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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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diente, schreckte er auch vor drastischen Maßnahmen nicht zurück – wobei sehr oft sein Cousin Averardo ins Spiel kam.
    Nie würde Sandro die Sache mit Meister Vieri vergessen. Er erinnerte sich noch sehr genau, dass er dessen Goldring mit dem schwarzen Stein ein knappes Jahr nach dem Vorfall in der Bottega an der Hand von Cosimos ältestem Sohn Piero gesehen hatte. Piero hatte ihm sogar freimütig erzählt, dass Averardo de’ Medici ihm den Ring zu seinem fünfzehnten Geburtstag geschenkt hatte. An jenem Tag hatte Sandro Gewissheit gehabt, dass Vieri und sein Bruder ihre Betrügereien nicht mit Prügel und ein paar gebrochenen Knochen bezahlt hatten, sondern mit dem Leben.
    Diese verborgene Seite der Medici beunruhigte Sandro mitunter, sie ließ ihn aber nicht wankelmütig werden in seiner Loyalität zu ihnen. Wer in Florenz etwas werden wollte, der musste sich unter das Banner einer der tonangebenden Familien stellen und sich ihr mit Haut und Haaren verschreiben. Und er gehörte nun mal zum Banner der sechs roten Kugeln auf goldenem Grund. Auf Gedeih und Verderb!

7
    D as Vertrauen, das Cosimo in ihn und in seine Verschwiegenheit setzte, verletzte Sandro auch nicht, wenn er mit Tessa oder seinen Freunden Tommaso und Matteo zusammen war. Stets überlegte er sich sehr genau, was er sagen durfte und was er für sich behalten musste. Worüber er jedoch ganz offen reden konnte, war seine Bewunderung für Cosimos diplomatisches Geschick.
    »Wie klug es doch von ihm gewesen ist, den Kriegsrat der Zehn schon frühzeitig zu verlassen, als andere noch eine Wende im Krieg mit Lucca für möglich hielten, er aber schon das Scheitern kommen sah.«
    Zusammen mit Tessa, Tommaso, Matteo und dessen Freundin Ippolita saß Sandro in einer Schenke bei einem Becher Wein.
    »Ja, Ser Cosimo ist ein schlauer Fuchs«, pflichtete Matteo ihm bei. Er hatte den Arm voller Besitzerstolz um die Schulter seiner Liebsten gelegt. Seit er sich beim letztjährigen Palio in die inzwischen siebzehnjährige Ippolita verliebt hatte, fand er keinen Gefallen mehr an den Tavernen und Freudenhäusern der einfachen Arbeiterviertel, in die Tommaso ihn einst geschleppt hatte. Ippolita war die Tochter eines kleinen Krämers aus San Giovanni und die beiden gedachten im neuen Jahr zu heiraten.
    Es war der Abend des 24. März 1432. An diesem Tag feierte Florenz nicht nur das Fest Mariä Verkündigung, sondern auch den Beginn des neuen Jahres. Es war einer der wenigen Tage, an denen Tessa von ihrer Herrschaft nach der morgendlichen Prozession und dem mittäglichen Festmahl bis zum Abend freibekam.
    »Und dass Cosimo seinen Bruder Lorenzo als Botschafter zu Verhandlungen nach Mailand geschickt hat und er auch selbst viel unterwegs gewesen ist, um die drohende Katastrophe abzuwenden, war nicht weniger geschickt«, fügte Sandro hinzu.
    »Was aber nichts daran ändert, dass weder der eine noch der andere viel erreicht hat«, meinte Tommaso mürrisch, dem es nicht schmeckte, dass Sandro und Matteo an diesem Abend wegen Tessa und Ippolita auf dem Besuch von ehrbaren Schenken bestanden hatten. Ihn zog es wie üblich hinüber ins Borgo San Frediano.
    »Aber sie haben sich mit einem Haufen Geld und zeitraubender Diplomatie tatkräftig zum Wohl der Kommune eingesetzt«, hielt Sandro ihm entgegen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Matteo und seine Ippolita und registrierte sehr wohl ihre verliebten Blicke. Wie sehr wünschte er sich, er könnte auch einfach den Arm um Tessa legen und sie an sich ziehen.
    Aber Tessa, die in seinen Augen in den vergangenen Jahren zu einer anmutigen Frau herangereift war und mittlerweile um die achtzehn Jahre alt sein musste, war in letzter Zeit auffällig darauf bedacht, ihm nicht zu nah zu kommen, was geheime Hoffnungen, aber auch Befürchtungen in ihm weckte.
    Matteo nickte. »Und das ist mehr, als die Albizzi für sich ins Feld führen können. Die stehen jetzt ganz schön belämmert da.«
    Tommaso winkte unwirsch ab. »Jetzt hört endlich auf mit der Politik! Lasst uns lieber über das Reiterturnier und das Lanzenstechen sprechen, das bald auf der Piazza Santa Croce stattfinden wird. Oder über schöne Mädchen …«, fügte er grinsend hinzu und zwinkerte Ippolita und Tessa zu.
    Allzu schnell verstrich die Zeit. Als die Kirchenglocken die zehnte Stunde verkündeten, drängte Ippolita zum Aufbruch.
    Tessa stand auf. »Auch für mich wird es höchste Zeit. Ich mache mich jetzt lieber auf den Heimweg, bevor ich mir wieder Fiamettas

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