Hotel Galactic
Liebenswürdigkeit und Höflichkeit, und es machte ihr nichts aus, daß diese Menschen sie verständnislos anblickten, wenn sie in einem sehr alten und sehr teuren Kleid durch die Wohnung lief, billiges Gebäck und Tee servierte und dabei Zitate von Moneolo und Wormstor zum Besten gab.
Im Gegensatz zu Flachsbarth hatte Sylva sich nicht verändert. Ihr fiel es auch leichter, die alten Gewohnheiten beizubehalten, denn es war Flachsbarth, der unten im Restaurant stand und die wenigen Gäste bediente, die alle noch ärmer waren als er. Es war Flachsbarth, der alle finanziellen Dinge regelte, und es war Flachsbarth, der sich mit der Auto-Polizei auseinandersetzte, wenn Quito, sein Sohn, wieder einmal in ein Delikt verwickelt war.
Der Kaffee war fertig, und Flachsbarth stellte Kanne und Tasse auf ein Tablett, um alles nach oben zu tragen. Als er auf der Treppe war, klang ihm Musik entgegen. Es war die Art von Musik, wie Sylva sie liebte, ein unmelodisches Trommeln, das sich manchmal in von elektronischen Effekten begleitetes Stampfen steigerte.
Flachsbarth stieß die Tür zur Wohnung mit dem Fuß auf. Sylva wandte ihm den Rücken zu, als er eintrat. Sie war eine hagere und große Frau, die sich sehr aufrecht hielt. Ihr kahlrasierter Kopf war mit Ultrafarben bemalt. Sylva änderte die Bildsymbole wöchentlich. Zu diesem Zweck kam jedesmal ein Künstler aus der Stadt, der für seine Arbeit fünf Galakto-Dollar erhielt.
Flachsbarth stellte das Tablett auf den Tisch. Er war sicher, daß Sylva gehört hatte, wie er hereingekommen war. Er trat hinter sie und küßte sie sanft in den Nacken. Sie lehnte leidenschaftliche Liebesbezeigungen ab.
»Guten Morgen«, sagte Flachsbarth.
»Der Tisch ist gedeckt«, sagte sie. »Quito war in der vergangenen Nacht nicht zu Hause. Ich nehme an, er hat sie bei Freunden zugebracht.«
»Ja«, sagte Flachsbarth. »Das ist durchaus möglich.«
Dabei wußte er, daß Quito sich entweder in einem Bordell oder in einer Kapsel der Auto-Polizei aufhielt. Es war jedoch sinnlos, mit Sylva darüber zu sprechen, denn sie würde nicht glauben, daß ihr Sohn an Dingen Gefallen fand, die ihrer Ansicht nach verabscheuungswürdig waren.
Flachsbarth ließ sich am Tisch nieder. Sie bewohnten einen achtzig Quadratmeter großen Raum, den man durch drei versenkbare Wände abteilen konnte. Die Einrichtung war veraltet, aber kostbar. Die Wohnung war so sauber, daß sie fast schon steril wirkte. Das war Sylvas Welt, eine Umgebung, in der es unvorstellbar war, daß wenige Meter tiefer ein Restaurant lag.
Sylva kam an den Tisch. Ihre Blicke waren kritisch auf ihren Mann gerichtet.
Flachsbarth lächelte ihr entgegen.
»Ich hoffe, du hast gut geschlafen?« sagte er, während er sich eine Scheibe Toast mit Käse belegte. »Ich war unten und habe das Restaurant in Ordnung gebracht.«
Sie umschloß die Kaffeekanne mit ihren Händen, als wollte sie sich erwärmen. Hinter ihr glitt einer der schwerelosen Leuchtkörper vorbei, die den Raum erhellten. Es gab keine Fenster. Die Frischluftzufuhr wurde von einer Klimaanlage geregelt. Flachsbarth war froh darüber, daß er das verlassene Landefeld von seiner Wohnung aus nicht sehen konnte.
»Wir sollten einen Tag schließen«, sagte sie unvermittelt.
Flachsbarth starrte sie an.
»Wir hatten schon lange keinen freien Tag mehr«, sagte sie. »Ich bin dafür, daß wir in die Stadt fahren, um einzukaufen. Du solltest einen neuen Anzug bekommen, und vielleicht finden wir ein paar passende Dekors für Quitos Zimmer.«
»Nun«, antwortete Flachsbarth vorsichtig. »Darüber können wir reden.«
»Morgen«, sagte sie entschieden.
Flachsbarth blickte von seinem Teller auf.
»Ich bin nicht sicher, ob wir so ohne weiteres schließen sollten«, sagte er.
»Du könntest einen Zettel an die Tür hängen, daß wir einen Tag wegen Krankheit geschlossen haben, oder so ähnlich.«
»Heutzutage wird kaum noch jemand krank«, wandte Flachsbarth ein.
»Es war ja auch nur ein Vorschlag. Hast du keine Phantasie? Es gibt viele Möglichkeiten. Und wir haben das Recht auf einen freien Tag. Wir könnten Quito mit in die Stadt nehmen. Er wird sich freuen, wenn er wieder einmal etwas anderes zu sehen bekommt.«
Flachsbarth begann mechanisch zu kauen. Welche Einwände er auch hervorbringen mochte, sie würde keinen davon akzeptieren.
»Ich habe keine Lust, in die Stadt zu fahren«, erklärte er verdrossen. »Du darfst nicht vergessen, daß wir nicht viel Geld zurückgelegt haben. Viel
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