Hotel
müssen.«
Quaratone, der nichts dergleichen im Sinn hatte, bedankte sich höflich bei Dr. Ingram. Mit Herbie Chandler als Verbündetem hatte er ursprünglich vorgehabt, sich einer alten Kriegslist zu bedienen und in der geborgten Uniform eines Boys an der Sitzung teilzunehmen. Chandlers Bericht zwang ihn, seinen Plan zu ändern.
»Ist der Raum, in dem die Sitzung stattfindet, ein großer Tagungssaal?« erkundigte sich Quaratone.
Chandler nickte. »Der Dauphine-Salon, Sir. Dreihundert Sitzplätze. So viele werden ungefähr erwartet.«
Der Mann von der »Time« überlegte. Eine Beratung, an der dreihundert Personen teilnahmen, pflegte nur so lange geheim zu sein, wie sie dauerte. Wenn er sich also gleich nach dem Öffnen der Türen unter die herausströmenden Delegierten mischte und als einer der ihren posierte, würde er erfahren, was geschehen war. Dabei entgingen ihm jedoch jene kleinen menschlichen interessanten Einzelheiten, von denen sich die »Time« und ihre Leser nährten.
»Hat der Salon einen Balkon?«
»Ja, einen kleinen, aber daran haben die auch gedacht. Ich hab’ mich erkundigt. Zwei Tagungsmitglieder werden oben sitzen. Außerdem werden die Mikrophone der Lautsprecheranlage ausgeschaltet.«
»Teufel!« sagte der lokale Zeitungsmann. »Wovor fürchtet sich die Sippschaft – vor Saboteuren?«
Quaratone dachte laut: »Ein paar von ihnen wollen den Mund aufmachen, möchten aber nicht, daß es publik wird. Angehörige freier Berufe sind im allgemeinen nicht scharf darauf, Farbe zu bekennen – jedenfalls nicht in Rassefragen. Die hier sind sowieso schon in der Klemme, indem sie praktisch die Wahl zulassen zwischen einer drastischen Aktion wie dem angedrohten Massenauszug und einer schönen Geste, die lediglich dazu dient, den Schein zu wahren. Insofern, würde ich sagen, ist die Situation einzigartig.« Und auch viel interessanter, als ich zuerst glaubte, setzte er in Gedanken hinzu. Er war fester denn je entschlossen, sich irgendwie Zugang zu der Debatte zu verschaffen.
Unvermittelt sagte er zu Herbie Chandler: »Ich brauche einen Plan von der betreffenden Etage und der Etage darüber. Keinen Grundriß, verstehen Sie, sondern eine technische Zeichnung mit den Wänden, Leitungsrohren, Zwischendecken und allem anderen. Und ich brauch’ ihn schnell, denn wenn wir was erreichen wollen, haben wir bloß noch eine knappe Stunde.«
»Ich weiß wirklich nicht, ob wir so was haben, Sir. Auf jeden Fall …« Der Chefportier verstummte und beobachtete Quaratone, der in einem Bündel von Zwanzig-Dollar-Noten blätterte.
Der Mann von der »Time« händigte Chandler fünf von den Scheinen aus. »Knöpfen Sie sich einen Monteur, einen Techniker oder sonst jemanden vor. Stecken Sie ihm das hier zu. Für Sie sorg’ ich später. Kommen Sie in einer halben Stunde wieder her – oder eher, wenn’s möglich ist.«
»Yessir!« Chandlers Wieselgesicht verzog sich zu einem unterwürfigen Lächeln.
Dann gab Quaratone dem Reporter aus New Orleans seine Instruktionen. »Sie kümmern sich weiter um den lokalen Aspekt, ja? Stellungnahme des Magistrats, führender Bürger; sprechen Sie auch mit jemandem von der N.A.A.C.P. Sie wissen schon, was ich meine.«
»Könnte es im Schlaf schreiben.«
»Lieber nicht. Sorgen Sie auch für ein paar menschlich interessante Züge. Wäre vielleicht keine schlechte Idee, wenn Sie den Bürgermeister im Waschraum abfangen könnten. Er wäscht sich die Hände, während er Ihnen seine Erklärung gibt. Symbolisch. Ein guter Aufhänger.«
»Okay. Werd’ mich auf dem Lokus verstecken.« Der Reporter zog vergnügt ab, im Bewußtsein, daß auch er großzügig bezahlt werden würde.
Quaratone selbst wartete in der Cafeteria des St. Gregory. Er bestellte sich einen eisgekühlten Tee und nippte zerstreut daran, in Gedanken mit der Story beschäftigt, die sich allmählich herauskristallisierte. Sie war kein ausgesprochener Knüller, aber wenn er sie mit einigen neuen Gesichtspunkten ausstaffieren konnte, dann war sie vielleicht ihre anderthalb Spalten in der nächsten Nummer wert. Was ihn freuen würde, weil in den letzten Wochen ein Dutzend oder mehr seiner sorgsam zurechtgetrimmten Storys von New York entweder abgelehnt oder beim Umbruch der Zeitschrift von wichtigeren Themen verdrängt worden waren. Das war nichts Ungewöhnliches, und »Time-Life«-Mitarbeiter hatten es gelernt, in einem Vakuum zu schreiben und sich mit ihren enttäuschten Erwartungen abzufinden. Aber Quaratone sah
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