Hotzenplotz 3
mehr“, sagte Großmutter. „Kannst du mir bitte verraten, wie man bei dem Geschnarche schlafen soll?“
„Du könntest dir ja die Ohren mit Watte vollstopfen“, meinte Kasperl. „Oder du nimmst ein Schlafmittel. Hast du nicht Baldriantropfen im Küchenschrank?“
„Baldriantropfen? — Gut, ich versuche es mal damit. Wenn es Seppel bis morgen nicht besser geht, muß der Doktor her.“
Kasperl war froh, als er hörte, wie Großmutter sich entfernte. Auch er hätte Baldriantropfen nötig gehabt, denn Hotzenplotz schnarchte lustig weiter.
Worauf hatten Seppel und er sich da eingelassen!
Kasperl hielt sich die Ohren zu. Es glückte ihm mit der Zeit, wieder einzuschlafen — doch leider erschien ihm die Fee Amaryllis kein zweites Mal: und er hätte doch gar zu gern noch von ihr gehört, welches Kraut sie gemeint hatte.
Es mußte wohl an den Baldriantropfen liegen, weil Großmutter sich am anderen Morgen weder vom Rasseln des Weckers stören ließ, noch vom Klingeln der Zeitungsfrau. Den Freunden war es nur recht, daß sie heute länger ausschlief als sonst. Zum Frühstück setzten sie Hotzenplotz zwölf gebratene Eier vor. Hernach packte Kasperl ein Brot für ihn ein, ein Stück Speck, ein Stück Käse und eine geräucherte Kümmelwurst.
„Damit Sie uns nicht verhungern, Herr Hotzenplotz — und jetzt kommen Sie bitte, wir müssen Sie umquartieren. Wenn Seppel und ich aus dem Haus gehen, könnte es sein, daß Großmutter Sie hier oben entdeckt.“
„Wieso?“
„Weil sie jeden Morgen heraufkommt, die Betten lüftet und alles aufräumt.“
„Dann werde ich eben so lange im Schrank verschwinden“, schlug Hotzenplotz vor.
„Da kennen Sie Großmutter aber schlecht! Einen Blick in den Schrank tut sie allemal.“
„Und wenn ich mich unterm Sofa verkrieche?“
„Dort stöbert Sie Großmutter mit dem Besen auf, wenn sie ausfegt.“
Hotzenplotz stieß einen Fluch aus.
„Großmutter wird mir langsam unheimlich! Habt ihr denn keinen Winkel im ganzen Haus, wo man vor ihr sicher ist?“
Kasperl und Seppel führten ihn in den Kartoffelkeller.
„Heute ist Freitag“, erklärte Kasperl. „Da gibt es zu Mittag bei Großmutter Apfelstrudel mit Zimt und Zucker.
„Was hat das mit mir zu tun?“
„Mehr als Sie glauben, Herr Hotzenplotz!“
Kasperl hatte sich alles genau überlegt.
„Weil man zum Apfelstrudel keine Kartoffeln braucht, wird es Großmutter heute bestimmt nicht einfallen, in den Kartoffelkeller zu gehen. Ist das nicht klar wie Schuhwichse?“
Hotzenplotz war nicht gerade erbaut von dem neuen Versteck. Es war finster hier unten und kühl — und wie muffig roch es in diesem Kellerloch! „Wenn ich wenigstens ab und zu eine Prise Schnupftabak nehmen könnte...“
„Bloß nicht, Herr Hotzenplotz!“
Kasperl wehrte mit beiden Händen erschrocken ab.
„Essen Sie lieber von Zeit zu Zeit ein Stück Brot und ein bißchen Speck — oder schnuppern Sie an der Kümmelwurst! Es dauert ja höchstens bis heute abend !“
„Wenn Großmutter aber trotzdem kommt?“
„Dann kriechen Sie unter die leeren Kartoffelsäcke und tun keinen Mucks — dort wird niemand nach Ihnen suchen.“
„Ist gut“, brummte Hotzenplotz. „Haltet ihr mir den Daumen?“
„Das sowieso!“
Kasperl und Seppel schlossen den Keller von außen ab. Sie holten den Gartenschlauch aus dem Schuppen und setzten die Wege um Großmutters Haus unter Wasser: selbst Wasti mit seiner Spürnase sollte nicht merken daß Hotzenplotz in der Nähe war.
Dann legten sie einen Zettel aufs Küchenfenster:
Eigentlich hatte Kasperl sich vorgenommen, Seppel davon zu berichten, daß ihm die Fee Amaryllis im Traum erschienen war; aber nun hatten sie andere Dinge im Kopf, und die waren entschieden wichtiger.
An Frau Schlotterbecks Gartentor trafen sie mit Herrn Dimpfelmoser und Wasti zusammen, die beide in höchster Eile waren.
„Jetzt geht es dem Räuber Hotzenplotz an den Kragen! Der Bursche kann sich auf was gefaßt machen, wenn wir zwei ihn erwischen — und wir erwischen ihn!“
„Dann viel Glück!“ meinte Kasperl. „Wo wollen Sie mit der Jagd denn beginnen?“
„Im Wald bei der Räuberhöhle. Dort nehmen wir seine Spur auf — und spätestens heute abend sitzt er im Loch.“
„ Waff-waff !“ machte Wasti, wobei er voll Ungestüm an der Leine zerrte. „Für mich und die Polizei ist das eine Kleinigkeit.“
Frau Schlotterbeck saß im Lehnstuhl neben dem Fenster, umwölkt von Zigarrenrauch; kaum daß sie Kasperls und Seppels
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