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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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warten, und Kirah wird nicht ewig wegsehen. Wir haben zu entscheiden, was wir sind.«
    Sie nickte. »Du kannst hinzufügen, daß auch ich nicht ewig warte. Aber ich habe auch nicht nach einer Entscheidung für alle Ewigkeit gefragt. Ich habe nicht wissen wollen, was irgendwann sein wird, sondern ich will wissen, was jetzt mit uns ist, Walter Slowotski.«
    Ich streichelte mit dem Daumen zärtlich ihre Handfläche. »Zumindest sind wir Freunde.«
    Sie versteifte sich, ließ meine Hand los und faßte sich an eine Stelle über der rechten Hüfte. Die Luft zwischen uns wurde frostig, und ich fühlte mich an eine Aeia mit angelegtem Gewehr erinnert, den Kolben gegen die Wange gepreßt, den Abzug langsam durch ziehend und die rote Nässe igno rierend, die sich auf ihrer rechten Hüfte ausgebreitet hatte.
    »Kriegskameraden«, sagte sie mit einer Stimme, die eine Spur jener Kälte der Cullinanes enthielt, »zumindest.«
    »Natürlich.« Ich machte eine entschuldigende Geste. »Für alle Zeiten«, fügte ich hinzu.
    Die Kälte verwandelte sich in ein Lächeln. »Es ist besser so.« Sie legte die Hände an meine Wangen und küßte mich stürmisch.
    Als wir durch das Tor fuhren, setzte Andy an zu sprechen, aber sie unterbrach sich wieder. Auch egal.

Kapitel fünf
In dem ich eine Nacht durchreite und wiederentdecke, wie sehr davon der Hintern weh tut
    Ich werde meinen Augen keinen Schlaf gestatten und meinen Lidern keine Ruhe.
    - AUSSPRÜCHE 132:4 -
    Zunächst mal war es interessant, auf einer Landstraße in der Dunkelheit zu reisen. Vor uns wand sich die Straße in Kurven und Biegungen und schlängelte sich sanft durch Felder und Dörfer, während die Pferde durch die Dunkelheit klapperten. Der Rhythmus ihrer Hufe hallte mit schwerfälliger Unregelmäßigkeit. Eines Tages werde ich mir ein Pferdegespann zulegen, bei dem die Beine und Schrittlängen übereinstimmen.
    Ja, es war dunkel, aber nicht bewölkt; die Sterne über uns warfen ein fahles Licht über die Landschaft und tauchten sie in feine Schattierungen von bleichem Weiß bis zu violettem Schwarz. Die Nacht war voller Geräusche und Gerüche. Aus der Ferne schrie eine Eule, und das Zirpen von Insekten mischte sich mit dem leisen Säuseln des Windes in den Bäumen. Für mich riecht es in der Dunkelheit in der Nähe eines Waldes immer leicht nach Minze. Es war kühl in dieser Nacht.
    Aber alles wird schnell langweilig.
    Vor uns machte die Straße, was alle Straßen tun: sie führte für eine Weile geradeaus, ging in eine Kurve und verlief dann wieder gerade. Die Sterne über unseren Köpfen ergossen ihr weißes Licht über die Landschaft, raubten ihr alle Farben, bis auf Anflüge von seidigem Blau, und verwandelten die Nacht in etwas, das ich mal in einem alten Schwarzweiß-Fernsehfilm gesehen hatte.
    Und die ganze Zeit klapperten die Pferde die Straße entlang. Hin und wieder erleichterten sie sich und erfüllten die Luft mit einem Gestank von Mist und Pferdepisse.
    Ehrlich gesagt, ich fahre lieber einen Buick.
    Übrigens, nur aus Gründen der Unterhaltung hätte ich gern mit Ahiras Augen gesehen. Zwerge können das Infrarot intensiver wahrnehmen als Menschen. Nicht nur, daß sie damit über zwei Farben mehr verfügen - es ist gerade in der Dunkelheit von großem Wert. (Deshalb werden ihre Bauten gewöhnlich durch Glüheisen, die gleichzeitig als Hitzequelle dienen, beleuchtet - aber auch eine Taschenlampe strahlt eine Menge Infrarot ab.)
    Meist schwiegen wir. Es wäre vollkommen verständlich gewesen, wenn wir uns während der Fahrt unterhalten hätten. Nur hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, daß jemand im Hinterhalt liegt und sich darüber belustigte, wie einfach wir es ihm machten, während wir unter seinem Baum durchfuhren. Ohne die Ablenkung der Unterhaltung waren Ahira oder ich vielleicht in der Lage, ein verräterisches Geräusch zu bemerken, falls uns jemand auflauerte.
    Wenn ich jedoch wirklich davon ausgegangen wäre, daß wir Schwierigkeiten vor uns haben würden, dann wären wir nicht hier draußen; ich hätte vielmehr behütet in meinem Bett im Schloß gelegen, anstatt auf der harten Bank des Jagdwagens zu sitzen und mir von jedem Schlagloch der Straße die Sitzlehne gegen die Nieren hämmern zu lassen.
    Als wir Velen erreicht hatten, schmerzten meine Augen vor Erschöpfung, die Sonne blinzelte spöttisch über den Horizont, und im Südwesten kreisten Habichte am Himmel.

Kapitel sechs
    In dem wir mit Wölfen zusammenstoßen
    Es gibt keine Verträge

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