House of God
jedoch durch ständige Blutabnahmen für unzählige Untersuchungen neue Blutungen und Anämie. Großartig. Das hatte ich alles schon mit Dr. Sanders gemacht und haßte es. Zu Beginn dieses scheußlichen Verfahrens mußte ich verändertes Rattengift mit dem Spitznamen »Roter Tod« – wegen seiner Farbe und der Art, wie es die Haut zerfraß, wenn man einen Spritzer abkriegte – direkt in Sauls Venen spritzen.
»Na, dann ade, Knochenmark«, dachte ich voller Ekel.
Die zweite Notaufnahme. Er hieß Jimmy und seine Diagnose war Krebs. Jung genug, um mit Sicherheit zu sterben. Howard präsentierte mir den Fall breit grinsend, seine dicke Pfeife im Mund wie ein Fernsehdoktor: Pneumonie, vielleicht auch Leukämie. Ein Blick auf die Röntgenaufnahme von Jimmies Brustkorb zeigte, daß Howard einen riesigen Lungenkrebs übersehen hatte, der Jimmy ziemlich schnell töten würde. Während ich ihn in der Notaufnahme untersuchte und bemüht war, den nur im Weg stehenden Howard zu verscheuchen, hörte ich Hooper hinter dem Nachbarvorhang mit einem Gomer kämpfen. Sie war die dritte Aufnahme in dieser Nacht und versuchte, ihn in die Eier zu treten. Ich fragte Hooper, ob er zurechtkäme.
»Überhaupt nicht. EK . Roy, EK .«
» EK ?«
»Ehe kaputt. Wir tun zwar beide, was wir können, gemeinsame Sauna, Kalifornien-Stil, wo man dich mit heißen Eukalyptusblättern auspeitscht und dir eine Art Nacktbade-Gruppen-Therapie verpaßt. Aber ich glaube, das bringt nichts. Meine kleine Frau ist wütend, weil ich ständig hier bin und mich mit dem Tod beschäftige.«
»Du beschäftigst dich mit dem Tod?«
»Wer nicht? Dahin gehen wir schließlich doch alle.«
»Kann ich nicht leugnen, aber ich glaube, er turnt mich nicht so an wie dich. Tut mir leid, das EK ,« sagte ich und überlegte, ob mein B für Beziehung während meines
Internship
zum BK würde.
»Macht nichts«, sagte der hyperaktive
Intern,
»keine Kinder. Und in Kalifornien ist man sowieso durchschnittlich nur zwei Jahre verheiratet. Ach, eine Frage, ist es legal, wenn ich diese Frau hier gleichzeitig mit dem Versicherungsschein schon eine Obduktionserlaubnis unterschreiben lasse?«
»Wahrscheinlich ist es legal, aber ich bin nicht sicher, ob es anständig ist.«
»Klasse«, sagte Hooper, »wieder eine Autopsie. In Sausalito hat noch nie jemand was von Anständigkeit gehört. Danke. Ich will sowieso nicht länger mit der Zicke verheiratet sein. Du solltest dir mal ansehen, was ich unten in der Leichenhalle am Köcheln habe.«
»In der Leichenhalle?«
»Eine Pathologin aus Israel. Dynamit. Auf Thanatos versessen wie ich. Romeo und Julia, Mann. Bis später.«
Ich saß in der Zentrale der Notaufnahme und dachte darüber nach, wie der Leggo und der Fisch unsere Station mit den harten Brocken gesegnet hatten, mit den sterbenden Jungen wie Jimmy, wie mein Freund Dr. Sanders irgendwo draußen auf seinem letzten Ausflug zum Fischen, vor seinem letzten Herbst.
»Ist hart, das Sterben und den Tod mitanzusehen.«
Ich sah auf. Es war einer der Polizisten, der dicke Gilheeny.«
Charakterstärke«, sagte der andere, Quick, »die wächst nicht auf Bäumen.«
»Kann man auch nicht in jedem Laden kaufen«, sagte der Rothaarige. »Erziehung zur Reinlichkeit, glaube ich. Jedenfalls sagen das Freud und Cohen.«
»Wo hat ein irischer Polyp etwas von Freud gehört?« fragte ich.«
Wo? Hier natürlich, Mann, hier. In den letzten zwanzig Jahren haben wir fünf Nächte in jeder Woche hier zugebracht, in endlosen Diskussionen mit feinen, jungen, übergebildeten Männern wie Ihnen. Besser als Abendschule, breiter gespannt und nützlicher. Und wir werden auch noch dafür bezahlt, daß wir kommen.«
»Nicht nur das«, sagte Quick, »es kommen noch die vielen unterschiedlichen Gesichtspunkte dazu. In über zwanzig Jahren lernt man eine Menge. Gewöhnlich bringt uns ein Chirurg namens Gath die Neuigkeiten von der Südseite, und mit Cohen sitzen wir mitten in einer Goldmine psychoanalytischen Denkens.«
»Wer ist Cohen?«
»Ein ungewöhnlicher, witziger und ungehemmter
Resident
in der Psychiatrie«, sagte Quick. »Ein wandelndes Lehrbuch.«
»Sie müssen ihn kennenlernen«, sagte Gilheeny.
Er zog seine roten Augenbrauen zusammen, so daß sie den Rest seines dicken Gesichts in ein Grinsen mit vielen Zahnlücken zwangen, und fuhr fort: »Wir sind schon ganz ungeduldig, etwas von einem
Rhodes Scholar
wie Ihnen zu hören, einem Mann mit hohen körperlichen und geistigen Qualitäten, mit
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