Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Haut, nur der Rotweinfleck vorne auf dem Bauch störte etwas. Na schön, dann mußte sie eben statt des schmalen Gürtels einen Schal drumbinden und so drapieren, daß man den Fleck nicht mehr sah. »Flori, was paßt zu Gelb?«
»Grün«, sagte er sofort, wobei er an Spiegeleier mit Spinat dachte, ein nur von ihm geschätztes Mittagessen, für das er seine Sippe auch nach zwanzig Jahren noch nicht begeistern konnte. Deshalb kam es auch so selten auf den Tisch. Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt, Tine«, begann er. »Du warst vorhin schon weg, als dieses neue Ehepaar zum Frühstück kam. Die sitzen an Backgammons ehemaligem Tisch, deshalb hatte ich sie auch genau im Blick. Anscheinend haben sie sich ihr Englisch nach der Do-it-yourself-Methode beigebracht, und ihr Pech war, daß sie den kleinen schmächtigen Kellner gekriegt haben, der gerade erst hier angefangen hat. Jedenfalls dauerte es eine Ewigkeit, bis sie begriffen hatten, daß man Frühstückseier extra bestellen muß. Und da ordert die Frau doch tatsächlich two mirror-eggs. Natürlich hat der arme Kerl nicht verstanden, was sie meinte, und weil sie ihn vermutlich als schwerhörig einstufte, hat sie auf die Serviette ein Ei gemalt und ihren Taschenspiegel danebengelegt.«
»Das darf doch nicht wahr sein!«
»Ist aber wahr«, beteuerte Florian. »An sich hätte ich ja gern abgewartet, wie die Sache weitergeht, aber mir hat der Kellner leid getan. Er war schon ganz verzweifelt. Ich bin dann rübergegangen und habe ihnen verklickert, weshalb sie in Zukunft lieber fried eggs bestellen sollen, wenn sie Spiegeleier haben möchten.«
»A propros Eier«, erinnerte Tinchen, »was ist eigentlich aus eurem Experiment geworden? Hat Karsten seine Wette gewonnen?«
Einen Augenblick lang mußte Florian nachdenken, dann fiel es ihm wieder ein. »Ach das?« Er schmunzelte. »Einen Gewinner hat es nicht gegeben, weil das Resultat offengeblieben ist. Als wir nach einer Stunde nachsehen wollten, ob die Eier fertig sind, haben wir nichts mehr gefunden. Der Stein war knochentrocken.«
»Wahrscheinlich sind sie verdunstet.«
»Nee, die Katzen haben sie gefressen!« Erst jetzt bemerkte er Tinchens sonderbares Treiben. »Willst du etwa schon Koffer packen?«
Sie hatte das gelbe Kleid auf dem Bett ausgebreitet und alle erreichbaren farbigen Tücher danebengelegt. »Pink würde am besten passen, aber ich kann mir ja wohl kaum ein Handtuch in den Ausschnitt stecken.«
Florian zog sie weg. »Laß das bis nachher. Wir gehen jetzt erst mal zum Strand. Ich habe für halb elf eins von den Minisegelbooten gemietet, damit gehen wir auf große Fahrt.«
Tinchen protestierte. »In so eine Babybadewanne steige ich nicht, schon gar nicht mit dir! Du kannst doch nicht mal Steuerbord von Backbord unterscheiden.«
»Backbord ist immer hinten, das sagt schon der Name.«
»Nein, das nennt man Heck.«
»Ist doch völlig egal, wie das heißt, jedenfalls ist vorne da, wo die Spitze ist, und in diese Richtung müssen wir immer fahren. Wo siehst du also das Problem?«
Das sah Tinchen ganz woanders, nämlich in der Tatsache, daß weder sie noch Florian jemals ein Segelboot gesteuert hatten. Mitgeschippert waren sie schon, damals auf dem Mittelmeer, hatten sich als Galionsfiguren die Sonne auf den Pelz brennen lassen, während Sergio sich mit dem ganzen technischen Kram herumschlagen und ständig an irgendwelchen Strippen ziehen mußte. Aber wenigstens hatte er etwas von der Sache verstanden und sie auch wieder heil an Land gebracht, was Tinchen ihrem Mann nicht so recht zutraute. Trotzdem ließ sie sich auf das Abenteuer ein.
Sehr stabil sahen diese Bötchen wirklich nicht aus. Genaugenommen bestanden sie aus einem blauen Plastikunterteil mit einer Vertiefung in der Mitte, in der gerade zwei Personen Platz fanden. An den Mast kam ein Surfsegel, hinten wurde ein Steuer eingehängt, dann war der Kahn startklar.
Nach einer kurzen Unterweisung, wie man mit der Leine und der Ruderpinne umzugehen hatte, überließ Nicodemus die beiden Skipper ihrem Schicksal. Nachdem sie sich ein paarmal im Kreis gedreht und immer noch Sand unter dem kaum vorhandenen Kiel hatten, stakste er wieder ins Wasser. Es reichte ihm gerade bis zum Knie. Kurzerhand schmiß er Tinchen aus dem Boot, stieg selber ein und erteilte dem Massa eine Schnellbleiche in Segelkunde. Vom sicheren Ufer aus sah Tinchen zu, wie Florian das Segel in den Wind drehte, immer wieder den Kurs änderte und
Weitere Kostenlose Bücher