Hotel Pastis
geworden: als Butler, persönlicher Mitarbeiter, Vertrauter, Freund, eine Kapazität in allen Detailfragen und unermüdlich in seinen Anstrengungen. Er war ein qualifizierter Rolls-Royce-Mechaniker, hatte ein Händchen für Blumenarrangements und war in der Küche ein größerer Meister, als Caroline es je hatte sein wollen. Ernest mißbilligte ihre Verschwendungssucht, ihre gesellschaftlichen Ambitionen und ihre absolut mangelhaften Fähigkeiten als Hausfrau. Sie wiederum haßte ihn, weil sie ihn nicht loswerden konnte. Simon hatte jahrelang zwischen den Fronten gestanden. Zumindest das war jetzt vorüber. Was war es noch, was Caroline gesagt hatte, als sie nach dem Vergleich aus dem Büro der Anwälte getreten waren? Etwas in der Art, daß er Ernest unter seine Fittiche genommen habe? »Tschuldigung, Chef.« Zwei Möbelpacker, die Arme voller Staubschutzhüllen, hatten sich vor Simon aufgebaut. »Wir nehmen jetzt die Couch, wenn’s recht ist. Für Eaton Mews, wie der andere Kram auch, oder?«
»Möchten Sie auch die Tasse und die Untertasse?«
»Wir tun nur unsere Arbeit, Chef. Nichts als unsere Arbeit.«
»Ich bin nicht Ihr blöder Chef.«
»Ganz wie du meinst, Kumpel.«
Simon räumte die Couch und ging durch die Flügeltür in das kahle Eßzimmer. Nebenan klapperte Ernest in der Küche und pfiff dabei ein paar Takte, die Simon als Teil einer Rossini-Ouvertüre erkannte. Caroline hatte klassische Musik jeder Art verabscheut und lediglich Glyndebourne ertragen, weil es sich in ihrer Position nun einmal so schickte — und als Ausrede für ein neues Kleid gelten konnte.
Die Küche war Simons Lieblingsraum in dem Haus, und das, wie er sich jetzt eingestand, unter anderem deshalb, weil Caroline sie nur selten aufgesucht hatte. Er hatte sie zusammen mit Ernest entworfen und professionell eingerichtet — mit einem Le-Cornu-Herd von den Ausmaßen eines kleineren Panzers, mit Pfannen aus schwerem Gußeisen und Kupfer, mit Messern, Hackbeilen und Hackblöcken aus Hirnholz, einer gehärteten Marmorplatte für Teigwaren, zwei riesigen Kühlschränken aus poliertem Stahl und einer abgetrennten Vorratskammer am Ende des langgestreckten Raumes. Auf dem geölten Teakholztisch in der Mitte hatte Ernest Flaschen und Karaffen aus der Wohnzimmerbar aufgereiht. Als Simon eintrat, hörte er auf zu pfeifen.
»Liz hat angerufen«, sagte er. »Um sechs ist eine Vorstandssitzung, und dann wartet dieser Wertpapieranalytiker von Goodmans auf Ihren Rückruf wegen der Hochrechnung für das letzte Quartal.« Ernest warf einen Blick auf den Notizblock neben dem Telefon.
»Außerdem will das Maklerbüro wissen, ob sie morgen jemandem das Haus zeigen können. Einem Musiker, haben sie gesagt — was immer das heutzutage auch heißen mag.«
»Wahrscheinlich ist er Aushilfsschlagzeuger in einer Rockgruppe.«
»Ich weiß, mein Lieber. Höchst unpassend, aber was kann man schon machen? Sie sind schließlich diejenigen, die das Geld haben.«
Simon zog einen Stuhl vom Tisch und ließ sich schwer darauf niederfallen. Sein Rücken schmerzte, und sein Hemd spannte unangenehm über dem Bauch. Er hatte Übergewicht. Zu viele Geschäftsessen, zu viele Sitzungen, nicht genug Bewegung. Ernest hingegen, den er jetzt musterte, gab zu, achtundvierzig Lenze zu zählen; aber so wie er aussah, hätte man ihm glatt zehn Jahre weniger abgenommen — schlank, mit einem schmalen, faltenlosen Gesicht, kurzgeschorenem blonden Haar, makellos in seinem dunkelblauen Anzug und weißen Hemd, ohne Bauch und Hängebacken. Das Ergebnis jahrelanger Selbstdisziplin, ging es Simon durch den Kopf. Es kursierten zwar Gerüchte in der Agentur, daß Ernest sich bei einer seiner exotischen Urlaubsreisen hatte heimlich das Gesicht liften lassen, aber Simon wußte, daß die Gesichtscreme des Dermatologen in der Harley Street dieses Wunder vollbrachte — fünfzig Pfund pro Tube, und als Ausgabe für Büromaterial getarnt. Es war eines von Ernests kleinen Sonderrechten.
»Soll ich Sie mit Liz verbinden?« Mit hochgezogenen Augenbrauen und leicht geschürzten Lippen nahm Ernest den Hörer ab.
»Ern, ich glaube nicht, daß ich heute abend all diesen Scheiß ertrage. Fragen Sie Liz, ob sie es nicht morgen irgendwo dazwischenschieben kann.«
Ernest nickte, und Simon griff zwischen den Flaschen auf dem Tisch nach dem Laphroaig. Da die Gläser bereits alle eingepackt waren, goß er sich den Whisky in eine Teetasse und hörte mit halbem Ohr Ernest zu.
»... nun, wenn Mr. Jordan
Weitere Kostenlose Bücher