Hotel
Blicke auf sich.
Schwingtüren mit der Aufschrift »Unfallstation« öffneten sich weit, um die Bahre hindurchzulassen. Dahinter waren Schwestern, Ärzte, noch mehr Bahren und hektische Betriebsamkeit. Ein Helfer blockierte Curtis O’Keefe den Weg. »Warten Sie bitte hier draußen.«
O’Keefe protestierte. »Ich möchte wissen …«
Eine Schwester, die gerade hineinging, blieb stehen. »Alles menschenmögliche wird getan. Sie können nachher mit einem Arzt sprechen.« Die Schwingtür schlug hinter ihr zu.
Curtis O’Keefe starrte die Tür an mit feuchten Augen, Verzweiflung im Herzen.
Vor noch nicht mal einer Stunde, nach dem Abschied von Dodo, war er verstört im Salon der Suite auf und ab gegangen. Sein Instinkt sagte ihm, daß er etwas verloren hatte, das er vielleicht in seinem ganzen Leben nicht wiederfinden würde. Er machte sich über diese Anwandlung lustig. Andere Frauen vor Dodo waren gekommen und gegangen. Er hatte den Abschied von ihnen überlebt. Der Gedanke, daß es diesmal anders sein könnte, war absurd.
Dennoch erlag er fast der Versuchung, Dodo nachzulaufen, die Trennung von ihr für einige Stunden aufzuschieben und seine Gefühle noch einmal gründlich zu überprüfen. Die Vernunft hatte schließlich gesiegt. Er blieb, wo er war.
Ein paar Minuten darauf hörte er die Sirenen. Zunächst hatte er sich nicht darum gekümmert. Als er dann aber merkte, wie viele es waren und daß sie sich allem Anschein nach dem St. Gregory näherten, war er ans Fenster seiner Suite getreten. Die Auffahrt der Löschzüge und Ambulanzen vor dem Hotel brachte ihn zu dem Entschluß, hinunterzugehen. Er ging, wie er war – in Hemdsärmeln, ohne sich ein Jackett anzuziehen.
Während er in der zwölften Etage auf einen Lift wartete, drangen beunruhigende Geräusche von unten herauf. Als nach fast fünf Minuten noch immer kein Fahrstuhl gekommen war und sich immer mehr Menschen vor der Lifttür ansammelten, wandte sich O’Keefe der Treppe zu. Er entdeckte, daß andere Gäste denselben Einfall gehabt hatten. In den unteren Stockwerken, wo die Geräusche deutlicher zu hören waren, half ihm sein athletisches Training, schneller voranzukommen.
In der Halle erfuhr er von aufgeregten Zuschauern, was geschehen war. In diesem Moment betete er inbrünstig darum, daß Dodo das Hotel vor dem Unglück verlassen haben möchte. Gleich danach sah er, wie man sie, bewußtlos, aus dem Fahrstuhlschacht trug.
Das gelbe Kleid, das er bewundert hatte, ihr Haar, ihre Glieder waren blutüberströmt. Ihr Gesicht sah aus wie eine Totenmaske.
Bei dem Anblick traf ihn die Wahrheit, gegen die er sich so lange gewehrt hatte, wie ein Blitz, der ihn blendete. Er liebte sie. Von ganzem Herzen, glühend, mehr, als er sagen konnte. Zu spät erkannte er, daß er den größten Fehler seines Lebens gemacht hatte, als er Dodo gehen ließ.
Während er auf die Tür zur Unfallstation starrte, verdammte er seine Blindheit. Die Tür öffnete sich, und eine Schwester schoß heraus. Als er sie ansprechen wollte, schüttelte sie abwehrend den Kopf und hastete davon.
Er fühlte sich entsetzlich hilflos. Es gab so wenig, was er tun konnte. Aber er wollte es zumindest versuchen.
O’Keefe wandte sich ab und marschierte durch das Krankenhaus. Er streifte durch von Menschen wimmelnde Hallen und Korridore und erreichte schließlich mit Hilfe von Schildern und Pfeilen sein Ziel. Er öffnete Türen mit der Aufschrift »Privat«, ohne sich um die Proteste von Sekretärinnen zu kümmern, und landete vor dem Schreibtisch des Direktors.
Der Direktor erhob sich ärgerlich von seinem Sessel. Als Curtis O’Keefe seinen Namen genannt hatte, entspannte sich die Atmosphäre.
Fünfzehn Minuten später kehrte der Direktor aus der Unfallstation zurück, in Begleitung eines schmächtigen, zurückhaltenden Mannes, den er als Dr. Beauclaire vorstellte. Der Arzt und O’Keefe schüttelten einander die Hand.
»Wie ich höre, sind Sie ein Freund der jungen Dame … Miss Lash, glaube ich.«
»Wie geht es ihr, Doktor?«
»Ihr Zustand ist kritisch. Wir tun alles, was wir können. Aber ich kann Ihnen leider nicht viel Hoffnung machen. Es ist zu befürchten, daß sie nicht mit dem Leben davonkommt.«
O’Keefe stand stumm und tief bekümmert da.
Der Arzt fuhr fort: »Sie hat eine schwere Kopfwunde, die äußerlich wie eine eingedrückte Schädelfraktur aussieht. Wahrscheinlich sind Bruchstücke von Knochen ins Gehirn eingedrungen. Nach der Röntgenuntersuchung werden wir
Weitere Kostenlose Bücher