Hotzenplotz 3
Gruß erwiderte.
„Bitte, Frau Schlotterbeck — Seppel und ich hätten ein paar Fragen an Sie...“
„Ein paar Fragen?“
„Wir müssen herauskriegen, wer Ihre Kugel tatsächlich gestohlen hat.“
Frau Schlotterbeck schob die Zigarre aus einem Mundwinkel in den anderen.
„Hotzenplotz ist es gewesen — und niemand sonst!“
„Wer sagt das?“
„Die Polizei sagt es — und ich auch. Räuber bleibt Räuber!“
„Seppel und ich sind da anderer Ansicht“, entgegnete Kasperl. „Herr Dimpfelmoser ist nicht der Doktor Allwissend. Sie sollten mal Ihre Karten um Rat fragen.“
„Meine Karten?“ Frau Schlotterbeck winkte traurig ab. „Man kann zwar für andere Leute wahrsagen, aber nicht für sich selber. Ob Karten, ob Kaffeesatz: wo es um meine eigenen Dinge geht, ist da nichts zu machen.“
„Schade!“ rief Kasperl. „Dann müssen wir eben Zusehen, ob Sie uns nicht auf andere Weise helfen können! Was haben Sie denn Herrn Dimpfelmoser schon alles zu Protokoll gegeben?“
Frau Schlotterbeck schnippte die Asche von der Zigarre.
„Muß ich euch wirklich die ganze Geschichte noch einmal erzählen?“
„Auf jeden Fall!“ sagte Seppel.
„Na schön — dann hört zu!“
Frau Schlotterbeck schloß die Augen und sammelte ihre Gedanken.
„ Vorgestern abend “, begann sie, „habe ich die Kristallkugel auf dem Tisch in der Wohnstube liegen lassen — der Einfachheit halber. Ihr wißt ja, daß ich Herrn Dimpfelmoser versprochen hatte, die Überwachung des Räubers am Morgen fortzusetzen.“
„Wollten Sie nicht den Wecker eigens auf vier Uhr früh stellen?“ fragte Kasperl.
„Das war ja der große Fehler!“
„Wie sollen wir das verstehen, Frau Schlotterbeck?“
„Weil es um diese Stunde im Herbst noch dunkel ist — und das hatte ich nicht bedacht.“
Sie tat ein paar Züge an der Zigarre, bevor sie mit einem Seufzer fortfuhr:
„Da ich schon einmal wach war, habe ich Wasti das Frühstück zurechtgemacht: gelbe Rüben mit Zwiebelringen und Petersilie, eine ganze Schüssel voll. Dann habe ich ihm die Haustür geöffnet, wie jeden Morgen, und habe mich in den Lehnstuhl gesetzt, um das Tageslicht abzuwarten.“
„Und dann?“ fragte Kasperl.
Frau Schlotterbeck senkte den Blick.
„Nun ja — ich bin eingeschlafen“, gestand sie den Freunden. „Und als ich erwachte, es mag gegen neun gewesen sein, war die Kugel vom Tisch verschwunden. Hotzenplotz muß sie mir unterdessen gestohlen haben.“
„Und Wasti? Wieso hat er nicht gebellt?“ hakte Kasperl ein. „Er hätte den Räuber doch fassen müssen!“
Frau Schlotterbeck griff nach dem Aschenbecher und drückte den Rest der Zigarre aus.
„Wenn ich schlafe, dann schlafe ich. Kann es nicht sein, daß auch Wasti sich nach dem Frühstück noch einmal zur Ruhe gelegt hat? Wer will ihm das übelnehmen, dem braven Hündchen!“
Kasperl und Seppel machten Frau Schlotterbeck klar, daß sie das Haus von Grund auf durchsuchen mußten. Es konnte ja sein, daß Herrn Dimpfelmoser ein wichtiger Hinweis entgangen war.
Der Witwe war alles recht. „Hauptsache, daß die Kugel gefunden wird! Ohne sie bin ich eine Würstelfrau ohne Würstel — falls ihr versteht, was ich damit sagen will.“
Kasperl und Seppel durchsuchten das Haus vom Dachboden bis zum Keller. Sie guckten in jeden Schrank und in jeden Ofenwinkel. Unter Frau Schlotterbecks Lehnstuhl schauten sie nach, in der Wäschetruhe, im Nähkörbchen, in der Zigarrenkiste und auf dem Wandbord, wo das Geschirr stand.
Es ging schon auf elf, und noch immer hatten sie nichts entdeckt - da kam Großmutter angerannt.
„Polizei!“ rief sie. „Polizei! Ist Herr Dimpfelmoser nicht hier? Ich muß eine Anzeige machen, man hat mich bestohlen, ich bin beraubt worden! Polizei! Polizei!!“
Sie war vollkommen aus dem Häuschen, Kasperl und Seppel rückten ihr einen Stuhl zurecht.
„Erst mal hinsetzen, Großmutter — und dann schön mit der Ruhe!“
Großmutter pustete sich das Haar aus der Stirn.
„Dieser Hotzenplotz! Ist der Kerl doch in meinem Garten gewesen und hat mir...“
Sie schnappte nach Luft.
„Zwei Kürbisse hat er mir vom Kompost gestohlen!“
„Zwei — Kürbisse?“
„Vorgestern waren noch alle zwanzig da — und jetzt fehlen zwei! Zwei von den kleineren.“
„Hast du sie etwa gezählt?“ fragte Kasperl.
„Ich zähle sie jeden zweiten Tag“, sagte Großmutter. „Ist es nicht eine Schande, daß Hotzenplotz frei herumläuft und Kürbisse stiehlt? Herr Dimpfelmoser muß
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