Hosen runter: Roman (German Edition)
stammelte Hermann.
Eine Göttin mit dunklen langen Haaren in einer azurblauen Corsage schwebte einen Meter an uns vorüber. Wir hatten gerade tief Luft geholt, da folgte bereits ein asiatisches Model, das ein Set aus Push-up und String in leuchtendem Pink trug, das auf ihrer braunen Haut perfekt zur Geltung kam. Ich klatschte wie viele andere Gäste beeindruckt über dieses Ensemble.
»Ich hab einen Ständer«, sagte mir Hermann ins Ohr.
Damit erfüllten die Dessous wohl exakt, was man von ihnen erwartete. Der Designer hatte seine Aufgabe bravourös gemeistert, und auch mir wurde warm. Doch trotz der akuten Hitzewallung fiel mir erneut Nathalie ein. Am liebsten würde ich jetzt mit ihr hier sitzen und Händchen halten.
Ich kannte solche Stimmungsschwankungen von mir nicht, schon gar nicht, wenn sexy Mädchen in Unterwäsche vor mir auf und ab liefen. Ich fuhr mir mit den Händen übers Gesicht. »Ich will Nathalie zurückhaben«, rutschte mir etwas zu laut raus.
Von hinten beugte sich eine elegante Dame mit Hut zu mir nach vorn und bat mich ganz unfein, meine Klappe zu halten.
Hermann grinste zufrieden.
Bin auf einer Fashion-Show. Überall Models in Netzstrümpfen,und trotzdem kann ich nicht aufhören, an dich zu denken. Tom, schickte ich Nathalie als SMS .
Die nächste Viertelstunde kontrollierte ich mein Smartphone im Dreißig-Sekunden-Takt auf eine Antwort von ihr.
»Was glotzt du denn dauernd auf dein Handy?«, fragte Hermann.
Endlich gab mein Telefon einen Ton von sich. Ich starrte sofort aufs Display und sah, dass ich eine Nachricht von Nathalie erhalten hatte.
Du setzt mich unter Druck, stand da einfach.
Ich schrieb augenblicklich zurück. Frau Gassner, Ihre Diagnose ist nicht eindeutig. Was mache ich denn nun falsch? Habe ich Bindungsangst oder setze ich Frauen unter Druck? «
Da ich weiter zwanghaft auf mein Handy sah, verpasste ich das große Finale der Show. Alle Models traten gemeinsam auf und wurden von einem donnernden Applaus empfangen. Auch der Designer verneigte sich kurz vor dem Publikum, wie mir Hermann anschließend im Foyer erzählte.
Nathalie hatte seit zwanzig Minuten nicht geantwortet, also war ich diesmal derjenige, der sich an der Sektbar gleich zwei Gläser griff. Frustriert zog ich ungefähr dreiundsiebzig todsichere Strategien, um Nathalie wiederzukriegen, in Erwägung, um sie alle sofort wieder zu verwerfen.
Hermann kannte mich lange genug, um den Grad meiner Verzweiflung zu erkennen. Er zog nur die Augenbrauenhoch. »Du hättest wirklich besser die Fresse gehalten«, erklärte er mir zum x-ten Mal.
Er hatte natürlich recht, und das machte es nicht einfacher.
Ich sah mir die letzte SMS von Nathalie erneut an. Vielleicht wollte sie damit auch nur vermeiden, dass ich ihr die Hosen runterzog? Dass sie mal Farbe bekennen musste? Warum eigentlich gab ich nach, wenn ich doch den Druck auf sie weiter erhöhen konnte?
Ich begann auf meinem Daumen herumzukauen, bis mir einfiel, dass ich mich auf einer Branchenveranstaltung befand. Ich blickte mich um, aber bis auf Hermann war mein merkwürdiges Verhalten bisher niemandem aufgefallen.
»Na, wie sieht denn dein Schlachtplan diesmal aus?«, erkundigte er sich nach meinem nächsten Himmelfahrtskommando.
»Ich werde den Spieß umdrehen«, verkündete ich im sicheren Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. »Ich werde sie bei der nächsten Sitzung vor den anderen mit ihrer Bindungsangst konfrontieren.«
KAPITEL 19
Doch ich war nicht der Typ, der sich in Gefühlsangelegenheiten gedulden konnte, und so erschienen mir die drei Tage bis zur nächsten Therapiestunde endlos lang. Zumal ich der Frau, die ich liebte, eigentlich mit heißem Herzen gegenübertreten und ohne Rücksicht auf Verluste auf den Putz hauen wollte. Außerdem ich hatte meinen Plan noch einmal in Ruhe überdacht und mich entschieden, dass es vermutlich besser wäre, sie nicht vor dem Makler und dem Bankkaufmann bloßzustellen, sondern alles unter vier Augen mit ihr zu besprechen. Wenn sie sich von mir tatsächlich schon durch eine SMS unter Druck gesetzt fühlte, wäre dies wohl die klügere Variante. Allerdings war mein Laden ausgerechnet jetzt so gut besucht, dass ich frühestens in meiner Mittagspause zu ihr in die Praxis rasen konnte.
»Bei uns ist meine Frau diejenige, die Geschmack hat«, erklärte mir ein verunsicherter Ehemann, während seine Gattin bergeweise Dessous anprobierte. »Ich bin mit so was überfragt.«
Er war einer von diesen
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