Hotel Cosmos
„Was tun wir jetzt – herumsitzen und Geschichten erzählen, um die Zeit zu verbringen?“
„Das ist keine schlechte Idee“, überlegte Harrison. „Ich muß Ihnen lassen, Brady, daß Sie ausgezeichnete Einfälle haben. Eine Möglichkeit, sich mit den Leuten hier zu befassen, besteht darin, sie an einem Ort zusammenzuhalten. Sie sollen erzählen, wie Sie vorgeschlagen haben. Und der jeweilige Erzähler wird von den anderen scharf beobachtet. In der Zwischenzeit kann einer von uns durch die Korridore streifen und versuchen, des Flüchtlings habhaft zu werden – ganz gleich, ob er eine Wolke oder die echt wirkende Nachahmung eines Gastes ist, der in Wirklichkeit mit den übrigen im Gesellschaftsraum sitzt. Niemand hat sich außerhalb des Raumes aufzuhalten. Das sollte die Dinge vereinfachen.“
Sie traten in den Lift und setzten sich in Bewegung.
Als sie den Lift wieder verließen, sahen sie sich einem erregten Zweifüßler aus einer der entfernteren Galaxen gegenüber, dessen Plastikanzug und Helm ihn von der gefährlichen Atmosphäre abschirmten. Der Lautsprecher in seinem Helm knackte und begann Worte hervorzustoßen.
„Weshalb gestattet man mir nicht, das Hotel zu verlassen? Ich habe mein Zimmer bezahlt. Ich muß mein Schiff erreichen oder zwei Tage aufs nächste warten, und dann verpasse ich den Anschluß nach Ariadne Zentral. Wer hindert mich am Gehen? Ich werde mich bei Ihrem Konsul beschweren.“
„Ich fürchte, ich bin für die vorübergehende Beschränkung verantwortlich“, erwiderte Harrison.
„Ich werde Sie festnehmen lassen.“
„Wenn hier jemand festgenommen wird“, betonte Harrison, „dann von mir.“
Brady warf ein: „Chef, wenn dieser Bursche versucht, hinauszugelangen – vielleicht …“
„Ich habe bereits daran gedacht“, nickte Harrison. „Mr. Oliver, trifft es zu, daß dieser Herr ein Anschlußschiff erreichen muß?“
„Er beglich seine Rechnung heute morgen“, bestätigte Oliver. „Insofern treffen seine Angaben zu. Ich werde die Abflugzeiten überprüfen – wir bewahren sie im Büro auf.“
„Sie zweifeln an meinem Wort?“ knurrte das Reptiliengesicht in dem Helm. „Wissen Sie, wer ich bin?“
„Nein“, lautete Harrisons prompte Antwort. „Darum dreht sich ja die ganze Angelegenheit.“
Heftig protestierend begab sich das Geschöpf widerwillig in den Gesellschaftsraum.
Harrison wandte sich an den Geschäftsführer. „Fordern Sie bitte alle Gäste auf, sich hier im Gesellschaftsraum zu versammeln. Brady, Sie können ihn begleiten, falls es Schwierigkeiten gibt. Vergessen Sie nicht – alle haben sich hier einzufinden.“
Die beiden Männer entfernten sich, ohne übergroßen Enthusiasmus zur Schau zu tragen.
Harrison verharrte eine Minute lang unentschlossen. Dann begann ihm der Blick lästig zu werden, der ihn aus dem Helm der Kreatur anglühte, die sie gerade in den Raum gebracht hatten, und er wandte sich der Bar zu.
Auf einem Hocker saß das Mädchen mit dem lohfarbenen Haar. Sie wandte ihm den Rücken zu, als er eintrat.
„Einen Mondschuß mit Soda“, sagte er kurz zu dem Bartender.
Das Mädchen starrte in ihr leeres Glas.
Harrison nahm einen Schluck der scharfen Flüssigkeit und setzte an:
„Marilyn –“
„Ich denke nicht, daß wir uns noch etwas zu sagen haben“, unterbrach sie ihn scharf.
„Es tut mir leid, daß es so kam. Ich wußte schließlich nicht, daß ich dich hier treffen würde.“
„Warum schaltest du dann nicht den Energieschirm ab und läßt mich hinaus? Ich muß mein Schiff erreichen.“
„Wohin?“
„Geht dich das etwas an, Falkenauge?“
„Nein“, versetzte er. „Nein, vermutlich nicht.“
Er wollte sie nicht ansehen und konnte doch seine Augen nicht von ihr abwenden.
Abrupt fragte sie: „Weshalb hast du dich an diesen schrecklichen Ort versetzen lassen?“
Er hätte ihren Hieb mit der Frage, ob sie das etwas anginge, zurückgeben können, aber die bissige Stimmung wollte sich nicht einstellen.
„Ich wollte weg“, erwiderte er. „Das ist alles. Dieser Planet gehört nirgendwohin und niemandem. Er paßt zu mir .“
„Wirklich?“ fragte sie mit einer Spur Versunkenheit, die ihn schmerzte.
„Ja. Auf jeden Fall genügt er.“
„Wir sind Narren, nicht wahr?“ murmelte sie. „Wir laufen beide fort …“
„Ich höre immer fortlaufen. Vor wem fliehst du – vor deinem reichen Freund?“
Sie blickte ihn mit einer Trauer an, von der er hätte schwören können, daß sie echt war; aber er konnte
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