Hüter der Macht
stehen jetzt ganz andere Familien offen, vermögende und angesehene, in die du einheiraten kannst.«
»Auch zehn Jahre in Padua werden nichts daran ändern, dass ich Tessa Brunetti liebe. Niemals werde ich eine andere lieben können«, erwiderte Sandro bitter.
Cosimo zuckte mit den Achseln. »Nun, das ist deine Angelegenheit. Aber vielleicht ist es dir ein Trost, dass du bestimmt keine zehn Jahre in Padua ausharren musst. Es wird nicht lange dauern und wir sind wieder in Florenz«, sagte er leise, während sie langsam zu Bernardo Guadagni hinübergingen, der bei Hauptmann Malavolti stand.
»Glaubt Ihr das wirklich?« Nur zu gern wollte Sandro sich an diese Hoffnung klammern. Denn zehn Jahre von Tessa getrennt zu sein – nein, das würde er nicht aushalten!
Cosimo nickte. »Rinaldo degli Albizzi und seine aristokratischen Freunde glauben sich an der Macht, dabei ist sie ihnen schon heute wieder entglitten. Sie wissen es nur noch nicht. Übrigens kannst du froh sein, dass du nach Padua und nicht nach Ravenna verbannt worden bist, wie es eigentlich geplant war. Aber ich habe Guadagni dazu bringen können, dass sie dich mit mir und meinem Gefolge nach Padua schicken.«
Sandro dankte ihm und wollte schon den Palast verlassen, um eine Nachricht für Tessa aufzusetzen und sie von Jacopo überbringen zu lassen. Er musste seine Geliebte unbedingt noch einmal sehen, bevor er in die Verbannung ging. Vielleicht konnte er sie doch noch dazu bringen, die Flucht zu wagen und ihm nach Padua zu folgen! Cosimo würde sie dort bestimmt unter seinen Schutz nehmen. Diesen Wunsch würde der Medici ihm kaum verweigern können – nach allem, was Sandro für ihn getan hatte.
Aber Cosimo hielt ihn zurück. »Du willst in die Stadt? Das ist unmöglich, Sandro! Du kannst den Palazzo jetzt nicht verlassen. Unter gar keinen Umständen!«
»Aber warum denn nicht?«
»Der Gonfaloniere hat mich gewarnt. Er hat aus sicherer Quelle erfahren, dass Rinaldo noch einen letzten Versuch unternehmen will, mich zu töten«, sagte Cosimo mit gedämpfter Stimme. »Sein Sohn hat einige Dutzend Männer, auf die er sich blind verlassen kann, rund um den Palazzo postiert. Sie planen einen Überfall, wenn ich den Regierungspalast verlasse und die Reise in die Verbannung antrete.«
»Aber, Ser Cosimo, ich bin doch nur …«, wollte Sandro einwenden.
»Auch dir droht jetzt der Tod!«, fiel Cosimo ihm ins Wort. »Begreifst du denn nicht? Die Albizzi sind außer sich vor Wut, dass die Balia ihnen das so sicher geglaubte Todesurteil verweigert hat. Sie wollen Blut fließen sehen und sie werden niemanden verschonen. Nein, du bleibst hier! Der Gonfaloniere hat nicht von ungefähr darauf bestanden, dass wir uns in seine Privatgemächer zurückziehen und den Palazzo nur unter starker Bewachung verlassen, wenn meine Dienerschaft alle Vorbereitungen für die Reise getroffen hat.«
Sandro nickte nur. Er musste sich zwingen, Cosimo zu gehorchen, doch er sah ein, dass die Gefahr zu groß war. Also würde er seine geliebte Tessa nicht mehr wiedersehen, ehe sie nach Padua aufbrachen. Aber er musste auch an ihre Sicherheit denken.
Schließlich setzte er schweren Herzens einen Brief an Tessa auf und ließ ihn durch einen Boten des Gonfaloniere zu Jacopo bringen, damit dieser ihn möglichst rasch an die Köchin Carmela weitergab.
In der Nacht zum 3. Oktober 1433 trat Cosimo de’ Medici zusammen mit Sandro Fontana und einer kleinen Schar getreuer Diener die Reise in die Verbannung an. Alles sollte im Schutz der Dunkelheit und unbemerkt von der Bevölkerung ablaufen, aber kaum hatten Cosimo und sein kleines Gefolge, begleitet von Hauptmann Malavolti und einer kampfstarken Truppe der Palastwache, den Palazzo verlassen und den Weg zur Porta San Gallo eingeschlagen, als auch schon die Gegner unter Führung von Ormanno degli Albizzi aus den umliegenden Gassen hervorstürmten und angriffen.
»Zieht blank und schlagt diese Bande in die Flucht, Männer!«, befahl Federigo Malavolti und riss sein Schwert aus der Scheide. »Hier steht nicht nur das Leben von Cosimo de’ Medici auf dem Spiel, sondern auch unsere Ehre und die unserer stolzen Republik!«
Auch Sandro, der sich noch im Palast vom Hauptmann vorsorglich ein Schwertgehänge erbeten hatte, griff zur Waffe und reihte sich in den schützenden Kreis ein, den die Palastwachen um Cosimo zogen. Mit kalter Wut hieb er auf die dunklen Gestalten ein, die den Ring zu durchbrechen versuchten.
Der Kampf war heftig, doch eine
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