Huehnerhoelle
seit der Schulzeit, die beiden sind ja ungefähr gleich alt. â Ich meine: waren, was Kock betrifft.«
Wagner stand plötzlich auf. »Kommen Sie mal, ich zeig Ihnen was!«
Er führte Kevin Kuczmanik zum Wohnzimmerfenster, zog die weiÃe Gardine zur Seite und deutete mit dem Finger auf ein wuchtiges Wohnhaus mit Walmdach am Kopfende der StraÃe, das die anderen um ein ganzes Stockwerk überragte. »Das ist das Haus vom Kamphues. Vor fünf Jahren frisch gebaut. So ziemlich das jüngste hier in der Ecke.«
»Und das gröÃte«, sagte Kevin Kuczmanik.
»Sicher. Ein Dreifamilienhaus. In den unteren Etagen wohnt Kamphues senior, also unser Bürgermeister. Oben sollte sein Sprössling einziehen, um später das ganze Haus zu erben. BloÃ, dem jungen Kamphues stinktâs natürlich, der will partout nicht einziehen. Wohnt lieber zur Miete irgendwo in Münster, bei guter Stadtluft.«
Vor fünf Jahren, überlegte Kevin Kuczmanik, das hieà ein Jahr, bevor Kocks Hühnermastanlage in Betrieb ging. »Kock hat also auch seinen besten Kumpel Kamphues übers Ohr gehauen?«
»Ihn besonders! Wir anderen wohnten meist ja schon hier. Aber Kamphues hat neu gebaut. Auf dem Grundstück, das Kock ihm verkauft hat. Garantiert günstig. Denn der Kamphues hat in der Verwaltung kräftig dafür gesorgt, dass Kock seine Hühnermast ohne Probleme, ohne Auflagen et cetera, bauen konnte. Das kann Ihnen hier jeder bestätigen.«
»Aber warum hat er das getan, wenn er doch selbst gleich gegenüber der Anlage sein Haus bauen wollte?«
»Der Kock hat ihn getäuscht! Er hat dem Kamphues â wie uns allen hier im Ort! â weisgemacht, dass man seine Viecher in der Anlage weder sehen, riechen noch hören würde. Hat da so ein paar Agrarexperten angeschleppt, die ihm das bescheinigt haben.« Wagner sah Kevin dabei mit einem langen Blick an und zog ironisch an einem Augenrand.
»Und der Kamphues hat das geglaubt? Einfach so? Wie Sie alle?«, wunderte sich Kevin immer mehr.
»Was den Kamphues betrifft: Wenn Sie fürân Appel und ân Ei ein Grundstück angeboten bekommen, das Sie auf Ihre alten Tage noch standesgemäà mit dem gröÃten Haus weit und breit bebauen können, glauben Sie gern mal solchen Unsinn.« Er seufzte und legte eine kleine Pause ein, bevor er fortfuhr. »Und ich muss ehrlich sagen, wir im Ort haben Kocks Pläne damals alle nicht besonders ernst genommen. Jeder ist halt mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt. Ist doch so! Da achtet man nicht so drauf, was ein Bauer drüben auf der anderen Seite der UmgehungsstraÃe für Hallen baut. Und was da drin passiert.«
»Heute ist das aber anders«, stellte Kevin trocken fest und dachte an die unzähligen Plastikhühner und Protestplakate in den Vorgärten von Vennebeck.
Wagner nickte zustimmend. »Tja, heute schon. Wir sind getäuscht worden. Und natürlich sauer.«
» Stink sauer«, konnte sich Kevin nicht verkneifen.
Wagner setzte eine kampflustige Miene auf. »Aber bald stehen wieder Bürgermeisterwahlen an. Da bekommt der Kamphues von ganz Vennebeck die Rechnung präsentiert. Das garantiere ich Ihnen!«
»Ich dachte, der Kamphues wäre Ihr Skatbruder«, stichelte Kevin.
»Was hat das denn damit zu tun, dass er als Bürgermeister ein Versager ist!«, zog Wagner jetzt rücksichtslos Bilanz. »Geldgeil wie alle anderen, die sich von Kock haben einseifen und kaufen lassen.«
»Sagen Sie, Herr Wagner, wann hat Kamphues eigentlich die Kneipe verlassen? Können Sie sich erinnern?«
Wagners Handy klingelte, er nahm es aus der Halterung. »Als ich gegangen bin«, antwortete er, indem er bereits aufs Display schaute, »war Kamphues noch im âºHofâ¹. Stand an der Theke mit Lanfermann. Fragen Sie ihn am besten selbst. Der hockt sicher noch im Gemeindehaus und schaukelt die Eier.« Er nahm ab. »Ja, Wagner. Ach, Silke, was gibtâs?«
Er hörte eine Weile zu, nickte dann bedächtig und sagte: »Einer von denen ist noch da. Hier in meinem Büro, ja«, schob er ganz selbstverständlich nach. »Wie du meinst, Silke. Dann komme ich jetzt zu dir. Bis gleich.«
Er tippte mit dem Finger gegen sein Handy und sagte: »Das war Silke Kock. Sie will eine Anzeige machen.«
»Jetzt also doch«, sagte Kevin.
»Sie will Ihren Chef
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