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Huete dich vor deinem Naechsten

Titel: Huete dich vor deinem Naechsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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hergekommen war, und stellte mir vor, meine Entführer hätten meinen gemieteten Mercedes in eine dieser verborgenen Garagen gelenkt. Nun war ich hinter den Mauern der alten Stadt verschwunden. Jack würde mich nie finden. Panik und Wut machten sich in mir breit. Ich kämpfte noch ein paar Minuten mit meinen Fesseln, bis mir klar wurde, dass ich nicht allein war.
    Er saß in einer Ecke außerhalb des Verschlags, in der Dunkelheit verborgen. Ich brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um ihn zu erkennen.
    Weißt du, ich wollte wirklich nicht, dass es so weit kommt. Ich habe dich gewarnt. Du hättest mich gehen lassen sollen. Er hustete. Feuchte Luft hatte er nie vertragen.
    Wie kommst du darauf? Kennst du mich so schlecht?
    Ich hatte es trotzdem gehofft, Isabel. Ich hatte gehofft, du verstehst es.
    Warum hast du mir das angetan? Ein rebellisches Schluchzen, das ich nicht unterdrücken konnte. Ich habe dich geliebt. Hast du mich je geliebt?
    Natürlich habe ich dich geliebt. Ich wäre geblieben, wenn es irgendwie machbar gewesen wäre.
    Entsprach irgendwas von dem, was du mir über dich erzählt hast, der Wahrheit?
    Nein. Nichts.
    Erklär es mir jetzt.
    Warum?
    Das bist du mir schuldig, oder? Ich weiß nicht einmal, wie ich dich nennen soll.
    Nenn mich Marcus. In dem Leben, das wir geteilt haben, hieß ich so. Mehr zählt nicht.
    Erklär es mir.
    Da gibt es nichts zu erklären. Er klingt kühl und gelangweilt. Mein Vater ist gestorben, meine Mutter konnte sich nicht um meinen Bruder und mich kümmern. Entweder hatte sie keine Lust oder kein Geld mehr. Spielt es eine Rolle? Man brachte uns in das Waisenheim, das du besucht hast. Wir waren alt genug, um zu begreifen, dass sie uns verlassen hatte. Ich hatte eine einsame Kindheit.
    Er rutschte auf seinem Sitz herum, einziges Anzeichen dafür, dass die Erinnerung ihm unangenehm war, dass sie ihm vielleicht weh tat.
    Aber wir haben es überstanden. Wir haben überlebt, der Kommunismus nicht. Ivan und ich wanderten in die USA aus. Ich bewarb mich an der Uni, bekam ein Stipendium und ein Studentenvisum. Ivan reiste mit einem Arbeitsvisum ein, aber die Firma, die ihn beschäftigte, war illegal. Ivan war immer schon ein Kleinkrimineller. Selbst als Kind hat er geprügelt und geklaut …
    Ich interessiere mich nicht für Ivan.
    Was willst du wissen?
    Fang mit Marcus Raine an.
    Er überlegte und holte tief Luft.
    Ich wollte, was er hatte. Sein Geld, seine Freundin. Ich habe es mir genommen.
    Wie?
    Ich habe Camilla verführt. Sie war in Marcus Raine verliebt - oder in sein Geld. Ich weiß es nicht. Aber er hatte vor, nach Tschechien zurückzukehren. Er wollte mit dem Geld, das er in den USA verdient hatte, in Prag eine Firma gründen. Er war aus den gleichen Gründen nach Amerika gekommen wie ich - um zu arbeiten und reich zu werden. Aber er wollte wieder in seine Heimat, um ihr was zurückzugeben. Er fand es wichtig, dass nicht alle jungen, intelligenten Menschen das Land verlassen. Geht in die Welt hinaus, nutzt die Gelegenheiten, verdient Geld und kommt anschließend in die Tschechische Republik zurück. Aber Tschechien war der letzte Ort, an dem Camilla leben wollte.
    Ich wusste, was sie wollte. Ich versprach es ihr. Sie besorgte mir einen Schlüssel zu Marcus Raines Apartment und lotste mich an seinem Portier vorbei. Und dann habe ich ihn umgebracht - na ja, genauer gesagt Ivan. Ivans Geschäftsfreunde haben uns die Leiche abgenommen, sie wurde in Queens eingeäschert. Das perfekte Verbrechen. Ich nahm sein Leben … seine Identität, sein Geld. Es war tatsächlich ganz einfach.
    Ich erklärte Camilla, dass wir für eine Weile getrennte Wege gehen müssten, weil wir uns sonst verdächtig machen würden. Und dann lernte ich dich kennen.
    Du hast mir nachgestellt.
    Ja.
    Warum?
    Weil du Prag verstanden hast.
    Und deswegen auch dich verstehen würde?
    Vielleicht.
    Camilla hatte das Warten satt?
    Ja. Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Eine Zeit lang hielt ich sie mit dem Argument bei der Stange, dass unser Gewinn umso höher ausfallen würde. Ich gab ihr jeden Monat Geld und traf sie weiterhin. Bis sie es endlich kapiert hatte.
    Was?
    Dass ich hatte, was ich wollte. Dass ich dich liebte. Dass ich dich nicht verlassen würde, solange es nicht nötig wäre.
    Deswegen wurde sie wütend, sie hat dir Szenen gemacht und mir eine Mail geschrieben. Warum hast du sie nicht sofort umgebracht?
    Das ging nicht. Ich wusste nicht, wem sie sich anvertraut hatte. Vielleicht wollte sie zur Polizei

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