Hotel in Flammen
von dem langgezogenen Sprint.
Die Tasche hatte Reißverschluß. Er
klemmte. Aber dann ließ er sich öffnen.
War das alles?
Nur ein Schuhkarton lag drin, umklebt
mit Tesafilm.
Er zerrte und riß daran, löste einige
Streifen, aber nicht alle.
Egal! Untersuchen konnte er später.
Erstmal umpacken.
Er nahm den Rucksack ab.
Seine Habseligkeiten fanden in der
Tasche Platz. Den Rucksack warf er weg. Mit der Tasche in der Hand — sah er
nicht aus wie ein Weltreisender?
Stolz latschte er aus der Einfahrt auf
die Straße. Das war ein Fehler. Klüger hätte er getan, erstmal um die Ecke zu
luchsen.
Denn ,Direktor’ Glattfeld war
inzwischen in seinen Trenchcoat geschlüpft und hatte sich an die Verfolgung
gemacht.
Er hatte gesehen, in welche Richtung
Florian lief, ihn zwischenzeitlich aus den Augen verloren, aber jetzt war er
nur 20 Schritte entfernt, verharrte keuchend und wußte nicht weiter.
Verdammt!
Für die Dauer dreier Lidschläge
starrten sie sich an.
Dann nahm Florian die Beine in die Hand
und jagte — haste-was-kannste die Straße hinunter.
Fliehend sah er sich um.
Elende Kiste!
Der ,Direktor’ holte auf. Zornesröte
überzog das Gesicht. Ganz nahe schon war er.
Der bringt mich um! zuckte es Florian
durch den Kopf.
Aber sein Schutzengel nahte bereits.
Er saß in einem Streifenwagen und trug
Polizeiuniform.
Florian lief ihm vor die Räder. Reifen
quietschten. Der Polizist stieg aus. Seine Miene war bitterböse und streng.
Trotzdem — Florian fiel ihm fast in die
Arme.
„Ich... geb’s ja zu, Wachtmeister“,
keuchte er. „Habe den Koffer... ich meine, die Tasche... habe sie geklaut.“
„Dieser Dieb!“ brüllte Glattfeldt und
schnaufte die letzten Meter heran.
„Mal langsam!“ sagte der Polizist. Er
war jung und mitmenschlich engagiert. Besonders die gesellschaftlichen Randgruppen
hatten es ihm angetan: Penner, zum Beispiel, auch Nichtseßhafte genannt: Fixer,
Klein-Kriminelle, Straßenmädchen und Rocker. „Was ist los?“
„Er... hat... mir... die Tasche
gestohlen“, japste Glattfeldt und fühlte seine Raucherlunge hinter den Mandeln.
Trotz rasselnder Bronchien gelang ihm
ein kurzer Bericht.
„...aber will ich von einer
Strafanzeige absehen, Wachtmeister“, schloß er. „Weil ich immer voller Mitleid
bin bei solchen elenden Kreaturen.“ Wütend funkelte er Florian an. „Für die ist
so ein Diebstahl ja geradezu Mundraub. Vielleicht hätte er die Tasche
gefressen.“
„Nana!“ meinte Wachtmeister Lohmann. „Aber
Sie haben recht. Es ist besser, wenn wir den Vorfall nicht aufbauschen, sondern
gleich zu den Akten legen.“
„Nur meine Tasche will ich zurückhaben“,
sagte Glattfeldt. Lohmann hielt sie bereits in der Hand. „Hier haben Sie das
Prachtstück. Sind das Ihre Sachen?“
Er meinte Florians Zeug. Es füllte die
Tasche bis obenhin. „Meine!“ meldete sich der Penner.
Polizist Lohmann nickte, nahm eins nach
dem andern heraus und gab es ihm.
Auch den Karton, um den jetzt nur noch
locker ein bißchen Klebestreifen hing.
Florian wollte den Irrtum berichtigen.
Zu seiner Verblüffung bemerkte er, daß
Glattfeldt keinen Anspruch geltend machte, sich vielmehr wie ein Magenkranker
verfärbte und den Kopf einzog.
Nur ein Zucken lief über das
Fuchsgesicht. Ohne Protest nahm er die leere Tasche entgegen.
Gibt’s das? dachte Florian. Der will
verhindern, daß der Karton beachtet wird. Ich könnte ja sagen: Ist meiner! Und
dann nimmt der Bulle den Deckel ab.
„Du hast nochmal Glück gehabt“, sagte
Lohmann zu Florian. „Keine Strafanzeige! Bedank dich! Nicht jeder hat so ein
zwischen- und mitmenschliches Herz. Hast du Unterkunft?“
Florian schüttelte den Kopf.
„Ich bringe dich zu unserm Pfarrer. Der
hilft dir weiter.“
Beinahe hätte Florian abgelehnt.
Aber dann sah er in Glattfeldts Augen —
und beglückwünschte sich, daß er unter sicherem Schutz war.
An Glattfeldt erging keine Aufforderung
zum Mitfahren.
Lohmann nahm zwei große Supermarkttüten
aus dem Kofferraum.
Florian stopfte sein Zeug hinein:
zuunterst den Karton.
„Der Herr Pfarrer hat bestimmt einen
Rucksack für dich“, meinte Lohmann.
„Das würde mich freuen.“
Florian kletterte auf den Beifahrersitz
und gurtete sich an.
18. Gaulgesicht lügt
Fauler Job! dachte Tim. Dafür Geld zu
nehmen — das würde ich mich nicht getrauen.
Er stand hinter der Rezeption. Nur für
eine Viertelstunde — so war’s vorgesehen.
Karl brauchte diese Zeit, um zwei
Rechnungen
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