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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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zwiespältigen Gefühlen vom Gut. Er wusste, wie viel an seiner Aufgabe hing, und er war sich ihrer Bedeutung nur zu gewiss. Doch wenn er die Wahl gehabt hätte, wäre er lieber mit Cosimo nach Florenz zurückgekehrt. Allein schon wegen Tessa, aber auch weil er sich sorgte, was in den Tagen passieren mochte, die er brauchte, um nach Pisa und wieder zurück zu gelangen. Welche Lage würde er dann antreffen?
    Am Abend des 4. September 1433 traf Cosimo mit seinem kleinen Tross aus Dienerschaft und Freunden in Florenz ein. Er begab sich in seinen Palazzo und ließ der Signoria per Boten übermitteln, dass er wieder in der Stadt sei und zur Verfügung stehe.
    Drei Tage später wurde er in den Palazzo Vecchio gerufen. Noch auf dem Weg zum Regierungspalast schlug er letzte Warnungen von Freunden in den Wind.
    »Wenn die Signoria ruft, hat jeder Bürger Folge zu leisten«, erklärte er stoisch und ging mit festem Schritt weiter.
    Als er zur festgesetzten Zeit den prunkvollen Sitzungssaal mit seinen herrlichen Wandfresken betrat, hatten sich dort schon der Gonfaloniere und die Mehrzahl der Prioren versammelt. Alle waren in feinstes rotes Tuch gehüllt, auf das kein Mitglied der Signoria verzichtete.
    Die leisen Gespräche verstummten, als Cosimo mit freundlichem Blick auf die Männer zuschritt. Wie üblich trug er einen schlichten Lucco aus lichtgrauem Stoff, auf dem Kopf saß die dazu passende Kappe.
    Bernardo Guadagni kam ihm mit einer ebenso freundlichen Miene entgegen. Der Gonfaloniere war ein knapp vierzigjähriger Mann von stämmiger Statur. Er hatte eine dunkle Gesichtsfarbe und krauses schwarzes Haar, das einen starken Kontrast zu seinen wässrigen hellblauen Augen bildete.
    »Ich danke Euch, dass Ihr nicht gezögert habt, die Unannehmlichkeit auf Euch zu nehmen, vorzeitig von Eurem Landsitz nach Florenz zurückzukehren, Ser Cosimo«, begrüßte er ihn mit betonter Höflichkeit.
    Cosimo wertete den Respekt, den der Gonfaloniere ihm zollte, als gutes Zeichen. »Eine Unannehmlichkeit, die keiner Rede wert ist, wenn sie dem Wohl der Kommune dient«, erwiderte er, ganz der verantwortungsvolle Bürger, der weiß, was er der Republik schuldet. »Wie ich Eurem Schreiben entnehmen konnte, gibt es dringliche Staatsgeschäfte zu erörtern, bei denen Ihr glaubt, mein Rat könne von Nutzen sein.«
    »Das wird er ganz gewiss sein«, versicherte Bernardo Guadagni.
    »Ich nehme an, Ihr habt auch Rinaldo degli Albizzi zu dieser Sitzung eingeladen.«
    Der Gonfaloniere nickte und Cosimo fiel auf, dass sein rechtes Augenlid nervös zu zucken begann. »Ja, wir haben ihn, aber auch noch einige andere herausragende Bürger gebeten, heute hier zu erscheinen. Die Signoria möchte sich Eure wie ihre Einschätzungen und Vorschläge zu den Problemen anhören, die einer dringlichen Lösung bedürfen«, sagte er und warf scheinbar beiläufig das Tuch seiner Kappe, das ihm vor der Brust hing, nach hinten über die Schulter.
    In diesem Augenblick öffnete ein Diener die Eingangstür, und Federigo Malavolti, der Hauptmann der Palastwache, ein kräftig gebauter bärtiger Mann um die fünfzig, trat in den Saal. Ihm folgten zwei mit Kurzschwert bewaffnete Soldaten. Gleichzeitig tauchten am anderen Ende des Saales vier weitere Wachen auf, schlossen die beiden hohen Flügel der Ausgangstür und nahmen mit gekreuzten Hellebarden Aufstellung.
    Cosimo erbleichte, bewahrte jedoch Haltung. »Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr tut?«, stieß er leise hervor.
    Der Gonfaloniere lächelte gezwungen. »Seid versichert, dass Ihr nichts zu befürchten habt, Ser Cosimo. Wir werden gleich unter vier Augen miteinander reden, Ihr habt mein Wort. Und nun habt bitte die Güte, dem Hauptmann ins Nebengemach zu folgen.«
    Es war so still im Saal, dass man eine Nadel hätte zu Boden fallen hören können. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Alle Augen waren auf den Medici gerichtet. Auf einigen Gesichtern stand Häme oder grimmige Genugtuung, andere waren genauso schreckensbleich wie das von Cosimo.
    Der presste die Lippen zusammen und leistete der Aufforderung des Gonfaloniere schweigend Folge. Was hätte er auch tun sollen? Sich durch lautstarken Protest und Widerstand lächerlich machen oder gar einen sinnlosen Fluchtversuch unternehmen?
    »Wo führt Ihr mich hin?«, fragte er mühsam beherrscht, als die Tür zum Sitzungssaal hinter ihm zugefallen war.
    »Wo man Euch hinzuführen mir befohlen hat«, antwortete der Hauptmann ausweichend.
    Als Cosimo sah, dass der

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