Hotshots - Firefighters 3: Verhängnisvolle Wahrheit
anzutreffen. Und auch nicht an irgendeinem anderen Abend.
Im Aufenthaltsraum hatte Andrew jedoch bereits das Obst und die Kekse auf der Anrichte stehen sehen. Er hatte mit dem Kopf in die Richtung gedeutet und gesagt: »Danke, aber ich glaube, dieses fürstliche Mahl hier wird mir reichen.«
Rebecca hatte nicht überzeugt gewirkt. »Wissen Sie was«, hatte sie ihm angeboten, »wie wäre es, wenn ich schnell bei unserem Koch vorbeischaue und frage, ob er Ihnen nicht noch eine Kleinigkeit zubereiten kann. Ich würde es dann innerhalb der nächsten Stunde ins Gästehaus bringen lassen.«
Es war gestern das erste Mal gewesen, dass jemand nett zu Andrew war. Aber er gab sich keinerlei Illusionen hin. Sie war nicht deswegen so freundlich, weil er ein so toller Kerl war oder gar ihre Liebenswürdigkeit verdient hätte.
Rebecca kannte ihn einfach nicht.
Und freundlich zu sein war ihr Job.
Danach hatte er lange in einem der Gartenstühle mit den hohen, abgerundeten Rückenlehnen gesessen, wie sie in den Adirondacks weit verbreitet waren, und die Boote auf dem See beobachtet, ohne sie jedoch wirklich wahrzunehmen.
Stattdessen sah er die ganze Nacht lang den hasserfüllten Ausdruck auf dem Gesicht seines Sohnes vor sich und auch den Isabels, als beide ihm vor Augen gehalten hatten, wie sehr er sie verletzt und wo er überall versagt hatte.
In der Hütte konnte er sich jedoch nicht ewig verstecken. Und seltsamerweise fühlte sich Andrew trotz all der Streitigkeiten des vergangenen Tages so, als sei er endlich zu Hause angekommen.
Dreißig Jahre hatte er vermieden, wieder hierher zurückzukommen. Dreißig Jahre lang war er vor seinen Fehlern davongelaufen. Oder zumindest dachte er, er hätte es getan. Blue Mountain Lake hielt einen Teil seiner Seele gefangen, den er nicht einfach so abtun oder gar vergessen konnte.
Andrew war im Sommer zur Welt gekommen, in einem kleinen Krankenhaus keine Stunde von hier entfernt. Ob sein altes Kinderbett wohl noch auf dem Dachboden von Poplar Cove stand? Oder hatten seine Eltern es ausrangiert, nachdem Connor ihm entwachsen war? Jeden Sommer seiner Kindheit hatte er mit seiner Familie hier am See verbracht, Oma und Opa eingeschlossen. Er war praktisch am Seeufer aufgewachsen, war Sommer für Sommer im manchmal kühlen Wasser schwimmen gegangen, hatte gesurft oder Marshmallows über dem Feuer geröstet. Damals hatte er geglaubt, ganz genau zu wissen, wie sich sein weiteres Leben entwickeln würde.
Er hatte vorgehabt, Boote zu bauen. Segelboote, von denen jedes eine Einzelanfertigung sein würde. Um mit einer wunderschönen Frau an seiner Seite um die Welt zu segeln.
Andrew verließ seinen Platz am Fenster, um sich noch eine weitere Tasse Kaffee einzuschenken. Es war zu spät. Er hatte verflucht noch mal zu viel Zeit damit vergeudet, den Märtyrer zu spielen. Während er sich darum bemüht hatte, die falschen Leute zu beeindrucken, waren die besten Jahre seines Lebens vergangen.
Trotzdem hoffte er immer noch inständig, er möge sich irren. Ansonsten wäre es sinnlos, noch länger hierzubleiben oder zu versuchen, Rückgrat zu beweisen und sich mit seinem Sohn zu versöhnen.
Bevor er sich an diese Aufgabe machte, wollte er den Tag jedoch so beginnen, wie er es als Kind immer getan hatte. Indem er kurz im See schwimmen ging. Rasch zog Andrew sich eine Badehose über und lief das leere Seeufer entlang bis zum Steg des Gasthofs. Am Ende des Stegs ließ er sich mit einem lauten Platschen ins Wasser fallen. Er genoss den Adrenalinschub, der durch seine Adern fuhr, als er in das kühle Nass eintauchte.
Als er wieder an die Oberfläche kam, erblickte er Rebecca, die auf der Veranda des Gasthofs stand und ihn beobachtete. Sie lächelte verschämt, weil er sie dabei erwischt hatte, wie sie ihn ansah, winkte einmal kurz und verschwand dann wieder im Gebäude.
Über die Jahre hatte Andrew feststellen können, dass Unzufriedenheit etwas Merkwürdiges an sich hatte: Dadurch, dass er das Gefühl kannte, konnte er es auch bei anderen Menschen erkennen, und zwar besonders gut bei denjenigen, die es am meisten zu verstecken suchten. Etwas im Blick der Gastwirtin, ein bestimmter Zug um den Mund, verriet ihm, dass sie nicht glücklich war. Natürlich ging ihn das überhaupt nichts an. Und doch wusste er schließlich besser als jeder andere, was es hieß, am Ende der Suche nach Glück mit leeren Händen dazustehen.
Nachdem Andrew kurz geduscht und sich rasiert hatte, zog er sich an und schlenderte die
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