Hot Summer
sondern warf mir einen spöttischen Blick zu.
„Nee, Schwesterchen. Ich würde sagen, du hast mich darin mittlerweile übertroffen.“
„Im Moment geht es um Patricia. Halt mal die Luft an, Claire. Sie sind verheiratet, Pats liebt ihn, und eine Scheidung ist nicht so leicht wie ein Bankkonto aufzulösen.“
„Ich weiß nicht. Ich hatte es mal verdammt schwer, mein Bankkonto aufzulösen.“
„Mary hat recht“, sagte ich, um zurück zum Thema zu kommen. „Pats, ich werde dir helfen, eine gute Beraterin zu finden, wenn du willst.“
Claire hüpfte vom Schreibtisch und stemmte die Hände in die Hüften. „Klar, damit sie gemeinsam an ihren Problemen arbeiten können, die in Wahrheit seine Probleme sind? Damit er heulen und sie anflehen kann, ihm zu verzeihen, ihm eine zweite Chance zu geben, bis er das nächste Mal dem Rufen der Rennbahn folgt und ihr Geld zum Fenster rauswirft? Wie oft muss er sie denn über den Stuhl beugen und sie mit seinen Geschichten in den Arsch ficken, bevor es für sie in Ordnung ist, alle Leinen zu kappen und ihn endlich zu verlassen?“
Die Boshaftigkeit ihrer Worte entzog dem Raum den Sauerstoff und ließ uns alle atemlos zurück. Es war ja nicht so, dass ihre Worte keinen Sinn ergaben. Auch kamen sie nicht unerwartet, nicht von Claire. Aber sie brachten zu viele Erinnerungen zurück, die alles andere als angenehm waren.
„Was weißt du schon darüber?“, flüsterte Patricia mit erstickter Stimme. „Wir sind seit über zehn Jahren verheiratet und haben zwei Kinder. Es ist nicht leicht, einfach so zu gehen, Claire. Man denkt, das müsste es sein, ist es aber nicht. Und solange du nicht in der gleichen Situation steckst, wirst du es auch nicht verstehen.“
„Was kann ich nicht verstehen?“, schoss Claire zurück. „Dass du zulässt, wenn er dein Leben ins Chaos stürzt, weil er ein kleines Problemchen hat?“ Ihre Stimme klang spöttisch.
„Patricia braucht jetzt unsere Unterstützung. Wenn du ihr die nicht geben kannst, solltest du vielleicht besser gehen.“ Ich hätte den gleichen Vortrag wie Claire halten können, denn ich fühlte das Gleiche. Aber es war nicht das, was Patricia jetzt hören musste. Noch nicht.
„Du hast es selbst gesagt, Pats. Du wolltest nie mit einem Mann zusammen sein, der sich nicht kontrollieren kann. Du wolltest es deinen Kindern nicht antun. Und jetzt tust du es ihnen an“, sagte Claire kühl. „Und falls du nicht so enden willst wie Mom, solltest du ihm einen Arschtritt verpassen und dir einen guten Anwalt nehmen.“
Patricia sagte nichts. Sie starrte nur ins Leere. Mary und ich schauten einander an. Ich konnte nicht für eine meiner Schwestern Partei ergreifen, denn ich verstand sie beide. Und ich mochte Sean. Aber jemanden mögen und die Art, wie sich dieser Jemand verhielt, nicht zu mögen, waren zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
„Man hasst die Sünde und liebt den Sünder“, sagte Mary nach einem Moment nachdenklich. „Ich denke, sie sollte erst dafür sorgen, dass er Hilfe bekommt. Du hörst ja nicht auf jemanden zu lieben, nur weil er Scheiße baut.“
„Guter Punkt, Mary.“ Claire malte ein Häkchen auf ihre Handfläche. „Aber wie lange soll er seine Scheiße bauen dürfen, bevor sie ihn endlich verlassen darf?“
Mary zögerte.
„Es ist Patricias Sache, das zu entscheiden. Nicht unsere.“ Ich drückte Patricias Hand erneut, aber sie schob mich beiseite.
„Claire hat recht. Sie hat wirklich recht. Aber ich kann einfach nicht. Ich kann ihn nicht verlassen.“
„Ich weiß“, versicherte ich ihr. „Das wissen wir alle, und auch Claire weiß es.“
Sie hätte mit Superkräften ausgestattet sein müssen, um gegen die geballte Kraft der Blicke ihrer drei Schwestern anzukommen. Claire seufzte und senkte einen Moment ihren Kopf. Dann hob sie abwehrend die Hände.
„Na gut. Aber wenn ich in diesem Kreis die gottverdammte Stimme der Vernunft bin, dann läuft hier einiges schief. Und zwar mächtig.“
Patricia seufzte und schaute uns nacheinander an. „Ich werde wohl nicht in der Lage sein, meinen Beitrag für die Party zu leisten. Ich kann das Album machen, mehr nicht. Für meinen Bastelkram habe ich ja schon bezahlt.“
„Mach dir darum keine Sorgen“, versicherte ich ihr.
Mary nickte. „Ja, wir kriegen das schon hin.“
Claire seufzte und stimmte schließlich in unseren beruhigenden Singsang ein. Sie lehnte sich vor und schaute auf die aufgeschlagene Doppelseite des Albums. „Du machst das toll, Pats.
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