Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
jetzt.«
Sie packte Stefans Arm und zog daran. Er hatte die Bewegung gesehen und wusste, dass sie ihn anfassen würde. Normalerweise wich er solchen Berührungen aus, doch bei ihr ließ er es zu, dass sich ihre Finger um sein Handgelenk legten. Es kam ihm ein bisschen so vor, als hielte sie sein Herz in ihrer Hand gefangen.
»Und ihn bringe ich auch in Sicherheit. Dann könnt ihr weiterziehen, aber gebt den Versuch auf, Franks Galerie unter Einsatz unlauterer Mittel zu verkaufen«, spottete Judith liebevoll.
Stefans Mund wurde trocken, als sie ihn berührte. Er nahm ihre Finger und klemmte sie in seine Armbeuge; dabei machte er sich vor, er sei Thomas, obwohl Stefan derjenige war, der sie näher an sich zog, um dem grässlichen Verlangen nachzugeben, dieser Frau nah zu sein. Das Feuer zwischen ihnen weigerte sich auszugehen, selbst wenn sie sich noch so große Mühe gaben, so zu tun, als loderte es nicht glühend.
Wenn es nur eine körperliche Anziehungskraft wäre, könnten sie eine feurige Affäre haben und es hinter sich bringen, aber das Schlimme war, dass die Anziehungskraft viel tiefer ging, sozusagen bis ins Mark. Und nicht einmal das reichte als Erklärung dafür aus, was hier zu passieren schien. Als sie gemeinsam weitergingen, wurde ihm klar, dass ihre Seele seine streifte und sie vielleicht sogar in sich aufnahm. Wie auch immer es dazu gekommen war – diese Frau hatte sich seinem Körper für alle Zeiten eingeprägt und forderte ihn für sich.
Sie wandte ihren Kopf zu ihm um und ihre Blicke begegneten sich. Ein Schraubstock schien sich um sein Herz zu legen, als er den sehnsüchtigen Blick in ihren Augen sah. Er war nicht der Einzige, der die Stärke und die Intensität des Sogs fühlte.
»Es liegt daran, dass wir beide Gaben besitzen«, flüsterte Judith. »Ich habe gehört, dass das passieren kann. Die Gaben ergänzen einander oder so ähnlich.«
Sie war mutig, das musste er ihr lassen. Sie machte ihm nichts vor. Es mochte zwar sein, dass Judith der Welt ihr wahres Ich nicht zeigte, aber ihm gegenüber war sie in den Dingen aufrichtig, auf die es ankam, und dafür bewunderte er sie. Sie hätte nichts zu sagen brauchen.
Er tat das Schlimmstmögliche, indem er mit seiner noch freien Hand über ihre Hand strich. Er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, ihre zarte Haut zu fühlen, konnte der Verbindung zwischen ihnen nicht widerstehen. Zum ersten Mal in seinem Leben wollte er jemanden für sich haben, an dem er festhalten konnte. Jemand, der ihn sah. Jemand, der ihm Wirklichkeit einhauchte, damit er sich nicht mehr als der substanzlose Schatten fühlte, von dem er wusste, dass er es war. Nicht irgendjemand – Judith.
»Sie machen es mir schwer zu atmen«, gestand sie und wandte den Kopf von ihm ab, um auf das Meer hinauszublicken, das gegen die Klippen schlug.
»Ich dachte, es sei umgekehrt«, sagte Stefan und brachte seinen Körper noch gezielter in eine schützende Position, um zu verhindern, dass Ivanov ihr Gesicht allzu deutlich sah, falls das Nachtsichtgerät auf sie gerichtet war. Und das tat, um bei der Wahrheit zu bleiben, nicht Thomas, sondern Stefan, dessen Lunge brannte.
Sie zu berühren war ein Wunder. Ihre Haut schien mit seiner zu verschmelzen. Ivanov würde seine Gesten lediglich als eine Festigung seiner angenommenen Identität ansehen, aber Stefan wollte nicht, dass der Eliminator ihr Gesicht deutlich zu sehen bekam. Erstmals in seinem Leben entwickelte er echte Beschützerinstinkte gegenüber einer Frau.
»Ist Ihnen das schon mal passiert?«, fragte Stefan. Alles in ihm kam zum Verstummen, als er auf ihre Antwort wartete. Er kannte Jean-Claude. Er hatte zwei Monate gemeinsam in einer Zelle mit dem Mann verbracht und wusste, dass er von Judith besessen war. Er wollte nicht, dass sie mit derselben unbändigen Intensität auf den Mann reagiert hatte, die er zwischen ihnen wahrnahm.
Sie schüttelte den Kopf. »Nie. Ich habe keine Beziehungen. Einmal hatte ich eine. Aber es war nicht so. Ich war sehr jung und … dumm. Das hier geht zu schnell und ist zu umfassend und ich traue diesen Gefühlen nicht. Sie sollten es auch nicht tun. Wir werden uns wie Erwachsene benehmen.« Sie sah ihm wieder in die Augen. »Abgemacht?«
Wenn Ivanov sie nicht beobachtet hätte, hätte er die Dinge selbst in die Hand genommen, und Thomas Vincent und seine Tarnung sollte von ihm aus der Teufel holen. Er hätte sie an die Hauswand des nächstbesten Gebäudes gestoßen, in einer dunklen
Weitere Kostenlose Bücher