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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Vorwürfe anhören muss.«
    »Ich begleite dich nach Hause«, sagte Sandro sofort. »Das ist um diese Nachtstunde sicherer so.« Aber wenn er ehrlich war, war es nicht allein die Sorge, eine so hübsche und junge Frau wie Tessa könnte ohne männliche Begleitung auf ihrem Weg durch die dunklen Gassen und Straßen von betrunkenen Männern und anderem Gesindel belästigt werden. Sandro wollte nicht eine Minute verschenken, die er mit ihr zusammen sein konnte, sahen sie sich doch viel zu selten und immer viel zu kurz.
    »Sieh an, sieh an!« Tommaso gab seinem alten Freund einen freundschaftlichen Hieb in die Seite. »Ich jedenfalls werde noch nicht nach Hause gehen. Und dreimal dürft ihr raten, wohin mich meine Schritte lenken werden.« Er grinste ihnen anzüglich zu und Sandro verdrehte die Augen. Tommaso war wirklich unverbesserlich.
    Schweigend machte er sich schließlich mit Tessa auf den Weg in die Via San Gallo. Sandro spürte sein Herz plötzlich schneller schlagen, denn er spürte, dass dieses Schweigen ihre Gefühle füreinander in dieser Nachtstunde viel intensiver zum Ausdruck brachte, als Worte es vermocht hätten. Gefühle, die sie seit Langem füreinander hegten, über die sie aber noch immer nicht zu sprechen wagten.
    Als sie hinter der Kirche San Lorenzo aus einer Seitengasse in die breite Via San Gallo einbogen, kam ihnen ein grobschlächtiger Mann entgegengetorkelt. Johlend schwenkte er eine rote Wollkappe.
    Gerade noch rechtzeitig, bevor der Betrunkene Tessa umrennen konnte, griff Sandro nach ihrem Arm und zog sie an sich. Schützend legte er die Arme um sie. Der Zecher zog lallend an ihnen vorbei.
    Noch nie zuvor hatte Sandro sie so nahe gespürt, hielt er sie doch endlich in seinen Armen. Wie oft hatte er es sich gewünscht und davon geträumt, dass es einmal so kommen möge, aber dann hatte er doch nie den Mut gehabt, den ersten Schritt zu wagen. Und nun hatte der Zufall seinen geheimsten Wunsch Wirklichkeit werden lassen.
    Tessa hob den Kopf und blickte ihn stumm an.
    Sandro las in ihren Augen, was er schon lange Zeit wusste. Und in diesem Moment erfasste ihn eine Woge unendlicher Sehnsucht, ihr endlich seine Liebe zu gestehen. Sein Verlangen nach Zärtlichkeit wurde übermächtig. Er konnte nicht länger widerstehen. Und so nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie.
    Ihm war, als hätte auch Tessa geahnt, dass es so kommen würde. Denn kaum spürte er ihre warmen Lippen, da erwiderte sie auch schon den sanften Druck. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und schmiegte sich an ihn.
    Sandro wusste später nicht zu sagen, wie lange sie so auf der nächtlichen Straße gestanden hatten. Für eine kleine Ewigkeit gab es nichts anderes auf dieser Welt als das, was ihre Lippen und ihre Hände einander sagten.
    Doch dann war der kostbare und so unendlich süße Moment verstrichen. Denn plötzlich entrang sich Tessas Kehle ein gequälter Laut. Sie löste sich aus Sandros Umarmung und legte ihm die Hände wie abwehrend auf die Brust.
    »Das … Das hätten wir nicht tun dürfen!«, flüsterte sie verstört.
    »Aber warum nicht? Ich liebe dich, Tessa! Und ich weiß, dass auch du mich liebst!«, stieß Sandro hervor und wollte sie wieder in seine Arme ziehen. »Wir haben schon viel zu lange gewartet, bis wir es uns endlich eingestanden haben!«
    Sanft, aber zugleich entschlossen wehrte sie ihn ab. »Bitte, tu das nicht, Sandro!«, flehte sie ihn an. »Mach es uns nicht noch schwerer, als es auch so schon ist.«
    »Tessa, du darfst mich nicht zurückweisen!«, beschwor er sie. »Ich habe doch gerade gespürt, wie sehr auch du dich danach gesehnt hast.«
    Sie nickte, doch ein Ausdruck quälenden Schmerzes trat auf ihr Gesicht. »Ja, das habe ich, Sandro, mehr als ich es beschreiben könnte. Von dir gehalten und geküsst zu werden, war noch viel schöner, als ich es mir in meinen Träumen vorgestellt habe«, gestand sie mit zitternder Stimme. »Aber das ändert nichts daran, dass wir unserem Verlangen nicht hätten nachgeben dürfen, weil es alles nur noch schwerer macht. Oder hast du vergessen, dass ich eine Sklavin bin? Ich kann nie zu dir gehören!«
    Sandro schüttelte heftig den Kopf. »Und wennschon! Ich werde dich freikaufen, Tessa! Ich habe Geld gespart, mehr als genug, um dich bei den Vasetti auszulösen!«
    Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ach, Sandro. Dass du das tun würdest …« Ihre Stimme brach. »Aber du verschließt die Augen vor den Tatsachen. Fiametta wird mich

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