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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Reitpferd. Man weiß ja nie, ob man nicht einmal schnell vorankommen oder querfeldein reiten muß. Jagdwagen und Felder vertragen sich nicht.
    Ahira saß schon im Sattel seiner kleinen grauen Stute, und als ich durch die breiten Tore ging, schwang sich Tennetty gerade auf den Rücken eines nervösen, schwarzen Wallachs mit einer weißen Blesse auf der Stirn. Sie brachte ihn hinter den Laternen auf Trab, hinaus in den dunklen Hof.
    Andrea faltete eine Decke sorgfältig zweimal und legte sie auf den Sitz des Jagdwagens, bevor sie ihn bestieg. »Laßt uns aufbrechen«, sagte sie und klopfte auf den Platz neben sich.
    Doria, die noch immer ihr lila Abendkleid trug, sah mich an, schürzte die Lippen und zuckte mit den Achseln: »Paß auf dich auf, Walter«, meinte sie. Sie packte meine Schultern und küßte mich sanft auf die Lippen. »Gib acht, ja?«
    »Auf wen?« Ich schenkte ihr mein gewinnendes Lächeln, das sie nicht erwiderte.
    »Auf euch alle«, antwortete sie, »besonders auf Andrea.«
    Ich wußte nicht, wie sich die Dinge mit Aeia entwickeln würden - und mir war nicht klar, welche Entwicklung ich eigentlich wünschte -, bis ich mich selbst sagen hörte: »Begleite mich ans Tor. Die anderen werden uns in Kürze einholen.«
    Ich fing den Blick des Zwergs auf. Für einen Moment spreizte ich die Finger einer Hand. Gib mir fünf Minuten, in Ordnung?
    Er wiederholte die Geste und nickte. Aber keine sechs, bedeutete das.
    Aeia und ich traten aus den Ställen in die Dunkelheit. Ich konnte fast die feindseligen Augen in meinem Rücken spüren und fragte mich, aus welchem Fenster Bren Adahan herunterschaute. Die Fackeln rings um den Burghof prasselten in der stillen Luft und schickten Schwaden dunklen Rauchs in den finsteren Himmel. Über uns starrten Millionen von Sternen auf uns herab, als verfolgten sie jede unserer Bewegungen und jedes Wort. Oder auch nicht.
    Aeia trug immer noch das von Melawei inspirierte Abendkleid, das sie während des Essens getragen hatte. Ich machte mich gedanklich an dem komplizierten Knoten an ihrer linken Hüfte zu schaffen.
    »Die Sache ängstigt dich«, stellte sie fest.
    »Ich habe immer Angst.« Das war wirklich so. »Ich wache am Morgen ängstlich auf und gehe abends ängstlich ins Bett.«
    Sie lachte in einem warmen, vollen Ton wie ein sorgfältig gestrichenes Cello. »Als kleines Mädchen hättest du mich nicht davon überzeugen können. Mein Onkel Walter und ängstlich? Nichts konnte meinen Onkel Walter erschrecken, nicht mehr als ...«, sie griff in die Luft und suchte nach dem richtigen Vergleich, » ... es meinen Vater erschrecken konnte.«
    Ich gluckste. »Also das stimmt halbwegs. Karl war zu dumm, um sich zu fürchten.«
    Sie nahm mich bei der Hand, und wir schritten schweigend fürbaß, hielten dabei Händchen wie Schulkinder. »Nur für ein paar Tage?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich. Es kann auch etwas länger dauern. Die Geschichte kann sogar richtig heiß werden, so daß wir für eine ganze Weile wegbleiben. Wer vermag das schon zu sagen.« Es war wie in den alten Räuberzeiten, wenn ein Trupp auszog, um Streit zu suchen. Gewöhnlich fanden sie ihn in Gestalt eines Sklaventransports. Sklavenhändler müssen ihre Ware schnell absetzen, besonders wenn sie neu ist. Die Leute neigen dazu, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, selbst wenn diese Menschen ihr Besitz sind. Das ist schlecht fürs Geschäft.
    Ich habe diese Zeit nie wirklich gemocht, damals als ich Karls zweiter Mann war. Ja, sie hatte ihren bestimmten Reiz; jenen Reiz, an dem Karl nicht teilhatte, der aber oft auf seine Art angenehm war. Verstehst du, nicht alle, die wir über die Jahre befreit haben, waren Männer. Einige, und nicht gerade wenige, waren Frauen, und von denen waren manche mehr als nur ein bißchen attraktiv. Es ist erstaunlich, wie dankbar eine Frau sein kann, wenn du sie gerade gerettet hat, und oft ist es unglaublich, auf welche Weise sie dir ihre Dankbarkeit zeigt. Du kannst meine Frau danach fragen.
    Außerdem gab es gutes Geld.
    Aber ...
    »Bren hat mich gebeten, mit ihm nach Little Pittsburgh zu ziehen«, sagte sie. »Was meinst du, soll ich es tun?«
    »Little Pittsburgh ist eine interessante Stadt«, erwiderte ich, »ein bißchen dreckig und düster, aber interessant.«
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    »Ich weiß.« Ihre Hand lag warm in der meinen. »Du hast gemeint, daß wir irgendwann eine Entscheidung treffen müssen«, erwiderte ich. »Bren wird nicht ewig

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