Hostage - Entführt
bar – was hatte er erwartet?
»Scheißkarre!«
Der Wagen wurde langsamer und bockte, als Dennis ihn auf den Seitenstreifen lenkte. Er war noch nicht ausgerollt, da stieß Dennis schon die Tür auf, um wegzurennen. Kevin packte ihn am Arm und hielt ihn zurück.
»Wir können nichts machen, Dennis. Sonst wird alles noch schlimmer.«
»Schnauze!«
Dennis schüttelte die Hand seines Bruders ab und glitt aus dem Wagen. Er blickte die Straße entlang, in beide Richtungen, und rechnete fast damit, dass die Autobahnpolizei auftauchte. Doch es war wenig los. Nur ab und an kam ein Wagen vorbei. Meistens saß eine Frau am Steuer, die ihre Kinder zum Fußballtraining fuhr. Bis zur Autobahn führte die Flanders Road durch eine reiche Wohngegend. Einige Siedlungen waren eingezäunt, und ein Sicherheitsdienst bewachte die Zufahrt. Aber die meisten Wohnanlagen waren unbewacht, nur durch Hecken und Mauern geschützt. Dennis sah auf die Hecken und die Mauern dahinter. Er fragte sich, ob ihnen auf diesem Weg die Flucht gelingen könnte.
Mars schien seine Gedanken zu lesen.
»Klauen wir doch einfach einen Wagen.«
Dennis sah wieder zur Hecke. Hinter der Mauer lag eine noble Wohnanlage voller Autos. Sie konnten in ein Haus eindringen, die Fußballmutti fesseln, um Zeit zu gewinnen – und dann ab durch die Mitte.
So leicht stellte Dennis sich das vor.
»Also los.«
»Bitte nicht, Dennis.«
Der zerrte seinen Bruder aus dem Wagen.
Sie warfen sich durch die Hecke und kletterten die Mauer hoch.
Officer Mike Welch,
Streifenpolizist in Bristo Camino
Officer Mike Welch – 32 Jahre alt, verheiratet, ein Kind – wollte gerade in einem Stehcafé am westlichen Stadtrand von Bristo Camino eine Pause einlegen, als er über Funk die Nachricht erhielt.
»Zentrale für Wagen vier.«
»Hier Wagen vier.«
»Bewaffneter Raubüberfall auf Kim's Minimart in der Flanders Road. Schusswaffengebrauch.«
Welch hielt das für absurd.
»Bitte wiederholen – Schusswaffengebrauch? Soll das ein Witz sein?«
»Täter: Drei weiße Männer um die zwanzig in Jeans und T-Shirts. Laut Augenzeugen sind sie in einem roten Nissan Pick-up auf der Flanders Road Richtung Westen unterwegs. Fahr zum Minimart und kümmere dich um Junior.«
Mike Welch befand sich auf der Flanders Road und kam von Westen. Juniors Tankstelle lag kaum drei Kilometer weiter geradeaus. Er schaltete Signallicht und Sirene ein. Seit drei Jahren fuhr er nun Streife, aber Lichtorgel und Martinshorn hatte er bisher nur benutzt, um Temposünder am Straßenrand zu stoppen.
»Ich bin auf der Flanders Road. Was ist mit Junior?«
»Auf jeden Fall angeschossen. Der Rettungswagen ist unterwegs.«
Welch trat das Gaspedal durch. Er wollte unbedingt vor den Sanitätern beim Minimart sein und war schon an dem roten Pick-up vorbei, der auf der anderen Straßenseite stand, ehe ihm auffiel, dass er der Beschreibung des Fluchtwagens entsprach.
Welch schaltete die Sirene aus und hielt auf dem Seitenstreifen. Er drehte sich um und musterte die Straße. Im Wagen war niemand zu sehen. Auch nicht in der Nähe. Aber da stand er – ein roter Nissan Pick-up. Welch wartete, bis die Straße frei war, wendete, fuhr zurück, hielt hinter dem Fahrzeug und schaltete sein Schulterfunkgerät ein.
»Zentrale, hier Wagen vier. Ich bin auf der Flanders Road, gut zwei Kilometer westlich von Kims Minimart. Hier steht ein roter Nissan Pick-up, Kennzeichen Drei-Martha-Nordpol-Zeppelin-Vier-Zwei-Neun. Sieht aus, als wäre er einfach stehen gelassen worden. Kann jemand anders zu Kim fahren?«
»Geht in Ordnung.«
»Ich überprüf jetzt das Fahrzeug.«
»Drei-Martha-Nordpol-Zeppelin-Vier-Zwei-Neun. Verstanden.«
Welch stieg aus seinem Wagen und legte die rechte Hand auf den Griff seines Revolvers. Er zog ihn nicht, aber er wollte schussbereit sein. Er näherte sich von der Beifahrerseite, spähte unter den Wagen und ging dann nach vorn. Der Motor knackte noch, und die Haube war warm. Verdammt, dachte Welch, das ist er – das ist der Fluchtwagen.
»Zentrale, hier Wagen vier. Fahrzeug überprüft. Es wurde erst vor kurzem stehen gelassen.«
»Verstanden.«
Welch ging zur Fahrertür und sah ins Führerhaus. Zwar war er nicht sicher, dass das der Fluchtwagen war, doch sein Herz pochte heftig vor Aufregung. Bevor Mike Welch bei der Polizei in Bristo angefangen hatte, war er sieben Jahre lang Dachdecker gewesen. Er hatte geglaubt, Polizeiarbeit sei mehr, als Knöllchen zu schreiben und dann und wann einen
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