Hotel in Flammen
Nachbarschaftshilfe? Oder fragt er an, ob sie
zufällig ‘ne Portiers-Uniform erübrigen kann?
Isabel nahm den Hörer und meldete sich.
Schon nach wenigen Sekunden wich die
Verwunderung aus ihrem Gesicht und machte Zorn Platz.
Heftig winkte sie Tim, der noch auf der
Schwelle stand, heran.
„Wie bitte, Graf Paletti“, sagte sie. „Ich
habe nicht genau verstanden. Könnten Sie das wiederholen?“
Sie braucht mich als Zeugen, folgerte
Tim rasiermesserscharf.
Und richtig! Isabel drehte den Hörer
so, daß er Palettis Geschnaube verstand. Äußerst aufgebracht war der Graf,
stand sozusagen neben seiner adligen Hochform, als er blökte.
„...weiß ich ganz genau, daß Sie
dahinterstecken. Jawohl! Mir wurde längst zugetragen, daß die einheimischen
Hoteliers Front gegen mich machen. Bekämpft soll ich werden mit allen Mitteln.
Und Sie sind die Anführerin — nein, die Rädelsführerin! Auch das wurde mir
gesagt. Aber Sie sollen wissen, daß ich unempfindlich bin gegen erpresserischen
Druck. Diese Methoden verfangen bei mir nicht.“
„Wovon reden Sie eigentlich“, rief
Isabel. „Wie kommen Sie dazu, mich mit irgendeiner illegalen Handlung in
Verbindung zu bringen? Was ist denn passiert?“
„Das wissen Sie genau. Tun Sie nicht so
unschuldig. Und schreiben Sie sich hinter die Ohren, daß Sie mich nicht
zermürben können.“
Es knackte in der Leitung. Paletti
hatte aufgelegt.
„Ein Verrückter!“ sagte Isa. „Offenbar
ist er übergeschnappt. Was denkt der sich eigentlich?“
„Es hörte sich an“, sagte Tim
vorsichtig, „als hätten deine lieben Kollegen was gegen das Weekend
unternommen. Will ja niemanden beschuldigen, aber — wie auch mir zu Ohren drang
— die Herren Maier, Bellevue, Terzhaber, und Roter Schwan, scheinen nicht
zimperlich zu sein in der Wahl ihrer Mittel. Trotzdem grenzt es an
Gehirndiebstahl, daß Paletti dich verdächtigt.“
„Was ist denn los?“ nuschelte Jörg. „Ich
verstehe überhaupt nichts.“
„Wahrscheinlich irgendein Anschlag aufs
Weekend“, meinte Isa, „und ich wäre der Anstifter. Denkt Paletti.“
„Hah?“ machte Jörg. „Ulkig! Hähähäh! Wo
du doch das Weekend so liebst!“
„Laß die dummen Scherze!“
Jedenfalls, dachte Tim, werde ich der
Sache morgen nachgehen. Immer am Ball bleiben! Ist ein löblicher Grundsatz.
16. Wo ist der Ring?
Ein sonniger Morgen erhob sich über Bad
Neuzell. Auf den Wiesen verdampfte der gestrige Regen. Die Wagen der
Straßenreinigung waren unterwegs. Und Glattfeldt schlich sich gegen 7.30 Uhr
aus dem Hotel, nachdem er Trill, dem Oberkellner, Schlüssel und Unterlagen
übergeben hatte.
Unter dem Arm trug Glattfeldt seinen
Geldkarton.
Den Trenchcoat hatte er sich locker
über die Schultern gehängt.
Alles Gepäck war gestern schon
aufgegeben. Er brauchte nur noch die Reisetasche abzuholen, die der Hausmeister
seiner bisherigen Apartmentwohnung für ihn verwahrte.
Später, nämlich um 8.11 Uhr, würde er
den Zug nehmen zur Großstadt.
*
Isas Wecker klingelte um Viertel vor
sieben. Sie war noch müde. Doch die Pflicht rief.
Eine halbe Stunde später war sie
bereits in der Küche, um mit ihren Leuten die Tagesplanung festzulegen.
Jörg, ihr mißratener Stiefsohn, stand
lauschend hinter der Tür seines Zimmers. Durchs Schlüsselloch hatte er Isas
Abflug beobachtet. Und sich besonders für ihre Hände interessiert. Er sah den
Schmuck, den sie trug, und war zufrieden.
Heute, ja heute, mußte die Sache
endgültig laufen.
Friedheim, der schlitzohrige Juwelier,
drängte. Der Interessent für den Ring würde heute vorbeikommen und kaufen.
„Übermorgen brauche ich den Ring“,
hatte Friedhelm vorgestern gesagt. „Sonst kannst du das Geschäft vergessen.
Aber dann läuft nie wieder was zwischen uns — und wenn du den Cullinan (größter
bisher gefundener Rohdiamant — 3108 Karat schwer) brächtest.“
Isas Stiefsohn war fest entschlossen.
Er brauchte Geld.
Was schert es ihn da, daß Isabel eine
herzensgute Frau war — und ihn immer behandelt hatte, als sei er ihr eigener
Sohn.
Als die Luft rein war, taperte er über
den Flur.
Isa hatte ihre Wohnung nicht
abgeschlossen.
In diesen Teil des Hauses kamen ohnehin
nur Befugte.
Im Wohnraum trat er zu dem Regal, wo
der ochsenblutfarbene Schmuckkoffer stand.
Er öffnete ihn.
Der Einkaräter! Wo, zum Teufel, war er?
Jörg suchte. Vergebens.
Verdammt! Das war doch nicht möglich!
Er wußte genau, daß sie ihn heute nicht trug. Ganz genau hatte er
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