Hüte dich vor Dracula
nach der schmalen Silberkette tastete, an der mein Kreuz hing. So etwas Ähnliches hatte ich mir gedacht, aber es fiel mir nicht ein, mich wie ein Idiot in die Falle führen zu lassen.
Das Kreuz lag frei, und Reva spürte etwas von seiner gewaltigen Ausstrahlung.
Ohne daß ich etwas gesagt hätte, wich sie vor mir zurück und befahl:
»Schleudere es weg! Wirf es so weit wie möglich fort!« Ihre Stimme durchdrang die Dunkelheit wie das Zischen einer angriffsbereiten Schlange.
Ich hätte es tun können, aber so einfach wollte ich es Reva nicht machen.
Zudem hatte ich keine Lust, mich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen zu lassen.
Ich holte aus.
Reva dachte, ich würde ihrem Befehl nachkommen, sie kam auch schon näher, darauf hatte ich gewartet.
Aus dem Stand heraus sprang ich sie an. Ich hämmerte nicht das Kreuz gegen sie, eine zerstörte Reva wollte ich nicht in den Armen halten. Die linke Hand brachte ich so weit wie möglich von ihr weg, aber mit der Rechten packte ich ihre Haare und wuchtete sie gegen mich. Normal gehen konnte sie nicht. Ihre Beine schleiften über den Boden. Sie schrie wütend auf, öffnete weit den Mund und fauchte abermals wie ein Tiger.
Doch da war mein Kreuz!
Auch wenn es sie nicht berührte, so schaffte es seine Nähe allein, den Widerstand in ihr zu brechen. Es blieb beim wütenden Fauchen, einen Angriff stoppte sie.
»Na und?« fragte ich hart. »Was ist jetzt?«
»Nichts, verdammt, nichts!«
Sie war in meinem Griff erstarrt. Ich hatte sie zur Seite gezerrt und hielt das Kreuz so vor ihr Gesicht, daß sie es einfach sehen mußte. Sie stand unbeweglich. Nur ihr Mund bewegte sich. Er öffnete und schloß sich. Das Fauchen war verstummt. Kein Atem floß über die Lippen. Im Gegensatz zu mir. Da stand der Hauch als kleine Wolke vor meinem Mund.
Von der Seite her schielte ich ihre Lippen an. Im Oberkiefer standen die beiden Vampirzähne vor und warteten darauf, in einen Hals geschlagen zu werden.
»Nimm es weg!« keuchte sie. »Nimm das verdammte Kreuz weg! Es… es bereitet mir Schmerzen.«
»Das soll es auch, verdammte Blutsaugerin!«
»Du wirst damit nicht durchkommen. Niemals kannst du es schaffen, du verfluchter…«
»Halt dich ruhig, Reva! Ich bin der Stärkere. Das solltest du dir immer vor Augen halten.«
»Du schaffst es nicht. Du… du…« Ihre Stimme erstickte. Vor dem Mund erschien plötzlich heller Schaum.
»Ich habe mir vorgestellt, daß wir beide jetzt losgehen. Einfach so, verstehst du? Du öffnest die Bunkertür, dann werden wir sehen, wie es weitergeht.«
»Man wird dich…«
»Was ist mit dem Mädchen?«
»Du kannst sie sehen.«
»Das hoffe ich auch fürdich. Wenn einervon euch ihr ein Leid angetan hat, räume ich auf.«
»Laß mich los!« Sie machte nicht den Versuch, sich selbst loszureißen, das Kreuz flößte ihr einfach zuviel Respekt ein, neben ihrer Schmerzen. Ich schob sie vor. Zuerst stemmte sie sich noch gegen meinen Griff, aber sie konnte nichts tun, da mein geweihtes Kreuz stets in ihrer unmittelbaren Nähe blieb.
»Ist das Tor abgeschlossen?« fragte ich.
»Nein!«
»Dann öffne es!« Nach diesem Befehl warf ich einen Blick zu Boden und entdeckte, daß sich im Innern des Bunkers einiges geändert haben mußte. Unter dem Türspalt sickerte etwas hervor. Ein schwacher Lichtschein, der sich bewegte. Für mich ein Beweis, daß die Blutsauger Fackeln angezündet haben mußten.
»Na los, beeil dich, Reva! Ich will hier nicht festwachsen. Hast du gehört?«
»Sicher!«
Sie hatte ihre Hand bereits auf die Klinke gelegt. Bestimmt war das Metall ebenso kalt wie ihre Haut.
Ich hatte meine Erfahrungen mit Vampiren machen können. Obwohl sie Untote waren, zählten sie zu den intelligentesten Wiedergängern. Sie schafften es, sich so zu benehmen wie Menschen, sich gut zu verstecken, das war eben so gefährlich an ihnen.
Ob Mann oder Frau, bei diesen Wesen spielte das Geschlecht keine Rolle. Sie hatte die Klinke nach unten gedrückt. Ich spürte, wie sie die Tür aufreißen wollte. Dabei stemmte sie sich zurück, fast wäre sie dabei mit meinem Kreuz in Berührung gekommen.
»Willst du dich selbst umbringen, Reva?« höhnte ich. »Dann ist die Aktion D gestorben!«
»Dracula stirbt nie!« keuchte sie. »Er wird alle überleben, das kannst du mir glauben!«
»Warten wir es ab!« Die Tür quietschte entsetzlich, als Reva sie aufzog. Der Lichtspalt wurde größer, und auch das Flackern blieb. Ich war angespannt wie selten in der letzten
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