Hotzenplotz 3
gegen Recht und Gesetz ertappe, landen Sie wieder dort, wo Sie hingehören — nämlich im Loch: daß das klar ist!“
Hotzenplotz legte den Kopf schief.
„Sie werden es mir nicht glauben — aber ich habe mich fest entschlossen, ein ehrlicher Mensch zu werden. Auf Räuberwort!“
„Sonst noch was?“ schnauzte Herr Dimpfelmoser. „Machen Sie daß Sie mir aus den Augen kommen!“
Hotzenplotz streckte die Hand aus. „Erst den Entlassungsschein!“
„Da!“ rief Herr Dimpfelmoser. „Scheren Sie sich damit zum Teufel! Und denken Sie immer daran, daß es Mittel und Wege gibt, Sie auf Schritt und Tritt polizeilich zu überwachen: beispielsweise mit Hilfe einer gewissen Dame und ihrer Kristallkugel.“
„Haben Sie nicht gehört, daß ich Schluß mache mit der Räuberei?“ fragte Hotzenplotz. „Wie oft muß ich Ihnen das sagen, bis Sie begreifen, daß es mir damit ernst ist? Leben Sie wohl, alle miteinander!“
Er schob den Entlassungsschein in die Westentasche, dann tippte er an den Hut und verließ den Garten.
Kasperl und Seppel, Herr Dimpfelmoser und Großmutter blickten ihm nach, und sie kamen sich einigermaßen belämmert vor, alle vier — da schreckte sie plötzlich ein schrilles Klingeln aus ihren Gedanken auf.
Herr Dimpfelmoser erbleichte bis in die Schnurrbartspitzen.
„Mein Fahrrad!“ rief er. „Hotzenplotz hat mir das Fahrrad gestohlen — und dies nun bereits zum zweitenmal !“
Die Aufregung war, wie sich zeigen sollte, völlig umsonst gewesen. Kasperl und Seppel wollten gerade lossausen, um die Verfolgung des Räubers aufzunehmen, als Hotzenplotz freiwillig in den Garten zurückkam. Er brachte das Fahrrad geschoben und lehnte es gegen die Hausbank.
„Sie hatten vergessen, es abzuschließen, Herr Hauptwachtmeister. Da habe ich mir gedacht, daß es besser ist, wenn ich es Ihnen hereinstelle.“
Damit lüftete er den Räuberhut und empfahl sich endgültig.
Herr Dimpfelmoser stand da wie vom Schlag gerührt. Es dauerte eine halbe Minute und siebenunddreißig Sekunden, bis er die Sprache wiederfand; und obzwar er im Dienst und ein pflichtbewußter Beamter war, sagte er: „Darauf Großmutter, brauche ich, bitteschön — einen Schnaps.“
Großmutter fand, daß sie auch einen Schluck vertragen könnte, „weil das die Nerven so schön beruhigt.“ Während sie schon ins Haus eilte, wandte Herr Dimpfelmoser sich Kasperl und Seppel:
„Lauft zu Frau Schlotterbeck“, trug er den beiden auf, „und bestellt ihr, ich würde euch auf dem Fuße folgen. Sie soll in der Zwischenzeit alles vorbereiten, damit ich sofort mit der Überwachung des Räubers beginnen kann.“
Er wollte das Fahrrad abschließen, konnte jedoch in seinen vielen Taschen den Schlüssel nicht finden. Da band er es kurz entschlossen mit einem Stück Bindfaden an der Hausbank fest.
„Vier dreifache Doppelknoten müßten genügen, schätze ich.“
Nachdem er die Knoten geknüpft hatte, ging er auch ins Haus.
„Prost!“ riefen Kasperl und Seppel ihm nach.
Dann flitzten sie los zu Frau Schlotterbeck, und zwar auf dem kürzesten Weg: durch das hintere Gartentürchen, dicht am Kompost vorbei.
„Ob Wasti wohl so was frißt ?“ fragte Kasperl mit einem Seitenblick auf die Kürbisse.
„Warum nicht?“ meinte Seppel. „Probieren geht über Studieren.“
Zwei von den kleineren Kürbissen nahmen sie mit. Daß Großmutter sie gezählt hatte, konnten sie ja nicht ahnen; und daß es sich noch dazu um besondere Kürbisse handelte, daran hätten sie nicht im Traum gedacht: so gut hatte Großmutter das vor ihnen geheimgehalten .
Frau Schlotterbeck ließ sich wie immer Zeit. Sechs- oder siebenmal mußten Kasperl und Seppel am Gartentor läuten, bis sie sich endlich bequemte, herbeizuschlurfen . Sie war noch ein bißchen verheult im Gesicht, doch im großen und ganzen schien sie sich wieder gefaßt zu haben. „Kommt ihr schon wieder mit neuen Kräutern für Wasti?“
Sie sprach durch die Nase, als hätte sie Heuschnupfen.
„Nein“, sagte Kasperl. „Wir kommen im Auftrag der Polizei. Herr Dimpfelmoser braucht Ihre Unterstützung — hören Sie nur, was er Ihnen bestellen läßt...“
Frau Schlotterbeck schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als ihr die Freunde berichteten, was sich ereignet hatte. Obgleich sie ja eine staatlich geprüfte Hellseherin war, mußte sie zugeben, daß sie von alledem keine Ahnung gehabt hatte.
„Zeiten sind das — da kann einem angst und bange werden bei meinem Beruf!“
Sie erklärte
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