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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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und ertränken.
    Alex drehte sich zu mir um. Seine Haare waren vom Wind zerzaust. Seine Hände, die meine umfassten, fühlten sich warm und stark an. »Willow, hör mir zu«, sagte er eindringlich. »Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger ergibt das Ganze einen Sinn. Ich meine, ja klar, vielleicht wünschen die Church of Angels-Anhänger deiner Mutter den Tod. Aber warum sollten sie es auch auf deine Tante abgesehen haben? In Pawntucket wusste doch jeder, dass ihr beide nicht gerade ein Herz und eine Seele wart, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich stand zu sehr unter Schock, um zu begreifen, worauf er hinauswollte. Er hatte allerdings recht. Pawntucket war eine Kleinstadt und Tante Jo war keine Frau, die ihre Klagen für sich behielt. Es war allgemein bekannt gewesen, wie ausgenutzt sie sich vorgekommen war, weil sie für Mom und mich hatte sorgen müssen, trotz des Geldes, das ich hin und wieder mit meiner Arbeit als Wahrsagerin verdient und beigesteuert hatte.
    »Außerdem hat deine Tante geglaubt, was die Church of Angels über dich und deinen heimlichen Freund, mit dem du abgehauen sein sollst, in die Welt gesetzt hat. Also warum sollte man sie umbringen?«, fuhr Alex fort. »Und wenn sie es auf deine Mutter abgesehen haben, wäre es viel vernünftiger, sie einfach irgendwo in ein Heim zu stecken und sie dann dort heimlich, still und leise aus dem Weg zu räumen. Man schafft sich Leute nicht vom Hals, indem man ihr Haus abfackelt – dabei kann viel zu viel schiefgehen.«
    Ein spitzer Schmerz bohrte sich in meine Schläfen, sodass ich den Sinn seiner Worte kaum verstand. »Alex, was willst du damit sagen?«
    Er zögerte. Noch immer hielt er meine Hände fest. Schließlich meinte er: »Das klingt jetzt vielleicht merkwürdig, aber kannst du versuchen, eine telepathische Verbindung zu ihnen herzustellen?«
    Die Erkenntnis überwältigte mich. »Du … du glaubst nicht, dass sie wirklich tot sind.«
    Ich sah ihm an, dass er mit sich haderte. Einerseits wollte er keine falschen Hoffnungen in mir wecken, andererseits konnte er das, was er vermutete, nicht einfach ignorieren. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Aber ich glaube, da ist was faul. Dieses Feuer kommt einfach viel zu gelegen, irgendwie. Es wirkt regelrecht inszeniert.«
    Ich schluckte schwer, wagte kaum zu hoffen. »Es könnte trotzdem ein Racheakt gewesen sein. Solche Sachen passieren und Menschen sterben dabei.«
    »Ja, das stimmt. Hör mal, ich könnte total danebenliegen. Aber versuch es einfach, ja? Versuch, Kontakt zu ihnen aufzunehmen.«
    Beinahe wollte ich es nicht probieren, wollte mir kein noch so winziges Fünkchen Hoffnung gestatten, nur um am Ende doch enttäuscht zu werden. Ich holte tief und schluchzend Luft und versuchte, meinen Kopf so weit freizubekommen, dass ich mich konzentrieren konnte.
    Mom.
    Ich stellte mir das Blond ihrer weichen Haare vor, das meiner natürlichen Haarfarbe so ähnlich war. Ihre grünen Augen, die aufleuchteten, wenn sie mich sah und erkannte. Ihren Duft, in dem sich Shampoo und Bodylotion mit etwas vermischten, das einfach sie war, meine Mutter – ein Geruch, in den ich mich als kleines Mädchen für immer und ewig hatte einkuscheln wollen. Sogar später, als sie auf überhaupt niemanden mehr reagierte und verträumt ihren Gedanken nachhing, saß ich manchmal neben ihr und atmete jenen Duft ein, während ich mir wünschte, alles wäre anders.
    Es dauerte nicht lange, bis Mom fest in meinem Kopf verankert war, meine Gedanken waren schließlich oft bei ihr. Ich schickte meinen Geist auf Wanderschaft, ließ ihn treiben, suchen. War sie irgendwo dort draußen? Bitte.
    Endlose Minuten verstrichen. Ich stand mit geschlossenen Augen an dem Waschbecken und bemühte mich, nichts zu erzwingen – trotz des winzigen, quälenden Hoffnungsschimmers, der mein Herz wild schlagen ließ. Bleib locker, entspann dich … lass dich einfach treiben … Mom, bist du da?
    Nichts. Nur Dunkelheit. Mir schnürte es die Kehle zu, als meine Hoffnung kurz aufflackerte, bevor sie endgültig verlosch.
    Und dann vermeinte ich, irgendwo in der Leere etwas auszumachen – den leisen Anflug einer Existenz. Vorsichtig, ganz vorsichtig untersuchte ich die Erscheinung … und dann brach ein wildes Gefühlschaos über mich herein. Moms Geruch, ihre Stimme, ihre Essenz.
    Sie war zufrieden. Sie war in Sicherheit.
    »Alex, sie lebt! Es geht ihr gut!«, rief ich. »Ich kann sie fühlen!« Ich warf mich in seine Arme. Lachend fing er mich auf

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