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Huete dich vor deinem Naechsten

Titel: Huete dich vor deinem Naechsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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gehen. Ich konnte es noch nicht riskieren, sie umzubringen.
    Nicht, bevor du nicht untergetaucht warst, alle Beweise vernichtet und das Geld weggeschafft hattest. Und dann hast du auch dein letztes Problem beseitigt und ihr die Kehle durchgeschnitten.
    Was immer noch riskant genug war. Aber ich fand, dass es sein musste.
    Die Millionen Fragen, die mich quälten, schossen mir durch den Kopf. Aber mir wurde schwindlig. Die Angst sowie die wiederholten Schläge auf meinen Kopf hatten mich verwirrt.
    Als du an dem Morgen gegangen bist, hast du da gewusst, dass du mich nie wiedersehen würdest?
    Nein. Ich hatte geplant, bald zu verschwinden, vielleicht sogar am nächsten oder übernächsten Tag. Aber nicht an dem Morgen.
    Was ist passiert?
    Ivan hat mich abgepasst. Nach dem Mord an Marcus Raine habe ich ihn verraten. Ich habe die Polizei angerufen und die Waffen in Ivans Apartment gemeldet. Er musste ins Gefängnis. In ihrer Wut hat Camilla ihn besucht und ihm alles erzählt. Und er hat mich gesucht. Nicht wegen des Geldes, sondern um sich zu rächen.
    Du hast diese Männer getötet, aber Ivan hast du leben lassen. Du hättest auch ihn erschießen können. Warum hast du das nicht getan?
    Isabel, das sind zu viele Fragen.
    Sag es mir.
    Aus demselben Grund, aus dem ich ihn Jahre zuvor nicht getötet habe: weil er mein Bruder ist. Ich wollte, dass er über sein Verhalten nachdenkt. Ich wollte nicht, dass er stirbt. Wozu ist das jetzt wichtig? Es ist vorbei.
    Mir ist wichtig, wie die Puzzleteile zusammenpassen. Ich muss es wissen.
    Und deswegen riskierst du dein Leben und verfolgst mich?
    Ich kann nicht aus meiner Haut.
    Dafür habe ich dich geliebt, Isabel. Du hast immer gewusst, in welche Haut du gehörst.
    Wenn du mich geliebt hast, erzählst du mir alles.
    Wieder ein Seufzen, ein weiteres Husten. Währenddessen bearbeitete ich meine Fesseln. Noch bevor er wieder zu sprechen begann, hatte ich eine Hand frei. Es war dunkel. Er konnte es nicht sehen.
    Was willst du sonst noch wissen?
    Wer ist S?
    Ich rechnete nicht mit einer Antwort, aber er gab sie mir dennoch. Sara. Eine Frau, in die ich vor Ewigkeiten verliebt war. Wahrscheinlich meine erste Liebe. Ich ließ sie in Tschechien zurück. Ich ging aufs College, sie zum Militär. Sie wurde unehrenhaft entlassen und saß im Gefängnis, weil sie einen Mann verletzt hatte, der sie vergewaltigen wollte. Die tschechische Justiz wollte es nicht anders. In den USA nahm sie Kontakt zu mir auf und gründete eine eigene Firma.
    Services Unlimited. Ein Callgirl-Ring?
    Unter anderem.
    Du hattest eine Affäre mit ihr. Sie hat dir die SMS geschickt.
    Er hob bejahend die Hand.
    Unsere Beziehung ist kompliziert. Ich habe sie geliebt, ja, aber heute gehört sie niemandem mehr.
    Sie hat unsere Firma verwüstet. Unser Zuhause. Sie hasst mich. Ich habe es in ihren Augen gesehen.
    Ein Mensch wie Sara hasst nicht. Sie war eifersüchtig und wütend, weil ich ihr verboten habe, dich zu töten.
    Hat sie den Ring deiner Mutter? Hast du ihn ihr gegeben?
    Du bist ja so naiv. Du bist ein kleines Mädchen.
    Der Ring hat deiner Mutter nie gehört.
    Natürlich nicht.
    Hat irgendwas von dem gestimmt, was du mir erzählt hast?
    Er betrachtete mich mit unverhohlenem Mitleid. Warum ist dir das so wichtig? Was wir hatten, war echt. Und jetzt ist es vorbei.
    Erklär mir, warum!
    Was hast du eben zu mir gesagt? »Ich kann nicht aus meiner Haut.«
     
    Das Gespräch hallt durch meinen Kopf, als trüge ich Kopfhörer. Ich sehe, wie die Szene sich an der gegenüberliegenden Hauswand abspielt. Jetzt höre ich noch mehr Geräusche, Stimmen, und auch Sirenen. Ein lautes, eindringliches Rattern. Schüsse? Alles scheint so fern. Der Wind ruft immer noch meinen Namen.
     
    Genug der Fragen. Er stand auf. In dem milchigen Licht schien er nur ein Schatten unter vielen zu sein. Während er geredet hatte, war es mir gelungen, mich von den Fesseln zu befreien. Sie waren schlampig angelegt worden. Er hatte mich wieder einmal unterschätzt.
    Er näherte sich und öffnete den Verschlag. Ich fragte mich, ob er mir wie Camilla die Kehle durchschneiden würde, ob ihm die Macht und die Intimität des Akts gefielen. Als er über mir stand, sprang ich auf und stieß ihn weg. Ich hörte ihn grunzen, als ich meine Schulter in seinen Unterleib rammte.
    Ich hatte ihn überrascht, und die Waffe, die er in der Hand gehalten hatte, fiel scheppernd zu Boden. Ich versuchte, mich an ihm vorbeizuzwängen, aber er erwischte den Ausschnitt meines

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