hot directions (German Edition)
rechts. Es steht ‚Scott‘ an der Tür.«
»Okay. Noch was... machts Dir was aus, wenn ich einen Freund mitbringe?« Ich schreibe Stevie Timos Profil dazu.
»Nö - sollte es?«
»Okay, gib mir ne Viertelstunde, ja?«
»Kein Problem, ich bin zu Hause.«
Als ich auf das Profil vom Grottenolm klicke, lacht mir ein Hundecomic von Ralf König auf dunkelblauem Hintergrund entgegen und der Text »Das Profil von Cursed_Grottenolm24FFM wurde am 28.11.2005 gelöscht« entgegen. Nee, oder? Stevie Rumble muss noch fünf Minuten länger warten. Ich öffne Word, überschreibe das Auskunftsersuchen an Gayroyal mit den aktuellen Daten, drucke es aus und faxe es in der Hoffnung nach Amsterdam, dass ich schon morgen eine Antwort bekomme. Die Antwort kommt allerdings keine dreißig Sekunden später per Message. Scheinbar ist da rund um die Uhr ein Admin online. Der Login erfolgte von einem Internetcafe in der Großen Friedberger Straße. Ich wähle die Nummer des Kollegen Brüller und gebe ihm die Daten durch. Er verspricht, alles weitere zu organisieren und dort eine Hausdurchsuchung zu machen. Auf dem Weg in den Karpfenweg fällt mir ein, dass dieses Internetcafe bereits um Mitternacht schließt. Vermutlich wird der Kollege Pech haben. Ein Zeichen mehr dafür, dass es sich um einen ebenbürtigen Gegner handelt. Es macht Sinn, Stevie Rumble zu beschützen, denn wenn der Killer wirklich alle Verlinkungen von Meyer, Butter, Wild oder gar allen dreien durchgeht, dann stößt man in der Schnittmenge nur auf einen: Stevie Rumble. Also müssen wir auf Stevie Rumble aufpassen - oder noch besser, ihn als Lockvogel benutzen. Timo ist da ganz meiner Meinung, zumal er wohl auch ein Rumble-Fan ist.
Wir parken auf dem Schlammparkplatz am Jachthafen und klingeln bei Scott. Tatsächlich, das ist Stevie Rumble im Original. Und in natura sieht er noch viel besser aus als in seinen Filmen, besonders in diesem roten Seidenkimono, der wirklich nur ein Hauch von Stoff ist. Er bittet uns in seine Wohnung. Die ist groß, edel eingerichtet und einer Pornoikone angemessen. Sämtliche Wände ohne Fenster sind mit rotem Samt abgehängt. Man könnte glauben, dass die Wohnung im Gothic-Style eingerichtet wäre, wenn es Kerzen gäbe. Allerdings sehe ich in der ganzen Wohnung keine einzige Kerze, dafür Lampen aus Salzkristallen und einen
fünfarmigen Holzkerzenleuchter mit elektrischen Glühkerzen darin, die lustig flackern.
»Guten Tag, Herr Rumble... Scott?« frage ich.
»Wenn man nach meinem Ausweis geht, dann Scott«, erwidert er.
»Aber Stevie reicht.«
»Leider müssen wir nach Ihrem Ausweis gehen, Herr Scott«, antworte ich und zeige ihm meinen Dienstausweis.
»Das ist Herr Dr. Götz, Gerichtsmediziner. Dürfte ich bitte kurz Ihren Ausweis sehen?«
»Klar, nehmen Sie Platz. Es dauert einen Augenblick«, sagt Stevie und kramt in den Taschen seines Mantels. Dann hält er mir seinen Personalausweis entgegen. »Steven Scott«, steht darin. Staatsangehörigkeit: deutsch. Die Adresse stimmt, wenn man davon absieht, dass der Perso von der Stadt Offenbach ausgestellt und mit der neuen Anschrift überklebt wurde.
»Wir ermitteln in einer Mordserie am Länderweg, Herr Scott. Ist Ihnen Herr Wolfram Meyer bekannt?« frage ich.
»Sicher kenn ich den.«
»Kennen Sie auch Herrn Sascha Wild?«
»Auch den, ja.«
»Und Herrn Volkmar Butter?«
»Ebenfalls.«
»Herr Meyer wurde vorgestern Nacht ermordet, Herr Butter gestern Nacht, und Herr Wild dürfte mit viel Glück gerade auf dem Weg in die Pathologie sein. Und Sie könnten das nächste Opfer sein, deshalb sind wir hier.«
Ich mustere Stevie Rumble sehr genau, achte auf jede Bewegung und auf seine Augen.
»Nur deshalb?«
»Genau. Und wir würden gerne gemeinsam mit Ihnen herausfinden, wer der Täter sein könnte, und uns dann einen Weg überlegen, wie wir Sie am besten schützen.«
»Mhm...« Stevie scheint zu überlegen. Ansonsten keine Reaktion. Ist der so cool, oder konnte er die drei nicht leiden? Es scheint ihn ja kein Stück zu interessieren, dass gerade drei seiner Bekannten oder Freunde ins Gras gebissen haben... beziehungsweise Wild in einen Baum.
»Macht Ihnen das nichts aus?« nimmt Timo mir das Wort aus dem Mund.
»Sollte es das?« Ich zucke mit den Schultern.
»Also, wenn wir davon ausgehen, dass Sie alle drei als persönlich bekannt verlinkt haben, sollte es das, ja.«
»Ach, das mit den Verlinkungen ist so eine Sache.« Stevie setzt sich und schaut uns an.
»Was zu trinken?«
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