Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
sie wirklich nicht ganz allein unterstützen.« Die Kette blieb hängen.
Rico erstand für Naldo einen Löwen, und Naldo kaufte für Rico auch einen Löwen, aber einen größeren. Tobias handelte noch. Schließlich kam er zurück und drückte seiner Schwester ein kleines Specksteinkästchen mit Schiebedeckel in die Hand. »Hier, zur Erinnerung an die Safari.«
»Ach, ist das niedlich.« Sie war richtig gerührt. Aber nicht lange. Als sie den Deckel aufschob, schnellte ein Schlangenkopf heraus. Schreiend warf sie das Kästchen weg. »Du hinterhältiger, gemeiner Kerl, du! Ich hätte ja wissen müssen, daß an der Sache irgendwas faul ist. Ohne Hintergedanken machst du doch keinen Groschen locker! Das war eine hundsgemeine Gemeinheit …« Mit beiden Fäusten ging sie auf ihn los.
Lachend hielt er sie fest. »Stell dich nicht so an, Jule, das Ding ist doch bloß aus Plastik.«
»Und wenn schon, du weißt genau, daß ich mich vor Schlangen ekle.«
»Das ist aber kein Grund, sämtliche Handtücher abzuhängen, um damit Ritzen zu verstopfen.« Er wandte sich an seine Eltern. »Als ich heute früh aus der Dusche kam, konnte ich mich nicht abtrocknen, weil diese hysterische Zicke gestern nacht noch die ganzen Handtücher weggenommen hatte. Angeblich war der Spalt unter der Tür so groß, daß ein halbes Dutzend Schlangen gleichzeitig durchgepaßt hätte. Die hat doch wirklich ’n Rad ab.« Er klaubte sein verschmähtes Souvenir aus dem Gras. »Dann kriegt es eben Oma.«
Obwohl niemand etwas sagte, waren alle froh, als sie endlich vor der Lodge anhielten. Zuerst wurde der Schrott ausgeladen, dann durften sie auch aussteigen. Mit nicht ganz überzeugender Begeisterung bedankte sich Florian bei Mloleve für den schönen Tag. Er übersah auch nicht die hingehaltene Hand. Freundlich schüttelte er sie.
»Bakschisch«, flüsterte Tinchen.
»Ach so, ja.« Vergeblich suchte er in seiner Hosentasche. »Hab keins mehr.« Tobias mußte aushelfen. »Woher hast du eigentlich noch so viel Geld?« forschte Florian, als sie nebeneinander zur Rezeption gingen. »Du warst doch schon vor einer Woche pleite?«
»Ich habe für tausend Shilling meine Swatchuhr verscherbelt. Chicita war ganz scharf drauf.«
»Und was ist das da für eine?« Er zeigte auf Tobias’ Handgelenk.
»Karstens Ladenhüter. In Mombasa ist er doch bloß eine davon losgeworden.«
Herr Hauser erwartete sie schon. In der Lounge stehe wahlweise Kaffee oder Tee bereit, auch Sandwiches, und wie denn die Safari gewesen sei?
»Heiß, staubig und langweilig«, sagte Julia. »Kann man hier irgendwo duschen?« Die Bungalows waren natürlich schon wieder belegt.
Selbstverständlich, draußen neben dem Pool gäbe es eine.
»Haha. Oder verleihen Sie auch Badeanzüge?«
Das natürlich nicht, bedauerte Herr Hauser mit liebenswürdigem Lächeln. Im übrigen würde wohl auch die Zeit zu knapp werden, immerhin sei es schon halb fünf.
Wie es Tinchen geschafft hatte, trotzdem pünktlich und noch dazu halbwegs sauber mit gewaschenen Haaren und einem frischen T-Shirt wieder bei ihren Lieben zu sein, verriet sie nicht, Florian mußte nicht alles wissen. Schon gar nicht, daß Herr Hauser sie in den nur höheren Chargen vorbehaltenen Waschraum geführt hatte, wo sie heiß duschen konnte. Und von dem Campari-Orange würde sie lieber auch nichts sagen. »Das T-Shirt hatte ich noch in meiner Tasche.«
Noch einmal kletterten sie in einen Landrover – der Panzer samt Mloleve waren aus dem Verkehr gezogen worden –, noch einmal holte sich Tinchen eine Beule, und dann kam endlich der Flugplatz in Sicht. Zwei Maschinen standen da. Tobias registrierte erleichtert, daß diesmal kein Eingeborener mit Feuerlöscher Wache schob, also würden sie wohl auch den Rückflug überleben.
Ein Wagen nach dem anderen kurvte heran, spie seine verstaubte Fracht aus und drehte wieder ab.
»Ist es egal, welche Maschine wir nehmen?« Tinchen hatte Alwin und Röschen in die erste steigen sehen und ging sofort auf die andere zu. »Sie werden ja wohl beide nach Mombasa fliegen.« Zwar hätte sie gern gewußt, auf welche Weise Röschen ihrer freiwilligen Einzelhaft entkommen war, doch die Aussicht auf die dann folgende einstündige Jeremiade hielt sie davon ab.
Der Pilot war ein maulfauler Engländer. Mit auffordernden Handbewegungen scheuchte er seine Passagiere in die Maschine, deutete schweigend auf die obligatorische Holzkiste hinter seinem Sitz, wo die Getränke lagerten, und verschwand hinter
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