Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)

Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)

Titel: Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
Vom Netzwerk:
Kaleidoskopwerkstatt geführt hatte, war ihm schnell klar geworden, dass Objektkammern etwas sehr Persönliches waren. Jeder verwendete Gegenstand wurde mit größter Sorgfalt ausgewählt und bedeutete etwas Wichtiges.
    Judith erzählte mit ihren Kaleidoskopen Geschichten. Sie brachten Frieden und Freude in das Leben von Menschen rund um den Erdball. Die Kaleidoskope waren mehr als Kunst; sie waren nützlich für medizinische Zwecke, sie senkten den Blutdruck und sie verhalfen autistischen Kindern oder Erwachsenen zu einer gesunden Form des Rückzugs. Stefan betrachtete das riesige Kaleidoskop noch einmal. Was wollte sie damit ausdrücken? Und wie tat sie es?
    Das Kaleidoskop war viel größer als alle, die er in ihrem anderen Studio gesehen hatte, und das musste auf irgendeine Weise bedeutsam sein. Außen war es aus pulverbeschichtetem Metall und nicht mit Folie beklebt. Bei der Farbe schien es sich um ein erbarmungsloses Schwarz zu handeln, doch es hatte etwas an sich, das ihn, genauso wie die Objektkammern, auf den Gedanken brachte, sie hätte etwas vor den Blicken verborgen.
    Er inspizierte den Raum noch einmal mit seiner Stabtaschenlampe. Ihm entging etwas Wichtiges. Das Denken fiel ihm schwer, wenn der Raum um ihn herum so lebendig war. Emotionen bestürmten ihn und jeder Atemzug war kompliziert, weil glühender Hass in der Luft brodelte. Sein Bauch verkrampfte sich und spannte sich an und das Blut toste in seinen Ohren, fuhr heulend durch seinen Verstand und verlangte lautstark nach Rache.
    Eine tragbare Ultraviolettlampe stand auf der Werkbank, in der Nähe ihres Stuhls mit Rollen. Es sah so aus, als benutzte sie sie häufig, und doch schien sie nicht zu dem restlichen Raum zu passen. Der Griff ließ sich zu einem Lampenfuß auseinanderklappen und die Lampe war zwar nicht eingesteckt, stand aber dicht neben der Zelle, an der sie arbeitete. Stefan steckte den Stecker in eine Steckdose und drückte auf den Schalter.
    Sofort konnte er eine große Auswahl von Objekten in einem kleinen Behälter neben den Werkzeugen sehen. Sie hatte die verschiedenen Objekte, die sie in ihren Kammern verwenden wollte, aus Materialien hergestellt, die nur in ultraviolettem Licht zu sehen waren. Genial. Stefan schüttelte den Kopf über ihre Kreativität. Dieser Geniestreich versetzte sie nicht nur in die Lage, ihre Arbeit zu verbergen, sondern die geheimnisvolle Natur der Kammern spiegelte auch die Intensität der Gefühle wider, die sie mit allen Mitteln vor dem Rest der Welt verbarg. Im Grunde genommen hatte sie in diesen versiegelten Kammern einen Teil von sich selbst eingesperrt.
    Stefan beschloss, sich das Jahr eins zuerst anzusehen. Für ihn war nicht nur ersichtlich, dass es sich bei dieser speziellen Zelle um den Beginn handelte, weil sie die unterste in dem Stapel war, sondern als er sie nah ans Licht hielt und sie schüttelte, um den Inhalt in Bewegung zu versetzen, sah er deutlich inmitten der anderen Gegenstände die Zahl eins. Rote Tropfen, die wie Blut aussahen, rannen über die Bilder, und wieder senkte sich Kummer schwer auf seine Schultern herab.
    Jahr eins drehte sich ausschließlich um Kummer. Judith hielt ihr Leid darüber, ihren geliebten Bruder verloren zu haben, für alle Zeiten in dieser Kammer gefangen. Die Seelenqualen hatten tiefe Wunden hinterlassen, die sich nicht schließen wollten. In der Objektkammer befanden sich ausschließlich Bilder von Schuldbewusstsein und eine schwache Spur von Scham. Verbogenes Metall, ein zerbrochenes Herz und Folterwerkzeuge kreisten langsam und stolperten übereinander, und die Kammer weinte ununterbrochen Blutstropfen. Dasselbe japanische Schriftzeichen in Rot, das der Name ihres Bruders war, taumelte in der Mischung herum. Ein funkelnder Gegenstand verkündete: »Es tut mir leid« und bei einem anderen handelte es sich um eine sehr verräterische Uhr, die die Zeiger der Zeit zurückstellte.
    Er bemerkte, dass Tränen in ihm aufstiegen, und als er den Blick senkte, wurde ihm klar, dass sein Finger den Abzug seiner Waffe streichelte. Abrupt zog er seine Hand fort und begriff, wie ungeheuer intensiv ihre Gefühle waren. Er fühlte das, was sie fühlte. Hier in diesem Raum, umgeben von ihrem unbarmherzigen Kummer, spielte sie mit dem Gedanken, ihrem Leben ein Ende zu bereiten, um für ihre Sünden zu büßen. Sie wusste es besser, auch das konnte er sehen, aber der Gedanke ging ihr gelegentlich durch den Kopf. Sie konnte ihn nicht zurückholen; sie konnte die Zeit nicht

Weitere Kostenlose Bücher