Hüter des Todes (German Edition)

auf seinen Stuhl.
    So schnell, wie es begonnen hatte, war es auch schon wieder vorbei. Jennifer Rush verstummte. Ihr Kopf sank zurück in die Kissen und rollte schlaff auf die Seite.
    «Das war’s», sagte Ethan Rush. Er schaltete den Recorder aus und wandte sich wieder den Gerätschaften am Fußende des Bettes zu. Er schien nichts gemerkt zu haben von dem ebenso kurzen wie grauenvollen Drama, das Logan gerade durchgemacht hatte.
    Logan strich sich mit der Hand über die Stirn. «Ist … ist das immer so?»
    Rush schüttelte den Kopf. «Der allererste Übergang – der erste, bei dem sie Kontakt herstellte, meine ich – war ausgesprochen nützlich. Er half uns dabei, die Position des Grabes mit größerer Genauigkeit festzulegen, indem wir einen Punkt zur Triangulation erhielten. Aber anschließend …» Rush seufzte. «Es ist beinahe so, als hätte die Entität inzwischen begriffen, dass wir hier sind und warum wir hier sind.»
    Logan sah zu Jennifer Rush, die reglos im Bett lag. Er fühlte sich mehr denn je wie ein Vollidiot: zu glauben, dass derartige Experimente eine angenehme Erfahrung für sie gewesen waren und ihr zu ihren Fähigkeiten zu gratulieren. Er sah Rush an. «Ist all das wirklich … wirklich nötig?», fragte er.
    Rush erwiderte seinen Blick. «Die meisten spirituellen Begegnungen daheim im CTS verlaufen angenehm. Aber natürlich beinhalten sie normalerweise den Kontakt mit Angehörigen oder Freunden, die erst kürzlich von uns gegangen sind. Das hier … das hier ist eine ganz andere Geschichte. Aber vergiss nicht, dass Jennifer kaum Erinnerungen an den Übergang haben wird. Deswegen verabreiche ich ihr ja das Versed. Wir versuchen in den nächsten Tagen noch einige weitere Übergänge, und wenn sie keine neuen Erkenntnisse bieten, dann …» Er zuckte die Schultern.
    Logans Augen wanderten erneut zu der Frau, die nach wie vor reglos dalag. Er wusste, dass einige Menschen, insbesondere March, glaubten, dass sie alles nur spielte, dass sie Selbstdarstellung betrieb – möglicherweise auf das Drängen ihres Ehemannes hin, der als Chef des CTS etwas zu gewinnen hatte. Doch nachdem Logan diesen Übergang persönlich miterlebt hatte, war er absolut sicher, dass das Ganze kein fauler Zauber war. Etwas – jemand – hatte durch Jennifer Rush zu ihnen gesprochen. Jemand, der zornig war wegen dem, was sie hier taten. Sehr, sehr zornig.
    Rush schrieb noch ein paar Notizen auf ein Klemmbrett, dann schaltete er eine Reihe von Instrumenten ab und löste die Kabel. «Sie wird sich jetzt ausschlafen», sagte er zu Logan. «Du wirst feststellen, dass sie sich erstaunlich schnell wieder fängt.» Er deutete auf die Geräte vor ihnen. «Jeremy, ich möchte einige Daten gleich an Ort und Stelle in den Computer eingeben. Würde es dir etwas ausmachen, für ein oder zwei Minuten bei ihr zu bleiben, während ich die Analyse starte?»
    «Kein Problem, nur zu», sagte Logan. Er sah zu, wie Rush seinen digitalen Recorder einsteckte und das Zimmer verließ.
    Ein oder vielleicht zwei Minuten lang war alles ruhig. Logan, immer noch erschüttert, versuchte sich zu beruhigen. Gleichzeitig bemühte er sich, das, was soeben passiert war, zu begreifen. Dann bemerkte er eine leichte Bewegung auf dem Bett und drehte sich um. Jennifer Rush war aufgewacht und sah ihn an.
    «Wie geht es Ihnen?», fragte er.
    Sie schüttelte nur den Kopf. Dann streckte sie plötzlich die Hand aus, packte ihn am Unterarm und hielt ihn so fest, dass es beinahe schmerzte. Logan versteifte sich, weil er einen weiteren Schwall von Emotionen fürchtete, doch da war nichts.
    «Dr. Logan», sagte sie, und ihre seidige Stimme klang leise und drängend. «Als wir uns im Gesellschaftsraum unterhalten haben, sagte ich zu Ihnen, dass ich die gleichen Erfahrungen mache wie jeder andere, der ‹nach drüben› geht.»
    «Das ist richtig», erwiderte Logan.
    «Und es stimmt auch. Das habe ich – zumindest anfänglich. Aber dann sah ich Dinge, die anders sind. Vollkommen anders. »
    Ihr Griff war noch fester geworden, und ihre bernsteinfarbenen Augen hielten die seinen fest. Es war etwas in diesem Gesicht, diesen Augen, das er nicht zu lesen imstande war.
    «Helfen Sie mir, Doktor Logan», flüsterte sie plötzlich so leise, dass er es beinahe nicht gehört hätte. «Bitte helfen Sie mir!»
    Die Türklinke klapperte. Augenblicklich zog Jennifer Rush ihre Hand zurück. Sie sah ihn noch für einige Sekunden an, und dann, als sich die Tür öffnete und Rush das Zimmer