max einschläft?
Dann waren sie auf der Autobahn, und
der Rolls fuhr gen Süden.
Erstaunlicherweise herrschte wenig
Verkehr. Logo! Die meisten waren am Samstag losgefahren und gestern. Jetzt
hinkten nur noch die Nachzügler hinterher.
Tim beobachtete Max. Der stierte
geradeaus, fuhr aber manierlich und hielt sich an schlappe 120 km/h.
Die Sonne brannte. Gaby schälte Orangen
und verteilte die Schiffchen. Max bekam die meisten.
Tim sah ab und zu in den rechten
Außenspiegel. Der war so eingestellt, daß er den gesamten Hintergrund einfing.
Dort auf der fast leeren Autobahn brummelte ein Kradfahrer vor sich hin:
schwere,
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