Hostage - Entführt
los. Sie haben die Fenster zugenagelt, aber wir können durch den Kriechgang nach unten. Wenn wir's bis in die Garage geschafft haben, öffnen wir einfach das Tor und hauen ab.«
»Nein!«
Verbissen bearbeitete Thomas Jennifers Fesseln. Die Kabel waren nicht besonders fest um ihre Handgelenke und Knöchel gebunden, aber die Knoten waren ganz stramm gezogen.
»Thomas, hör auf. Echt! Mach mich nicht los.«
»Bist du bekifft? Wir können es schaffen!«
»Und was wird aus Daddy? Den lass ich nicht im Stich.«
Thomas hockte sich verwirrt auf.
»Aber Jen …«
»Nein, Thomas! Wenn du verschwinden kannst, verschwinde, aber ich lass Daddy nicht im Stich.«
Thomas war so sauer, dass er sie am liebsten geschlagen hätte. Hier saßen sie, eingeschlossen im Dunkeln, mit drei durchgeknallten Killern im Haus, die vermutlich Menschenblut tranken. Einer davon war vollkommen irre und wollte garantiert ihre Herzen verspeisen – und Jennifer weigerte sich abzuhauen! Doch dann merkte Thomas, dass sie Recht hatte: Er konnte Daddy auch nicht im Stich lassen.
»Was machen wir jetzt, Jen?«
Erst antwortete sie nicht.
»Die Polizei anrufen.«
»Die ist doch rundum!«
»Trotzdem. Vielleicht haben die Polizisten eine Idee. Vielleicht nützt es ihnen was, wenn wir ihnen genau beschreiben, was hier los ist.«
Thomas sah zum Schreibtisch rüber und dachte an die gekappte Leitung.
»Sie haben die Telefone kaputtgemacht.«
Jennifer schwieg. Schließlich sagte sie:
»Dann weiß ich auch nicht … Thomas, du solltest abhauen.«
»Nein!«
»Doch, wirklich. Wenn du es bis zu den Polizisten schaffst, kannst du ihnen vielleicht helfen. Du kennst dich doch mit der Alarmanlage und den Kameras aus. Und du weißt, dass Daddy verletzt ist. Dieser Dennis hat die Polizei belogen und gesagt, wir sind alle okay.«
»Komm, ich binde dich los. Wir können uns im Kriechgang verstecken.«
»Nein! Dann fallen sie vielleicht über Daddy her! Hör mal – wenn sie feststellen, dass du nicht in deinem Zimmer bist, sag ich einfach, du wärst getürmt. Wie sollen die ahnen, dass du unterm Dach steckst? Da kommen die nie drauf! Aber wenn wir beide verschwinden, lassen sie ihre Wut an Daddy aus. Vielleicht wird's dann noch schlimmer!«
Thomas dachte nach.
»Einverstanden, Jen.«
»Womit?«
»Wir lassen ihn nicht im Stich. Ich bring uns hier raus.«
Jennifer zerrte so fest an ihren Fesseln, dass sie fast den Stuhl umwarf.
»Du rührst die Pistole nicht an! Die bringen dich um!«
»Nicht, wenn ich die Pistole habe! Damit können wir sie lang genug in Schach halten, um die Polizei ins Haus zu lassen. Mehr müssen wir nicht tun.«
Sie wand sich heftig im Stuhl, um sich nach ihm umzudrehen.
»Thomas – untersteh dich! Das sind Erwachsene! Und Verbrecher! Und bewaffnet sind sie auch!«
»Red nicht so laut, sonst hören sie dich!«
»Ist mir doch egal! Besser, als wenn du umgebracht wirst!«
Thomas langte hoch, klebte ihr das Band wieder auf den Mund und drückte es fest, damit es nicht abging. Jennifer bäumte sich auf und versuchte zu schreien. Thomas fand es scheußlich, sie gefesselt zurückzulassen, aber sie wollte ja nicht einsehen, dass er keine andere Wahl hatte.
»Tut mir Leid, Jen. Ich mach dich los, wenn ich wiederkomme. Dann kriegen wir Daddy hier raus. Wirst schon sehen! Ich lass nicht zu, dass die uns wehtun.«
Jennifer zerrte weiter an ihren Fesseln, während Thomas an der Wand zurückkroch. Am Schrank angekommen, hörte er sie noch immer halblaut unter dem Klebeband brummen. Und zwar stets das Gleiche. Er verstand es, obwohl es undeutlich war:
Die bringen dich um.
Die bringen dich um.
Thomas schlüpfte in den Kriechgang zurück und arbeitete sich vorsichtig durchs Dunkel voran.
Dennis
Im kleinen Bad neben der Garage war es stockduster, als Dennis Mars und Kevin das Fenster zeigte und sagte, sie könnten von hier aus in den nächsten Garten schleichen und sich am Nachbarhaus entlangstehlen, um den Bullen zu entkommen. Mars schien nachdenklich, aber Dennis war sich da in der Dunkelheit nicht sicher.
»Das könnte klappen.«
»Sag ich doch.«
»Aber wer weiß, was die Bullen gerade machen oder wo sie auf der Lauer liegen. Wir müssen sie ablenken.«
»Die beobachten das Haus. Die haben sonst nichts zu tun.«
Kevin sagte: »Das gefällt mir nicht. Geben wir doch auf!«
»Schnauze.«
Mars ging in die Garage und blieb neben dem Range Rover stehen. Dennis fürchtete, er würde wieder vorschlagen, den Jungen
Weitere Kostenlose Bücher