Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel

Hotel

Titel: Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hailey
Vom Netzwerk:
wir offen sprechen, ohne befürchten zu müssen, daß unsere Ansichten außerhalb dieses Raumes publik gemacht und womöglich entstellt wiedergegeben werden. Der Beschluß, das möchte ich hinzufügen, wurde von unserem hochgeschätzten Präsidenten Dr. Ingram heftig bekämpft.«
    Von der Plattform herunter knurrte Dr. Ingram: »Haben Sie Angst vor Verwicklungen?«
    Die Frage ignorierend, fuhr der adrette Mann fort: »Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich die Rassendiskriminierung für verwerflich halte. Einige meiner besten …« – er zögerte – »… meiner beliebtesten Mitarbeiter gehören einer anderen Konfession und Rasse an. Ferner bedaure ich ebenso wie Dr. Ingram den gestrigen Zwischenfall. Tatsächlich stimmen wir nur in einem Punkt nicht überein. Dr. Ingram zieht – um gleich ihm in Metaphern zu sprechen – eine Extraktion vor. Ich bin dafür, den Zwischenfall weniger drastisch wie eine zwar unangenehme, aber lokalisierte Infektion zu behandeln.« Leises Lachen ging durch die Reihen, das der Sprecher mit einem Lächeln beantwortete.
    »Ich kann nicht glauben, daß es unserem abwesenden Kollegen Dr. Nicholas auch nur im mindesten nützt, wenn wir die Tagung abbrechen. Für uns jedoch wäre es ein großer Verlust. Im übrigen – da wir hier unter uns sind, sage ich das ganz offen – kann ich nicht finden, daß das Problem der Rassenbeziehungen uns als Organisation überhaupt etwas angeht.«
    »Natürlich geht es uns an! Geht es denn nicht jeden an?« protestierte eine einzelne Stimme aus dem Hintergrund. Aber sonst herrschte aufmerksames Schweigen.
    Der Redner schüttelte den Kopf. »Welchen Standpunkt wir auch immer einnehmen oder verwerfen, wir tun es als Individuen. Natürlich müssen wir notfalls unsere eigenen Leute unterstützen, und ich werde gleich auf gewisse Schritte im Fall von Dr. Nicholas zu sprechen kommen. Ansonsten pflichte ich Dr. Ingram bei, daß wir schwer arbeitende Mediziner sind und wenig Zeit für andere Dinge haben.«
    Dr. Ingram sprang auf. »Das habe ich nicht gesagt! Ich wies darauf hin, daß diese Haltung früher gang und gäbe war. Aber ich bin mit ihr durchaus nicht einverstanden.«
    »Nichtsdestoweniger fiel die Bemerkung«, entgegnete der adrette Mann mit einem Schulterzucken.
    »Aber nicht in diesem Sinn. Ich dulde nicht, daß man meine Worte verdreht!« Die Augen des kleinen Doktors funkelten ärgerlich. »Mr. Chairman, wir verwenden hier leichtfertig Ausdrücke, wie ›unselig‹, ›bedauerlich‹. Aber sehen Sie denn nicht ein, daß wir damit der Sache nicht gerecht werden, daß es sich um eine Frage des Anstandes und menschlicher Rechte handelt? Wenn Sie gestern hier gewesen wären und die Demütigung eines Kollegen und Freundes und guten Mannes mit angesehen –«
    Es wurde »Zur Ordnung! Zur Ordnung!« gerufen, und als der Vorsitzende seinen Hammer betätigte, ließ sich Dr. Ingram widerstrebend auf seinen Stuhl sinken.
    »Darf ich fortfahren?« fragte der adrette Mann höflich. Der Vorsitzende nickte.
    »Danke. Meine Herren, ich will mich kurz fassen. Erstens schlage ich vor, daß wir künftig unsere Kongresse an Orten abhalten, wo Dr. Nicholas und andere seiner Rasse ohne Fragen und Bedenken akzeptiert werden. Solche Orte sind in großer Zahl vorhanden, und ich bin sicher, uns übrigen werden sie durchaus annehmbar erscheinen. Zweitens schlage ich vor, daß wir eine Resolution verabschieden, in der wir die Haltung des Hotels und die Ausweisung von Dr. Nicholas streng verurteilen. Danach sollten wir unseren Kongreß, wie geplant, fortsetzen.«
    Dr. Ingram schüttelte ungläubig den Kopf.
    Der Redner blickte auf ein Blatt Papier in seiner Hand. »In Verbindung mit mehreren anderen Mitgliedern unseres Vorstandes habe ich eine Resolution aufgesetzt …«
    Quaratone auf seinem Ausguck hörte nicht mehr zu. Die Resolution selbst war unwichtig. Ihr Inhalt war vorauszusagen; notfalls konnte er sich später den Text verschaffen. Statt dessen beobachtete er die Gesichter der Delegierten. Es waren Durchschnittsgesichter von leidlich gebildeten Männern. Sie spiegelten Erleichterung wider. Erleichterung darüber, dachte Quaratone, daß ihnen eine so unangenehme, ungewohnte Aktion, wie Dr. Ingram sie vorgeschlagen hatte, erspart blieb. Das formelle, im besten demokratischen Stil verabreichte Wortgeplätscher wies ihnen einen willkommenen Ausweg. Das Gewissen war beruhigt, die Bequemlichkeit gewährleistet. Es gab auch einen milden Protest – von

Weitere Kostenlose Bücher