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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Tennetty wurde zu einer nahezu unkontrollierbaren Psychopathin. Doria war nahe daran, auf Dauer zwischen Radieschen und Broccoli zu enden, wenn du verstehst, was ich meine. Und wenngleich ich der Ansicht bin, daß Aeia es von allen am besten getroffen hat, hat sie doch Spuren des Wahnsinns um die Augen. Genau wie Andrea.
    Nein, eine Verrückte, nämlich Tennetty, war draußen schon schlimm genug - auch wenn wir nur einige magere, furchtsame Wölfe jagten. Wir brauchten nicht noch jemanden, bei dem es auf der Kippe stand, und ganz besonders brauchten wir keine Magiesüchtige mit Borderline-Symptomatik. Na ja, vielleicht war sie ja doch keine Magiesüchtige, Doria konnte sich durchaus irren.
    Aber Andy war jahrelang nicht mehr dort draußen gewesen, und nach all meinem Gerede darüber, daß wir praktisch gegenseitig unsere Gedanken lesen können, kam ich mir idiotisch vor, das erwähnen zu müssen, und als Ahira sagte: »Gut, laß uns schnell Aufwiedersehen sagen und dann nichts wie los«, überraschte mich das völlig.
    Und es war keine angenehme Überraschung.

Kapitel vier
In dem ich unkluge Gedanken anstelle und den Meinen Lebewohl sage
    Die Wege wahrer Liebe verlaufen niemals gerade.
    - WILLIAM SHAKESPEARE -
    Nichts ist ärgerlicher als jemand, der ein scharfes Auge für das Offensichtliche hat.
    - WALTER SLOWOTSKI -
    Es gelang mir, mich von meiner ganzen Familie zu verabschieden, angefangen bei meiner Jüngsten.
    Doria Andrea kommt nach ihrem Vater - sie gehört zu den Nachtmenschen unter den Slowotskis, ebenso wie ich und Stash, anders dagegen Emma und Steve sowie ihre Mutter und ihre Schwester - aber wenn man in diesem Alter ist, so bedeutet spät aufbleiben, daß man ein langes Abendessen durchhält, mehr nicht.
    »Schlaf gut, kleiner Ankläger«, sagte ich, als ich sie in die Arme nahm. Das war ein kleiner Witz zwischen uns, den nur die Eingeweihten verstanden, und niemand außer mir fand ihn auch nur annähernd komisch.
    Als ich mich vorbeugte, schlang D. A. ihre kleinen Arme um meinen Hals. »Komm bitte schnell zurück, Vati.«
    »Das werde ich«, versprach ich und löste mich vorsichtig aus der Umarmung. Ich legte die Hand für einen Augenblick auf ihren Kopf, auf das weiche Babyhaar, das jeden Tag goldener wurde, wie das ihrer Mutter. »Nacht, Liebling.«
    Janie lehnte wartend draußen in der Halle an der Wand. Sie hob an, mir etwas zu sagen, unterbrach sich aber und legte einen Finger auf meine Lippen. Ich schloß sacht die Tür und folgte ihr hinüber zum Eingang.
    »Das Schlimme ist, liebster Papa«, hob sie wieder an, wobei sie meine Grimasse überhaupt nicht beachtete, »daß du auf deine alten Tage viel zu listig wirst.«
    »Ach?« sagte ich und versuchte überrascht zu klingen. Ich hasse es, wenn sie mich liebster Papa nennt.
    »Du hast es geschafft, meinem Freund beizubringen, daß er dich nicht mehr herumschubst, daß er nicht mal mehr den Versuch macht. Aber für mich sieht es so aus, als hättest du einen billigen kleinen Testlauf gestartet, der eigentlich auf alle deinesgleichen angewandt werden sollte. Das scheint mir kein guter Handel zu sein«, sie hob die Schultern, »falls meine Meinung überhaupt zählt.«
    Da mir das sowieso höllischen Kummer bereitet hatte, fand ich es genauso schwer, ihr zu widersprechen, wie es mir schwerfiel einzugestehen, daß ich im Unrecht war, also tat ich keins von beidem.
    »Deine Stimme zählt, Kind«, versicherte ich und drückte sie für einen kurzen Moment an mich.
    Sie lächelte. Warum läßt das Lächeln meiner Tochter die ganze Welt heller erscheinen?
    »Sei wieder gut«, sagte ich.
    Kirah saß in dem mit Kissen gefüllten Ohrensessel, eine Lampe an ihrem linken Ellbogen und ihrem Nähkasten an der Seite. Sie strickte oder flickte oder arbeitete an sonst etwas. Ich kenne den Unterschied nicht, und es kümmert mich auch nicht.
    »Du gehst«, sagte sie mit flacher Stimme, als wenn sie sagen wollte: Ich werde dich nicht bitten zu bleiben.
    »Es sieht so aus«, ich lächelte. »He, mach dir keine Sorgen. Ich weiß, wie man in Deckung geht.«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. Entweder war es wirklich so, oder ihr echtes und ihr gezwungenes Lächeln sahen inzwischen gleich für mich aus. Nach all den Jahren hätte ich den Unterschied kennen müssen. Das hätte ich wirklich.
    »Das ist gut«, antwortete sie.
    Äußerlich begann es jetzt erst richtig frostig zu werden, innerlich war es das schon l ängst. Ich streifte meine Abend jacke ab und schlenderte zum

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