House of God
stampfen, wenn sie ihm sagte, was er alles nicht erledigt hatte. Die Krönung war, daß er auf Anraten seiner Dichterin, die tief in einem analsadistischen Stadium ihrer Psychoanalyse steckte, wieder zu demselben Therapeuten stiefelte, mit dem er während seiner BMS -Zeit die Seelenqualen aufgearbeitet hatte, in die ihn sein zügelloser Zimmergenosse Norman stürzte.
Norman hatte eine elektrische Orgel, die nur ein Lied spielte:
If you knew Suzie like I know Suzie.
Alle seine Mädchen hießen deshalb Suzie, und jede war ach so beglückt, wenn sie an seine Tür klopfte und er an seine Orgel sprang, »Komm rein, Suzie«, rief und dann, wie jede Suzie entzückt bemerkte, »mein Lied.«
Es war eine schrecklich heiße und feuchte Nacht. Ich hatte Dienst und der Kleine war auch noch da. Er wollte eine seiner Patientinnen, der es sehr schlecht ging, nicht allein lassen. Ich drängte ihn, nach Hause zu gehen, später drängte ich ihn, Angel anzurufen und mit ihr auszugehen. Aber er lehnte alles ab. Towl war nach Hause gegangen, und der Kleine wußte nicht, was er mit seiner Patientin machen sollte. Ein besonderer Fall. Mrs. Risenshein, eine LAD in GAZ , der unsere Chemotherapie das Knochenmark ausgebrannt hatte, regenerierte nun keine neuen roten Blutkörperchen. Das hieß, sie würde sterben. Der Kleine fragte mich ständig, was er tun sollte. Ich war mit meinen Aufnahmen beschäftigt und damit, mich um unsere dekompensierende Station der harten Brocken zu kümmern und herrschte ihn an: »Verschwinde hier, verdammt noch mal! Ich kümmere mich schon darum. Geh nach Hause!«
»Ich will nicht nach Hause gehen. June ist zu Hause. Sobald ich da bin, fangen wir an, uns über ihren Analsadismus zu streiten.«
»Bis dann«, sagte ich und ging.
»Wo gehst du hin?«
»Aufs Klo«, sagte ich, »ich habe Dünnpfiff.« Ich zog mich ins Allerheiligste der Toilette zurück, die mit den neuesten Graffiti geschmückt war: WAS ST . FRANCIS ASSISI ? (War St. Franziskus ’ne Tunte?)
»Was soll ich machen?« jammerte der Kleine vor der Tür.
»Ruf Angel an.«
»Ich habe Angst. Warum soll ich sie überhaupt anrufen?«
Er bekam keine Antwort, kämpfte mit dem Schweigen und sagte schließlich: »In Ordnung. Oh, verdammt, das hatte ich vergessen, ich komme zu spät zur Therapie. Ich rufe sie an, wenn ich zurück bin.«
»Nein. Ruf sie jetzt an und komm nicht zurück. Ich habe heute Dienst, klar?«
Also rief er sie endlich an und lud sie ein und rannte los, um alles mit seinem Therapeuten durchzusprechen, dem er einen Fünfziger dafür zahlte, daß er ihm den Saft aus dem Schwanz herausredete. Ich saß in der Stationszentrale, von einer quälenden Grippe geschlaucht und bedrückt durch die Arbeit, die ich zu tun hatte. Die Sonne versank hinter den sich bunt färbenden Blättern, und obwohl es eine drückendheiße Spätsommernacht war, wußte ich, daß die Tage bald rauh und klar und hell werden würden, Football-Wetter, wenn man mit einer Frau im Pullover unter einer Decke hockt und sich betrinkt, um sich nicht zu erkälten, und man sie küßt und vor Kälte bibbert …
»Mrs. Biles ist vom Herzkatheter zurück«, sagte mein BMS , Bruce Levy, der Verlorene. »Die
Fellows
im Katheter-Labor haben in die Akte geschrieben, daß Mrs. Biles von ihrer Femoralis-Punktion exzessive Blutungen hat. Ich kümmere mich besser noch mal um sie, Dr. Basch. Sie könnte ein Gerinnungsproblem haben.«
Mrs. Biles hatte kein Gerinnungsproblem. Die
Fellows
in der Kardiologie schrieben immer »exzessive Blutungen«, um für den Fall eines Rechtsstreits die Akte frisiert zu haben. Tatsächlich hatte Mrs. Biles, Klein-Ottos Patientin, nicht einmal ein Herzleiden, sondern eine Schleimbeutelentzündung, wie jeder wußte, Otto eingeschlossen. Klein-Otto war hinter den großen Kröten her. Bruce Levy wiederum, der BMS , war auf dem Trip: Erfinde eine obskure Krankheit, und du bekommst eine Eins in Innerer Medizin. Warum sollte ich ihm im Weg stehen?
»Klingt interessant, Bruce. Wie willst du vorgehen?«
Bruce ratterte verschiedene Blutuntersuchungen herunter, die er machen lassen wollte.
»Moment«, sagte Jo, die noch einmal hereingekommen war, um zu sehen, ob auch alles OK sei, bevor sie sich auf den Weg nach Hause machte, wo sie nur eine einsame Frau war und nicht Admiral der Gomers im
House of God.
»Diese Untersuchungen kosten ein Vermögen. Welchen Hinweis haben Sie, daß sie ein Gerinnungsproblem haben könnte? Hast du sie zum Beispiel gefragt,
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