Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crais Robert
Vom Netzwerk:
noch wie eine Landschildkröte daliegen und auf das Auto warten können, das ihn platt fahren würde.
    Mars hatte ihm die Hand auf die Brust gelegt. Dann hatte Thomas seinen Atem am Ohr gespürt. Warm und feucht. Dann ein Flüstern:
    »Ich werde dein Herz essen.«
    Eine Hitzewelle war ihm durch die Eingeweide gefahren, und er hatte gespürt, wie es unter ihm immer heißer und feuchter wurde – er hatte sich in die Hose gemacht.
    Dann war Mars in den Flur gegangen, hatte das Licht ausgeschaltet und die Tür hinter sich geschlossen. Und Thomas lag nun wartend da und zählte langsam bis hundert. Dann begann er, sich aus den Fesseln herauszuarbeiten.
    Darin war er gut. Und darin, sich aus dem Haus zu stehlen. Das hatte er in diesem Sommer fast jede Nacht getan. Nachdem seine Eltern ins Bett gegangen waren, hatte er sich immer davongemacht, um sich mit Duane Fergus zu treffen, der in einem großen rosafarbenen Haus am King-John-Platz wohnte. Erst hatten die beiden Eier und nasses Klopapier auf die Autos geworfen, die auf der Flanders Road vorbeikamen. Als das langweilig geworden war, hatten sie sich über die Straße in ein Neubaugebiet geschlichen, wo Teenagerpärchen zwischen halb fertigen Häusern geparkt hatten, um in Ruhe zu fummeln. Duane Fergus – der ein Jahr älter als Thomas war und behauptete, er rasiere sich schon – hatte mal einen Stein gegen einen brandneuen Wagen geworfen, weil (so Duane) der Glückspilz am Steuer gerade einen geblasen bekam. Die beiden Jungen hatten's schwer mit der Angst gekriegt, als der Wagen angelassen wurde und sie mit seinem Scheinwerferkegel erfasste. Sie waren so schnell über die Flanders Road zurückgerannt, dass ein Fünfachser sie beinahe überfahren hätte.
    Thomas hatte die Kunst, sich ungesehen durchs Haus zu bewegen, dadurch perfektioniert, dass er den Blickwinkel einiger Überwachungskameras verändert hatte. Nur ein bisschen, nur einen Tick, damit Mom und Dad nicht wirklich alles sehen konnten. Er wusste, dass es sonst kaum Häuser gab, in denen jedes Zimmer per Video-Überwachung beobachtet wurde. Sein Vater hatte ihm erklärt, sie hätten diese Kameras, weil er die Finanzunterlagen anderer Leute bearbeite und vielleicht jemand auf die Idee käme, diese Papiere und Disketten zu stehlen. Das sei eine große Verantwortung, hatte sein Vater gesagt, und deshalb müssten sie die Unterlagen so gut wie möglich schützen. Er hatte Thomas und Jennifer oft eingeschärft, sich vor verdächtigen Gestalten zu hüten und mit ihren Freunden nie über die Alarmanlage und die Kameraüberwachung zu sprechen. Seine Mutter dagegen sagte oft, ihrer Meinung nach sei der ganze Überwachungszauber Humbug. Da zeige sich eben das Kind im Manne. Duane aber fand die Anlage rattenscharf.
    Das Kabel an Thomas' linkem Handgelenk war locker.
    Als Mars ihm die rechte Hand an den Bettpfosten gefesselt hatte, hatte Thomas sich ein bisschen zur Seite gedreht, gerade genug, dass das linke Gelenk jetzt ein wenig Spiel hatte. Er zerrte noch stärker daran und zog so zwar den Knoten an seiner Hand fester, gewann aber zugleich ein wenig Bewegungsfreiheit, um an den Knoten zu kommen, der ihn an den Pfosten fesselte. Der saß bombenfest. Thomas bearbeitete ihn so intensiv, dass der Schmerz in den Fingerspitzen ihm Tränen in die Augen trieb, und schließlich lockerte sich der Knoten. Thomas machte mit der Kraft der Verzweiflung weiter und hatte dabei panische Angst, dass Mars oder einer der anderen plötzlich die Tür aufstieß, doch dann ging der Knoten auf, und seine linke Hand war frei. Er zog das Isolierband vom Mund ab – das tat schlimmer weh als das Bohren beim Zahnarzt –, knotete die rechte Hand los, dann die Füße. Nun war er frei. Wie Duane gesagt hatte: Wer sehen will, wie einer im Auto einen geblasen bekommt, muss riskieren, dass er zu Klump gefahren wird.
    Thomas blieb auf dem Bett sitzen und lauschte.
    Nichts.
    Ich weiß, wo Daddy eine Waffe hat.
    Thomas war sich seiner Sache sicher. Das machte ihn ruhig. Er wusste genau, was die Kameras filmten und was nicht. Er wäre gern in sein Badezimmer gegangen, um sich zu waschen, aber dort würde ihn eine Kamera beobachten. Also zog er die Hose aus, machte seinen Hintern mit der Unterhose sauber, knüllte sie zusammen und schob sie unters Bett. Dann ließ er sich auf den Boden gleiten und kroch an der Wand entlang unter seinem Schreibtisch durch zum Schrank. Einer der Gangster hatte die Telefonbuchse aus der Wand gerissen. Sie hing noch in der

Weitere Kostenlose Bücher