Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
sie berührte, ließ das Jucken nach. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es nicht anging, seinen Selbstschutz zu gefährden. Er berührte niemanden und niemand berührte ihn. Er ärgerte sich über diesen irrationalen Drang. Er tat keine Dinge, die ihn das Leben kosten konnten.
Er biss die Zähne zusammen, versagte sich aber nicht den Körperkontakt. Es war ein Alptraum. Ihre Stimme hatte so hilflos geklungen, so verloren. In Bedrängnis. Was zum Teufel dachte er sich bloß? Wenn hier jemand in Bedrängnis war, dann wäre er das. Er hatte seine Seele schon vor langer Zeit verloren, und doch bildete er sich jetzt ein, er würde der Mann sein, der den Kummer aus ihren Augen vertreiben konnte. Der Mann, der ihr Schutzschild sein würde, damit sie nie mehr Angst davor zu haben brauchte, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
Er wollte der Mann sein, der ihr die Freiheit schenkte, der Mann, zu dem sie sich mitten in der Nacht umdrehte. Derjenige, der das Recht hatte, sie zu berühren, sie in seinen Armen zu halten und für ihre Sicherheit zu sorgen. Er würde den traurigen Ausdruck von ihrem Gesicht küssen und sie lieben, bis sie nur noch mit ihren prachtvollen Augen zu ihm aufblicken konnte und wirklich glücklich war. Anstatt so zu tun oder vereinzelte Momente des Glücks zu finden, die nichts weiter waren als kleine Einschlüsse von Glück.
Er fluchte tonlos, als sie weiterliefen. Judith war nicht von ihm abgerückt und hatte ihn auch nicht vorwurfsvoll angesehen. Wo zum Teufel steckte ihr Selbsterhaltungstrieb?
»Sie tragen nicht gerade viel dazu bei, uns zu retten«, sagte er anklagend.
Diese dunklen Augen glitten über ihn und dann senkten sich ihre langen Wimpern. »Ich weiß«, gestand sie mit gesenkter Stimme. »Ich tue nur so. Nur dieses eine Mal.«
Sein Herz schlug höher. Sie brauchte ihm nicht zu erklären, was sie meinte. Er tat auch so. Er strich mit seiner Hand über diesen Wasserfall aus Seide. Es war ein weiter Weg bis hin zur Rundung ihres Hintern. Blut hämmerte und dröhnte in seinen Ohren. Glut strömte durch seine Adern. Er verspürte ein nahezu übermächtiges Verlangen, dieses Haar mit seiner Faust zu packen und ihren Kopf herumzureißen, damit er die Leidenschaft in ihrem Mund kosten konnte. Er fühlte das Feuer, das in ihr aufloderte, um sich an dem Feuersturm zu messen, der in seinem Körper tobte.
Vor Judith hatte er in seinem ganzen Leben noch nie eine natürliche körperliche Reaktion auf eine Frau gehabt. Er hatte es für ausgeschlossen gehalten. Nun war es beglückend und bestürzend zugleich, derart die Selbstbeherrschung zu verlieren. Dieses eine Mal in seinem Leben fühlte er sich ausnahmsweise wie ein Mann und nicht wie eine Maschine. Dieses Geschenk hatte ihm Judith gemacht. Und er würde immer diese Momente mit ihr haben, wenn er es sich gestatten konnte, dieses Gefühl bereitwillig anzunehmen.
Sie waren nur wenige Schritte von der Menge entfernt. Jetzt schon drehten sich einzelne Personen zu ihnen um, bemerkten Judith und winkten ihr fröhlich zu. Ihm blieben nur noch Sekunden, um die Tatsache auszukosten, dass er die Antworten auf Fragen gefunden hatte, die er immer in seinen Hinterkopf verbannt hatte. Während seiner Reisen um die ganze Welt hatte er oft vor Häusern gestanden, die andere Menschen ihr Zuhause nannten, die Lichter angesehen, dem leisen Murmeln von Stimmen gelauscht, eine Frau beobachtet, die ihren Kopf zu einem Kind hinunterbeugte. Oftmals hatte er sich gefragt, wie es wohl wäre, so tiefe Gefühle für einen anderen Menschen zu hegen, und sei es auch nur für einen Moment. In all diesem seidigen Haar, das sich wie Feuer in seine Handfläche einbrannte, hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte.
Als sie den Rand der kleinen Menschenmenge erreichten, ließ er seine Hand sinken und verschaffte sich genug Platz, um jede der zahlreichen Waffen zu benutzen, die er verborgen an seinem Körper trug. Er war Thomas Vincent und das hier waren die Menschen, die seine Nachbarn sein würden, wenn er die Galerie kaufte – wenn er sich in Sea Haven niederließ und eine Frau fand, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte.
»Judith! Wir haben dich vermisst, meine Süße.« Eine große Blondine drückte Judith zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Ihr Blick fiel auf Thomas, aber er las darin in erster Linie höfliches Interesse.
»Thomas, das ist meine Schwester Blythe Daniels.« Judith stellte sie ihm vor und ihre Finger streiften seinen
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