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Huehnerhoelle

Huehnerhoelle

Titel: Huehnerhoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Beckmann
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in seinem Nacken.
    Â»Ah, als Pflegerin, interessant«, sagte Kevin und ließ sich auf dem Sofa nieder, das eine schwarze Wolldecke mit gelben Tigerstreifen zierte. Er dachte an seine neue Freundin, Melanie, die als Krankenschwester in der Uniklinik arbeitete. Er hatte Melanie per Internet kennengelernt. Über das Asex-Portal, in dem sich dankenswerterweise die Asexuellen der Nation tummelten, sich gegenseitig Mut zusprechen und Kontakt miteinander aufnehmen konnten. So wie er und Melanie vor gut einem Jahr.
    Doch Wagner korrigierte ihn. »Nee, Corinna arbeitet dort auch als Putze hin und wieder.«
    Â»Wie im Golfhotel?«
    Â»So isses. Als Verkäuferin früher musste sie doppelt so viel arbeiten und hatte am Ende weniger als jetzt«, verriet Wagner mit einem Blick ›unter uns‹ und stiefelte nach nebenan, um in der Küche den Kaffee für sie zu machen.
    Das Hohelied der Schwarzarbeit, dachte Kevin. Das kam eben heraus, wenn man das ganze Land zum Billiglohnsektor erklärte und der sogenannte Mindestlohn mindestens Hohn war. Kevin konnte sich unendlich über derlei ärgern, er war gewerkschaftlich aktiv und politisch hellwach. Eine Weile hatte er sogar davon geträumt, beruflich in die Politik zu gehen, aber nachdem man ihn mehrfach schon bei den Jugendsekretärswahlen übergangen hatte, ließ er die Pläne fallen, Deutschlands auffälligstes politisches Schwergewicht werden zu wollen.
    Er führte ein wenig seinen Blick spazieren. Das Wohnzimmer war zugleich Ess- und Fernsehzimmer, wie der lang gestreckte Esstisch am Fenster drüben und das große schwarze Rechteck, der Flachbildschirm an der Wand gegenüber, zeigten. Wechselrahmen mit Wagners Ausbildungsjahrgang und weiteren uniformierten Kollegen, Familienfotos, kleine Glasfiguren, vor allem Tiger in verschiedenen Größen, und andere Nippes hier und da, alles ganz ›normal‹, wie man in der Gegend gern sagte. Nur’s Kind fehlte noch, Jan oder Janne.
    Wagner kam mit zwei schlanken hohen Bechern zurück, die er auf dem Glastisch in der Mitte der hellbraunen, wildledernen Sitzgruppe abstellte. Instant-Muckefuck, nicht gerade die selbst gebrühte ›Leckertass‹, die Kevin erwartet hatte, das Gebräu schmeckte bitter und ledrig, als hätte Wagner eine Schuhsohle darin aufgelöst.
    Wagner fing, kaum dass er sich Kevin gegenüber platziert hatte, ganz von selbst mit dem Thema des Tages an. »Der Kock, Mannomann, dass es den erwischt hat. Dabei hab ich ihn gestern Abend noch gesehen.«
    Â»Im Brooker Hof, meinen Sie?«
    Wagner nickte, schüttelte den Kopf, nickte wieder, schlürfte seine Leckertass.
    Die Absicht war offensichtlich. Wagner wollte jetzt, da Hufeland außer Gefecht war, seinen Fehler rasch vergessen machen. Entweder, weil’s ihm peinlich war. Oder weil er etwas zu verbergen hatte, überlegte Kevin Kuczmanik.
    Â»Es heißt, Wilhelm Kock soll die Kneipe gegen halb neun verlassen haben«, konfrontierte er Wagner mit der Aussage der Wirtin.
    Wagner zuckte die Achseln.
    Â»Wann sind Sie eigentlich gegangen?«, fragte Kevin ihn ganz unverhohlen.
    Â»Na, bald nach dem Ärger, den es wegen Kock gegeben hat.«
    Â»Am Stammtisch?«
    Â»Ja. – Nein! Wilhelm Kock gehörte natürlich nicht zu unserem Stammtisch. Wir haben gekartet …«
    Â»Ge-was?«
    Â»Na, Karten gespielt. Der Leichwart, dann Paul, also Paul Lanfermann, Kamphues und ich.«
    Â»Kamphues, Ihr Bürgermeister im Ort?«
    Â»Ja, Josef Kamphues, richtig.«
    Komische Vorstellung, dachte Kevin, dass ein so kleiner Ort wie Vennebeck noch immer nicht einverleibt worden war, sondern als selbstständige Gemeinde auch einen eigenen Bürgermeister stellte. Das zeigte, wie weit vom Schuss Vennebeck entfernt lag. Zu weit jedenfalls, um von irgendeinem der größeren Orte in der Region geschluckt zu werden.
    Â»Der Kock, also Kock senior jetzt«, fuhr Wagner fort, »der schlich den Abend immer schon so um unseren Tisch herum. Kommentierte das Spiel, unsere Blätter und so weiter.«
    Â»Und das nervte«, schob Kevin ein.
    Â»Und wie das nervte, Mann! Na ja, es war dann natürlich Kamphues, der ihn als Erster anpfiff, er solle sich vom Acker machen.«
    Â»Wieso natürlich Kamphues?«
    Wagner machte eine wegwerfende Geste. »Ach, die beiden können sich nicht ausstehen. Dabei waren sie früher mal die dicksten Kumpel. Schon

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