Hotel in Flammen
ihr durchs
Schlüsselloch auf die Hände gesehen.
Und nun?
Er begann die Wohnung abzusuchen.
Vielleicht war Isabel wirklich
verschusselt. Vielleicht hatte sie den Diamantring irgendwo hingelegt.
Er suchte, bis seine Augen schmerzten
und die Ohren brummten. Den Ring fand er nicht.
Kalter Schweiß brach ihm aus. Ein anderes
Schmuckstück zu nehmen, war sinnlos. Friedheim wollte den Ring und sonst
nichts.
Außerdem war die ganze
Zerstreutheits-Arie nur auf ihn abgestellt. Seine Stiefmutter trug kein anderes
Schmuckstück so häufig.
Nach einer halben Stunde brach er die
Suche ab.
Entnervt schlurfte er in seine Bude
hinüber.
Um ein Haar wäre er Gaby in die Arme
gelaufen.
Aber als sie ihre Tür öffnete, hatte er
seine gerade geschlossen.
*
„…hat sich das also gestern abend noch
abgespielt“, sagte Tim, „während ihr gepennt habt wie die Siebenschläfer mitten
im Winter — beziehungsweise wie die menschlichen so ums hundertste Jahr.“
„Häh?“ fragte Klößchen, der gerade in
die Turnschuhe schlüpfte, die er immer zuletzt anzog. Es konnte sogar
passieren, daß er erst die Mütze aufsetzte, sich mit dem Schal drosselte und
den Schirm aufspannte — ehe er in seine Maukenkähne stieg.
„Tim will damit sagen“, Karl klopfte
gerade sein Kopfkissen auf, „daß wir tief schliefen. Eben wie Siebenschläfer — und
seine, Tims, nachgereichte Erklärung betrifft das Wort in dessen doppelter
Bedeutung. Was ich mal ganz rasch erklären will, obwohl — ich weiß, Willi — wir
derzeit Ferien haben. Beim Siebenschläfer handelt es sich einmal um ein Viech —
einen sogenannten Bilch, mit oben grauem und unten weißem Fell und buschigem
Langschwanz. Der Bilch hält einen besonders langen Winterschlaf. Zum andern ist
der Siebenschläfer einer von sieben Brüdern, die als Christen verfolgt und
eingemauert wurden — ist schon ‘ne Weile her — und sich durch Tiefschlaf
retteten. Der Legende zufolge dauerte der 200 Jahre! ...so ums hundertste Jahr,
wie Tim zu sagen beliebt, herrschte also tiefster Tiefschlaf. An Wahrnehmungen
lief da gar nichts.“
„Sowas muß ich mir anhören“, seufzte
Klößchen, „und in der Küche wartet mein Frühstück.“
Heute ist er als erster fertig, dachte
Tim. Unglaublich! Die Küche zieht ihn an wie ein Magnet.
Es klopfte.
Da alle ihre Hosen anhatten, rief Tim: „Herein!“
Gaby schob sich durch den Türspalt.
„Wünsche wohl geruht zu haben“,
begrüßte sie die Jungs.
Tim erhielt ein Guten-Morgen-Bussi, was
vier Stunden Schlafmangel ausglich — wie er fand. Und nötig hatte er das. Seine
Nacht war kurz gewesen.
Gaby trug einen engen, blaugerippten
Pullover und Jeans. Über den Ohren war das Goldhaar vom Duschen noch feucht.
Sie hatte einen Pferdeschwanz gebunden.
Die weiße Schleife hinten war
mindestens so groß wie die an ihrer Servierschürze.
Tim berichtete seiner Freundin von dem
Besuch bei Valentin Köschen und von Graf Palettis seltsamen Anruf.
„Ist natürlich hirnrissig, Tante Isa
mit einem Anschlag in Verbindung zu bringen“, sagte er. „Deshalb müssen wir uns
um die Sache kümmern, bevor ein Verdacht an ihr hängen bleibt. Um Durchblick zu
kriegen, müssen wir zum Weekend. Und zwar bald. Möglichst gleich. Was schwierig
ist, da ich bis mittags hinter der Rezeption dienern soll. Wie machen wir das?
Alle können wir nicht abdüsen. Wir müssen uns untereinander vertreten.“
„Geht bei mir nicht“, erklärte
Klößchen. „Bin in der Küche unentbehrlich.“
„Ich helfe bis halb elf beim Frühstück“,
meinte Gaby. „Dann beginnt schon das Eindecken für die Mittagsgäste.“
„Bei mir sieht es besser aus“, sagte
Karl. „An der Rezeption kann ich pendeln zwischen Schreibtisch und Tresen. Mit
der Buchhaltung komme ich gut voran. Und die paar Gäste, die uns zur Zeit
bevölkern, fertige ich ab mit links — in aller Höflichkeit, natürlich.“
„Stark, Karl!“ lobte Tim. „Auf diese
Weise kann ich weg für ein Stündchen und beim Weekend nachforschen.“
Sie begaben sich hinunter und erstmal
zu Isa ins Büro.
Nach der Begrüßung wurde Dienstliches
besprochen.
Daß sich Tim als Glattfeldts Vertreter
für eine Weile von Karl vertreten ließ, verwunderte Isa. Aber sie hatte nichts
einzuwenden.
Was er vorhatte, behielt Tim zunächst
noch unter Verschluß. Isa lächelte. Aber ihre Braunaugen blickten traurig. Sie
hielt die linke Hand hoch und wackelte mit dem Ringfinger.
„Er ist wiedermal weg.“
„Wer?“
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