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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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mir nämlich vorstellen, dass du mit deinem scharfen Verstand, mit deiner raschen Auffassungsgabe und mit deiner Tatkraft in einem unserer Bankhäuser viel nützlicher für uns bist als in einer Bottega.«
    Sandro sah ihn fassungslos an. »Ihr bietet mir eine Anstellung in Eurem Bankhaus an? Ist das Euer Ernst, Ser Cosimo?«, stieß er ungläubig hervor.
    »Ich stehe nicht unbedingt in dem Ruf, zu Scherzen zu neigen«, sagte Cosimo trocken. »Du wirst als Lehrling in unserer Tavola am Mercato Nuovo anfangen. Melde dich morgen bei Falco Portinari. Das ist der Leiter der Bank«, fuhr er geschäftsmäßig fort. »Wie die anderen Lehrlinge wirst du dort auch wohnen und dein Jahreslohn wird dreißig Florin betragen. Alles Weitere erfährst du von Portinari und seinen Mitarbeitern. Mit Beginn der neuen Woche beginnt dein neues Leben.«
    Sandro musste sich zusammenreißen, damit ihm sein Mund nicht vor Verblüffung und Freude offen stehen blieb. Lehrling in der Florentiner Wechselbank der Medici! Und das auch noch mit einem fast schon fürstlichen Jahreslohn von dreißig Florin! Er hätte am liebsten laut gejubelt. Stattdessen beeilte er sich, Cosimo für das Vertrauen zu danken und ihm zu versichern, dass er ihn nicht enttäuschen werde.
    »Ich denke, das ist alles für heute, Sandro«, sagte Cosimo, doch dann bemerkte er, dass der Junge, der schon auf dem Weg zu Tür war, zu zögern schien. »Oder hast du noch etwas auf dem Herzen?«
    »Nun ja …« Sandro stockte und blickte unwillkürlich zu Averardo hinüber.
    Ein verstohlenes Lächeln zuckte um Cosimos Mundwinkel. »Du kannst offen reden, Sandro. Ich habe keine Geheimnisse vor meinem Cousin.«
    »Von wegen!«, stieß dieser mit kratziger Stimme hervor. »Nur einen Florin für jedes deiner Geheimnisse und ich wäre endlich auch ein reicher Medici!«
    Cosimo ging nicht darauf ein. »Also, was möchtest du wissen, Sandro? Ich nehme an, es hat mit Meister Vieri und dessen Bruder zu tun, richtig?«
    Sandro nickte. »Verzeiht meine Neugier, aber habt Ihr die beiden wirklich nach Pisa geschickt?«
    »Ja, nach Pisa geschickt habe ich dieses ehrlose Betrügerpaar schon, nur …«
    »… sie sind dort nie ankommen«, führte Averardo den Satz zu Ende. »Oder hast du vielleicht geglaubt, man betrügt und hintergeht einen Medici ungestraft?«
    Sandro schluckte. Der staubbedeckte Umhang und die schmutzstarrenden Stiefel von Cosimos Cousin weckten in ihm eine Ahnung.
    Cosimo fixierte Sandro mit durchdringendem Blick. »Es ist nicht so, wie du denkst, Sandro. Aber selbst wenn, hättest du keinen Grund, dir etwas vorzuwerfen. An deinem Handeln ist nichts, was dein Gewissen belasten müsste. Du hast nicht nur richtig und rechtschaffen gehandelt, du hast auch einmal mehr bewiesen, dass du weißt, wem deine Loyalität gehört. Sonst würdest du jetzt nicht vor uns stehen und schon bald in der Tavola das Bankgeschäft lernen.«
    Sandro wusste nicht, was er sagen sollte, und nickte nur.
    »Mit seinem ewigen Parteienzwist ist Florenz ein raues Pflaster«, warf Averardo ein. »Und wir Florentiner sind ein leidenschaftlicher Menschenschlag. Bei uns ist man entweder Freund oder Feind, Sandro Fontana! Wir beschäftigen uns mit unseren Feinden nicht weniger ausführlich als mit unseren Freunden. Unsere Feindschaft ist, wie unsere Freundschaft, dauerhaft und unerbittlich! Vergiss das nie.«
    Sandro sah ihn verwirrt an. Er hatte das beunruhigende Gefühl, dass er von Averardo nicht nur eine Lehre erhalten hatte, sondern möglicherweise auch eine Warnung.
    Cosimo winkte ab. »Mein Cousin hat nun einmal eine Schwäche dafür, die Welt in Freund und Feind aufzuteilen. Du bist gut beraten, seine Worte nicht auf die Goldwaage zu legen, Sandro. Und was Vieri und seinen Bruder angeht: Ja, sie haben ihre verdiente Strafe erhalten.«
    »In der Tat!«, bekräftigte Averardo grimmig.
    »Aber wie schon gesagt, es ist nichts geschehen, was dir Gewissensbisse bereiten und dich um den Schlaf bringen müsste«, fuhr Cosimo fort. »Damit wollen wir das unerfreuliche Thema abschließen. Und wenn du jetzt in die Bottega zurückgehst, richtest du Riccardo Massero von mir aus, dass ich ihn als neuen Meister einsetze und deinen Freund Tommaso zum Faktor ernenne. Sag ihm, dass er in den nächsten Tagen dazu noch ein Schreiben von mir erhält.«
    Sandro versicherte, dass er alles so übermitteln werde, dankte Cosimo noch einmal für die neue Anstellung als Banklehrling, warf einen verunsicherten Blick auf Averardo und

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