Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
bis Judiths Wagen die Straße hinuntergefahren war und die Rücklichter verschwanden, weil sie an einer Kreuzung abbog. Dann wandte er sich um und ließ seinen Blick über die Dächer gleiten, ohne den Kopf zu heben. Im Dunkeln würde es ihm unmöglich sein, Petr Ivanov zu entdecken. Der Eliminator machte keine Fehler. Er hatte auch nicht viel für Morde aus der Ferne übrig. Er tötete lieber aus nächster Nähe als mit einem Gewehr.
Mit gemessenen Schritten und zurückgezogenen Schultern schlenderte Stefan ohne jede Eile über die Hauptstraße und sah im Vorübergehen in die Schaufenster der Geschäfte, als trüge er schlicht und einfach Wissen über die kleine Gemeinde Sea Haven zusammen. Das Meer ließ seine Gischt aufsprühen, und in den Schaufenstern spiegelte sich der schimmernde Mond, als er hinter einem Wolkenschleier hervorkam. Jahrelanger Erfahrung hatte er die Disziplin zu verdanken, die erforderlich war, um sich Zeit zu lassen und an einem gleichmäßigen Tempo festzuhalten.
Wenn Stefan nicht glaubte, dass sein Bruder tot war, dann glaubte Petr es auch nicht. Ivanov hatte den Bericht über Levs Tod geschrieben, um alle glauben zu machen, die Jagd auf Lev sei vorbei. Der Eliminator hatte hier in Sea Haven seine Spur verloren. Stefan war jetzt sicher, dass er lediglich als Köder diente, damit der Killer seinen Auftrag ausführen konnte.
Der Wasserturm war etwas mehr als drei Stockwerke hoch und somit hatte Ivanov einen guten Ausblick auf die Straße, die Geschäfte und die Dächer von zwei Straßenzügen. Die doppelte Ladenreihe, eine der Hauptstraße und dem Meer zugewandt, und die andere der Parallelstraße gegenüber, war für jemanden, der mit einem Scharfschützengewehr oben auf dem Wasserturm lag, fast vollständig gut einsehbar. Es gab nur wenige Orte, die vor seinem Blick verborgen waren, und Stefans Instinkt drängte ihn, sich schleunigst an einen dieser Orte zu begeben. Doch er zwang sich, weiterhin zu schlendern und sich unbefangen zu geben. Er bummelte und sah sich jedes Gebäude ganz genau an, wie Ivanov es von ihm erwarten würde.
Zwischen dem Wasserturm, wo Judith ihren Wagen geparkt hatte, und Stefans endgültigem Ziel lagen noch drei Geschäfte und seine Galerie. Seine. Dieser Gedanke ließ ihn stutzen. Er musste bereits fest mit seiner Rolle verwachsen sein, wenn er so dachte. Er schob diesen abwegigen Gedanken zur Seite und setzte seine Jagd fort.
Eines der kleineren Gebäude, eine Weinhandlung, hatte ein Flachdach, doch die anderen Dächer waren abgeschrägt oder sogar spitzgiebelig, was für die meisten Gebäude an der Hauptstraße galt. Sie standen dicht nebeneinander und boten einen weiteren Weg durch die Ortschaft. Vorsätzlich verlangsamte er seine Schritte, weil er sein Ziel erst erreichen wollte, nachdem die kleine Menschenmenge vollständig in der Weinhandlung versammelt war. Musik und Gelächter strömten auf die Straße hinaus, denn die Leute ahnten nichts von den beiden gefährlichen Männern, die einander auf ihren ruhigen Straßen jagten.
Die schmale Gasse, die zu der zweiten Ladenreihe führte, befand sich kurz vor ihm, direkt hinter der Galerie. Sowie er dort untergetaucht war, würde die Galerie ihn vor Blicken schützen, und Ivanov würde eine andere Position einnehmen müssen, wenn er ihn im Auge behalten wollte. Die Maus würde zum Jäger der Katze werden. Stefan brauchte nur noch wenige Minuten – nur noch wenige Schritte.
Er atmete langsam und gleichmäßig aus. Keine Eile. Er schlenderte einfach nur durch die Stadt und machte sich mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Drei weitere lässige Schritte und er bog in den kleinen Hof neben der Galerie ein, der zu den Geschäften hinter der Hauptstraße führte, einer der wenigen Orte, die der Killer nicht einsehen konnte. Er sprintete hinter die Galerie, da er wusste, dass Ivanov ein paar Minuten lang nicht in Panik geraten, sondern annehmen würde, dass er sich genauer umsah und bald wieder auftauchen würde. Die hinteren Veranden waren klein und Steinstufen führten durch Gärten mit Blumen und Grünpflanzen.
Augenblicklich sprintete er durch die Sträucher und Blumen und raste zwischen den beiden Gebäudereihen um die Galerie herum, wobei er sich im Schutz der vorspringenden Veranden hielt, bis er die andere Seite des Eckhauses erreicht hatte. Jetzt hatte er einen Blick auf den Turm, kauerte sich hin und verharrte regungslos, um mit der Geduld einer großen Raubkatze zu warten.
Thomas Vincent war
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